Strategische Leitlinien für Ländliche Entwicklung und Zuckermarktordnung verabschiedet
Brüssel (bmaa) - Neben der tagesaktuellen Diskussion von Sicherheitsmaßnahmen der EU gegen
die weitere Verbreitung der Vogelgrippe stand am Montag (20. 02.) noch der Schwerpunkt des österreichischen
Ratsvorsitzes, die Bioenergie, im Mittelpunkt der Beratungen der EU-Landwirtschaftsminister in Brüssel unter
Vorsitz von Landwirtschaftsminister Josef Pröll. Die 25 Ressortchefs nahmen in ihrer Aussprache zu drei Fragen
des Vorsitzes zum Biomasse-Aktionsplan (BAP) und zur Biokraftstoff-Strategie Stellung. In "Schlussfolgerungen
des Vorsitzes" wird als Stand der Diskussion festgehalten, dass sich die Minister bewusst sind, dass eine
Diversifizierung der Energieversorgung der EU notwendig ist und die Einhaltung der Nachhaltigkeitsziele, insbesondere
die im Kyoto-Protokoll vereinbarte Verringerung der Emission von Treibhausgasen, wichtig ist, "und den Aktionsplan
für Biomasse und die EU-Strategie für Biokraftstoffe begrüßen". Die Kommission wird um
weitere konkrete Schritte ersucht. Weiters verabschiedete der Rat einstimmig die Strategischen Leitlinien für
die Ländliche Entwicklung 2007 bis 2013 und mit qualifizierter Mehrheit die Verordnungen zur Zuckermarktordnung,
die am 01.07.2006 in Kraft tritt.
Die Schlussfolgerungen des Vorsitzes zum Biomasse-Aktionsplan und zur Biokraftstoff-Strategie sollen in der Folge
als einer der Schwerpunkte des Vorsitzes auch in die Beratungen und Schlussfolgerungen des EU-Gipfels am 23. und
24.03.2004 in Brüssel einfließen. Auch der Rat Umwelt - ebenfalls unter Vorsitz von Pröll - wird
sich im März mit dem Dossier befassen. Der österreichische Ratsvorsitz bereitete die Diskussion im Rat
der Landwirtschaftsminister zur Bioenergie mit drei Fragen vor: Die Minister werden darin um Antwort gebeten, ob
sie Bioenergie für entscheidend zur Erreichung des Zieles der EU halten, 2010 den Energiebedarf zu 12% aus
erneuerbaren Energiequellen zu decken, welche fünf prioritäre Maßnahmen auf Unionsebene sicherstellen
könnten, dass die Bioenergieversorgung wirtschaftlich und ökologisch nachhaltig erfolgt, und ob in der
EU erzeugte Biokraftstoffe ein zentrales Element sein sollen, bis 2010 den Zielwert von 5,57% Biokraftstoff-Anteil
in der EU zu erreichen.
Die Antworten der Minister darauf fassen die Schlussfolgerungen so zusammen, dass die Förderung und Nutzung
von Biomasse zur Energiegewinnung Potenzial für Einkommen und Beschäftigung in der Landwirtschaft sowie
in anderen ländlichen Wirtschaftssektoren bringt. Ebenso bejaht wird, dass die Bioenergie entscheidend zum
EU-Ziel, bis 2010 einen Anteil von 12% erneuerbarer Energie zu erreichen, beitragen kann. Die Kommission solle
dies bei der Ausarbeitung ihres Grünbuches besonders hervorheben. Auch bejahen die Minister den Biomasse-Aktionsplan
in allen drei Sektoren, nämlich Heizung, Elektrizität und Verkehr. Konkret wird die Kommission ersucht,
sicherzustellen, dass das Ziel für Biokraftstoffe im Verkehrsbereich bis 2010 erreicht wird, indem sie unter
anderem Beimischungsverpflichtungen prüft.
Keine völlige Einigkeit scheint unter den Mitgliedstaaten schon darüber zu herrschen, ob sich die EU
mit entsprechendem Außenschutz vornehmlich aus eigenen Biomasse-Ressourcen versorgen soll, oder ob sie aus
Kostengründen einen freien Wettbewerb und die Versorgung mit Importen von Bioenergie-Trägern zulassen
soll.
