Popkultur als Schlachtfeld des Experiments…  

erstellt am
06. 03. 06

Donaufestival von 20. April bis 6. Mai in Krems und Korneuburg
Krems (donaufestival) - Mit dem Schlagwort „Ausweitung der Kampfzonen“ hat 2005 ein radikaler Umbau des donaufestival begonnen. Es positionierte sich in scharfem Kontrast zu den „repräsentativen Staatsfestivals“ – in dessen Umfeld es in seiner Geschichte durchaus einmal rezipiert wurde – wie auch zu den kommerziell-orientierten Pop-Events. Das „Projekt donaufestival“ ist der Versuch, inhaltliche wie formale Strukturen in Frage zu stellen und so die Identität und Notwendigkeit eines Festivals neu zu definieren.

Die bürgerliche Kultur und ihr Kunstapparat waren immer die Zielscheibe innovativer Kunst. Sie waren aber auch ihr thematischer wie finanzieller Nährboden. Das Zeitalter des bürgerlichen Gesellschaftmodells wird nun in weiten Bereichen von einer Massen- und Mediengesellschaft abgelöst und die Kunst sucht sich neue Nährböden und Angriffsflächen. In seiner Tradition und seiner Utopie steht das donaufestival genau an der Schnittstelle dieses fundamentalen Umbruchs und Paradigmenwechsels. Als einstmals breites, repräsentatives Hochkultur-Festival begibt es sich jetzt auf die Suche nach einer neuen, subkulturellen Identität. Es ist nicht mehr das Forum einer überkommenen „Avantgarde“, die in ihrem zahnlosen Protest gegen etwas, was es bald nicht mehr geben wird, erstickt, sondern vielmehr eine „breite wie repräsentative“ Plattform für subkulturelle Statements geworden.

Der englische Philosoph, Musikschriftsteller und Musiker David Toop konzipiert für den Klangraum Krems ein Projekt mit dem Titel „Sound Body“. Der Klangkörper ist für ihn ein vielschichtiger Rezeptionsorganismus, er ist Umfeld und Kontext von Musik. Er kann der physikalische Raum sein, der virtuelle Raum, der Lebensstil oder die Szene. Aber auch eine konzeptuelle Idee oder ein Festival. Dem grundlegenden Wandel der Hörgewohnheiten in den letzten Jahren entspricht auch ein Wandel der Rezeptionsgewohnheiten im Allgemeinen. Subkulturelle Szenen und ihre gedanklichen wie optischen Life-Style-Codes verschwimmen, denn es wird quer über Genregrenzen gehört, gesehen, gedacht. Das donaufestival versteht sich als ein solcher Organismus, der Kontext mit unterschiedlichsten künstlerischen Medien zwischen Performance und Musik erzeugt.

Wenn man ein Festival als einen solchen Organismus begreift, dann ist es wichtig, die einzelnen Projekte und Produktionen als Statements zu sehen, die miteinander konfrontiert werden. Bruch und Affinität, thematische Zellen, übergeordnete Gedankenstränge kennzeichnen das Programm. An drei geballten Wochenenden werden wir uns ephemere Territorien erobern, die Genre-Identitäten aufbrechen und in Frage stellen. Die Popkultur wird zum Schlachtfeld des Experimentellen: Fast Food, Mainstream-Film-Szenen und nachgespielte Sex’N’Crime-Movies werden zu Performance-Akteuren, Performance als neue Kunstform jenseits des Theaters wird sich dem popkulturellen Format der Band annähern. Die Band als KünstlerInnen-Kollektiv wird eine Plattform experimenteller Klangkunst sein; Klangkunst und Club werden als Pole der elektronischen Musik zerrieben, der Club wird zum mythisch-intellektuellen Schauplatz von Gesellschaftskritik, Künstler werden einen Staat inszenieren und der Staatskunst wird eine Absage erteilt…

Informationen: http://www.donaufestival.at
     
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