Strategische Leitlinien zur Ländlichen Entwicklung einstimmig verabschiedet
Mit der einstimmigen Verabschiedung der Strategischen Leitlinien der EU schaffte der Rat für Mitgliedstaaten
und Landwirte für die Programmplanungsperiode 2007 bis 2013 verlässliche Rahmenbedingungen für die
zweite Säule der EU-Agrarpolitik GAP, die Ländliche Entwicklung. Diese Leitlinien definieren die strategischen
Prioritäten bei der Umsetzung der am 20.09.2005 vom Rat Landwirtschaft beschlossenen Verordnung über
die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes. Weiters enthalten sie Kriterien für die Kohärenz
der Programme mit den Aktivitäten, Politiken und Prioritäten der Gemeinschaft. Je eine Leitlinie behandelt
die vier Schwerpunkte wettbewerbsfähiger Agrar- und Forstsektor, Verbesserung der Umwelt und Landschaft, Lebensqualität
und Diversifizierung sowie Aufbau lokaler Kapazitäten für Beschäftigung und Diversifizierung. Die
vom österreichischen Vorsitz forcierte rasche Vorgangsweise ist insbesondere dafür wichtig, dass die
Mitgliedstaaten trotz eines engen Zeitplanes rechtzeitig ihre nationalen Strategien und konkreten Programme fertig
stellen und von der EU-Kommission notifizieren lassen können.
Österreich zum Beispiel hat als erster Mitgliedstaat seinen Programmentwurf "LE 07-13" mit den Eckpunkten
der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung im ländlichen Raum mit den Schwerpunkten Umweltprogramm
für naturnahe Landwirtschaft, Bergbauernprogramm für Österreichs Landschaften und Investitionsoffensive
für den ländlichen Raum mit einem Volumen von rund EUR 3,2 Mrd. EU-Mitteln dieser Tage fixiert. Österreich
will seinen Programmentwurf unmittelbar nach einer letzten Feinabstimmung auf einem weiteren nationalen Dialogtag
am 13.03.2006 und vorbehaltlich der im Frühjahr erhofften Budgeteinigung in der EU in Brüssel vorlegen
und hofft bis zum Sommer auf Notifizierung.
Zuckermarktordnung: Klarheit für 325.000 Rübenbauern in der EU
Da der Zuckerrübenanbau in Europa schon in diesen Wochen ansteht, war es für die mehr als 325.000 Rübenbauern
wichtig, dass die österreichische Ratspräsidentschaft mit dem Abschluss der Rechtstexte noch die nötige
Klarheit zuverlässiger Rahmenbedingungen schaffen konnte. Polen, neben Lettland und Griechenland einer der
Mitgliedstaaten, die den unter britischem Vorsitz im November 2005 gefundenen politischen Kompromiss ablehnten,
signalisierte dabei bis zur letzten Minute unter der Berufung auf "überwiegende nationale Interessen"
eine Art Veto nach dem so genannten Luxemburger Kompromiss, begnügte sich aber letztlich wie die anderen aus
der Ablehnungsfront mit Protokollbemerkungen.
Die drei Verordnungen für die neue EU-Zuckermarktordnung (ZMO) enthalten eine Ermächtigung für die
Kommission, eine vorgezogene temporäre Einschränkung der Zuckerproduktion in der EU im Jahr 2006 festzusetzen.
Überschüsse aus dem Jahr 2005 und das Verbot der WTO für die EU, 2006 Zuckerüberschüsse
als C-Zucker auf den Weltmarkt auszuführen, machen 2006 eine Einschränkung der Zuckerproduktion in der
EU notwendig, da im ersten Jahr der Geltung der neuen ZMO auch die freiwillige Quotenstilllegung in der EU durch
Rückkauf an den so genannten Restrukturierungsfonds auch noch nicht weit genug greifen wird. Agrarkommissarin
Mariann Fischer Boel hält daher 2006/07 eine temporäre Quotenkürzung von 2 bis 3 Mio. t für
notwendig. Wahrscheinlich wird sie im Verwaltungsausschuss Zucker am 02.03.2006 den Mitgliedstaaten eine Kürzung
um 2,5 Mio. t zur Abstimmung vorschlagen. |
Die neue ZMO bringt grundlegende Änderungen: Unter anderem soll die Quotenzuckererzeugung der EU mit einem
freiwilligen Stilllegungsprogramm gegen Zahlungen aus einem Restrukturierungsfonds um mehrere Mio. t reduziert
werden, werden die Preise für Zucker um 36% und für Rüben um 39,4% in jeweils vier Jahresschritten
ab 2006/07 gesenkt und erhalten die Rübenbauern rund 65% der Preiskürzung durch entkoppelte Betriebsprämien
ausgeglichen. Die neue ZMO tritt am 01.07.2006 in Kraft und betrifft daher schon Rübenanbau und -ernte 2006.
Der Anbau erfolgt schon in diesen Wochen.
Tierschutz-Aktionsplan begrüßt
In einer ersten Orientierungsdebatte, ebenfalls auf Grund von drei vom österreichischen Vorsitz gestellten
Fragen, begrüßten die Landwirtschaftsminister den von der Kommission vorgelegten Tierschutz-Aktionsplan
2006 bis 2010. Diese Mitteilung zielt auf die Verbesserung bestehender Mindestnormen, Zukunftsforschung, einheitliche
Tierschutzindikatoren sowie internationale Initiativen zur Sensibilisierung über bestehende unterschiedliche
Tierschutznormen ab. Einige Mitgliedstaaten wie Frankreich, Italien oder Irland forderten eine stärkere Betrachtung
der wirtschaftlichen Auswirkungen der geplanten Tierschutz-Initiativen. Sie befürchten dadurch höhere
Kosten in der Erzeugung, zumindest müsse eine deutliche Kennzeichnung die Verbraucher über den mit dem
Tierschutz verbundenen "Mehrwert" von EU-Produkten informieren.
Verbraucherschutz- und Lebensmittelsicherheitskommissar Markos Kyprianou stellte fest, dass Lebensmittelqualität
eine Chance für die EU-Landwirtschaft auf den Märkten sei. Für die Wettbewerbsfähigkeit von
Massenware seien nämlich die Lohnkosten in Europa zu hoch. Beispielsweise bezifferte er die Mehrkosten in
der Hühnerproduktion bei Einhaltung der vorgeschlagenen Tierschutzstandards mit 2 bis 8 Cent pro Tier.
In Österreich gelten mit dem Tierschutzgesetz im internationalen Vergleich schon höhere Standards; die
Initiative der Kommission zieht daher keine weit reichenden Gesetzesänderungen nach sich, sondern eher nur
ein begrüßenswertes Nachziehen in der EU.
WTO und Cross Compliance
In ihrem Bericht über den aktuellen Stand der Verhandlungen in der Welthandelsorganisation WTO betonte
Agrarkommissarin Fischer Boel, die EU müsse ihre Einigkeit darin bewahren. Trotz des engen Zeitplanes bis
Ende April wird die Kommission kein Ergebnis um jeden Preis akzeptieren. Weiters stellte die Kommissarin auf Anfrage
einiger Mitgliedstaaten klar, die Kommission werde nach ihrem letzten Verhandlungsangebot vom 28.10.2005 kein weiteres
nachlegen, dieses Angebot liege klar innerhalb des Verhandlungsmandates des Rates für die Kommission und der
Schutz geografischer Herkunftsangaben sei ebenso weiterhin Verhandlungsgegenstand wie die spezielle Sicherheitsklausel.
Zur Cross Compliance gab die Kommissarin eine Stellungnahme ab, dass das "Hygiene-Paket" ausschließlich
auf die landwirtschaftliche Urproduktion anzuwenden sei, nicht aber auf die Weiterverarbeitung und Veredelung in
der Landwirtschaft. Entsprechende Richtlinien für die Landwirte sollen im März dem Verwaltungsausschuss
zur Diskussion vorgelegt werden. Der Vorsitz zog daraus den Schluss, dass dies das Verständnis der Landwirte
für die Bestimmungen der Cross Compliance erleichtere.
Die Cross Compliance knüpft die Zahlung von Prämien an die Landwirte in der EU an die Einhaltung von
Auflagen zum Verbraucher-, Umwelt-, Natur- und Tierschutz. Sie wurde mit der Agrarreform 2003 verbindlich eingeführt
und erstmalig exakt definiert. |