Regierung plant umfassende Reform des Haushaltsrechts  

erstellt am
06. 03. 06

Verbindlicher vierjähriger Finanzrahmen schon ab 2007
Wien (pk) - Österreich verfügt mit dem Bundeshaushaltsrecht aus dem Jahr 1986 über einen stabilen Rahmen für die Erstellung und den Vollzug des Bundesbudgets. Eine langfristige Ausrichtung der öffentlichen Finanzen macht laut Bundesregierung nun aber eine Reform des Haushaltsrechts notwendig. Inputorientierung und Kameralistik sollen zugunsten kaufmännischer Instrumente zurückgedrängt und die Budgetpolitik verbindlich auf mehrere Jahre hin ausgerichtet werden. Die verfassungsrechtlichen Grundsteine und die budgetrechtlichen Details dieser Reform liegen dem Nationalrat seit kurzem in Form von Entwürfen zur Änderung des Bundes- Verfassungsgesetzes und des Bundeshaushaltsgesetzes vor ( 1331 d.B. und 1332 d.B.).

Schon 2007 soll in einem ersten Schritt ein mittelfristig verbindlicher Finanzrahmen eingeführt werden. Die neu gefassten Haushaltsgrundsätze sollen ab 2011 realisiert werden. So lange braucht die Umstellung des Rechnungs- und Berichtswesens. Die Reform des Bundeshaushaltsrechts soll einen Anstoß für tief greifende Veränderungsprozesse in der Verwaltung geben, heißt es in den Erläuterungen der Bundesregierung.

Internationale Vorbilder
Die Regierung orientiert sich bei ihrer Haushaltsrechtsreform an internationalen Erfahrungen. In Schweden etwa gilt die Regel, in den öffentlichen Finanzen über den Konjunkturzyklus hin einen Überschuss von 2 % des BIP zu erzielen. Bei der Schweizer "Schuldenbremse" handelt es sich um eine verfassungsrechtliche Begrenzung der Ausgaben; sie dürfen über den Konjunkturzyklus nicht höher sein als die Einnahmen. In Großbritannien sorgt die "golden rule" dafür, dass Schulden nur für Investitionen, nicht aber für laufende Aufwendungen eingegangen werden. Die britische Nettoverschuldung soll über den Konjunkturzyklus hin nicht höher sein als 40 % des BIP.

In der EU gilt eine mittelfristige Finanzvorausschau und ein verbindlicher Ausgabenrahmen für sieben Jahre. Schweden beschließt alljährlich einen Ausgabenrahmen für drei Jahre und die Aufteilung der Ausgaben auf 27 Aufgabenbereiche.

Zudem orientiert sich Schweden in der Budgetpolitik nicht am Input, sondern an Wirkungen und Leistungen. In Großbritannien werden mittel- bis langfristig messbare Ziele und Prioritäten für einzelne Ministerien formuliert. Auch Frankreich betreibt eine wirkungsorientierte Haushaltspolitik und definiert die sozialen und wirtschaftliche Wirkungen ebenso exakt wie die Qualität staatlicher Leistungen für die Bürger. Das Budget wird im Rahmen von 150 Programmen (Globalbudgets) flexibel und effizient vollzogen, Entscheidungs- und Ressourcenverantwortung sind zusammengezogen. In der Schweiz werden Leistungsaufträge im Rahmen von Globalbudgets erfüllt.

In Großbritannien treten kaufmännische Instrumente zunehmend an die Stelle kameralistischer Prinzipien. Kosten und Finanzierungsbedarf werden den Zielen der Ministerien periodengerecht zugeordnet, bei der Mehrjahresplanung ebenso wie in Budgeterstellung, Rechnungs- und Berichtswesen.

Österreich hat unter dem Titel "Flexibilisierungsklausel" die Zusammenführung der Entscheidungs- und Ressourcenverantwortung sowie die Flexibilisierung des Budgetvollzuges in ausgewählten Organisationseinheiten fünf Jahre lang getestet. Mit Erfolg: Die Motivation der MitarbeiterInnen konnte gesteigert und die Salden um durchschnittlich 8 bis 16 % verbessert werden.

Neue Ziele und Grundsätze für die Haushaltsführung
Für die österreichische Haushaltsführung soll in Zukunft nicht mehr nur das Ziel gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, sondern auch eine nachhaltige Ordnung der öffentlichen Finanzen gelten. Die neuen Grundsätze der Haushaltsführung lauten: Wirkungsorientierung, Transparenz, Effizienz und möglichst getreue Darstellung der finanziellen Lage. Unter den angestrebten Wirkungen der Haushaltsführung wird die tatsächliche Gleichstellung von Männern und Frauen hervorgehoben.

Vierjähriger Finanzrahmen
Zentrales Instrument für die mittelfristige Budgetsteuerung soll der auf vier Jahre ausgerichtete Finanzrahmen sein, der an die Stelle des bisherigen, unverbindlichen Budgetprogramms tritt. Er ist nicht als ein technisches Planungsinstrument konzipiert, sondern als verbindlicher Rahmen mit Eckpunkten für die Bundesfinanzgesetze. Nach schwedischem Vorbild soll der Finanzrahmen im Frühjahr beschlossen werden. Im Herbst erfolgt dann die Aufteilung innerhalb der Ressorts in Form des Bundesfinanzgesetzes für das nächste Jahr. In weiterer Folge soll das jeweils geltende Bundesfinanzrahmengesetz in jedem Frühjahr aktualisiert und um ein Jahr nach vorne "gerollt" werden.

Budget in Rubriken gegliedert
Nach den einfachgesetzlichen Durchführungsbestimmungen im Bundeshaushaltsgesetz erfolgt die Gliederung des Budgets nun nicht mehr in Kapiteln, sondern in insgesamt fünf Rubriken, die einzelne Politikbereiche ressortübergreifend zusammenfassen und ihrerseits in Untergliederungen aufgeteilt sind. So bildet etwa der Komplex "Recht und Sicherheit" ebenso eine Rubrik wie der Bereich "Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie". "Bildung, Forschung, Kunst und Kultur" bzw. "Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt" werden je einer weiteren Rubrik zugeordnet, während die Rubrik "Kassa und Zinsen" die Budgetgliederung abschließt.

Gesetz legt Ausgabenobergrenze fest, Ministerium kann Parameter für Schwankungen einräumen
Das Bundesfinanzrahmengesetz legt für vier Jahre im vorhinein Obergrenzen für die Ausgaben der einzelnen Rubriken und Untergliederungen fest, wobei betragsmäßig fixierte Obergrenzen den Regelfall darstellen. Aus Praktikabilitätsgründen gibt es aber darüber hinaus die Möglichkeit variabler Ausgabengrenzen für Bereiche, deren tatsächlicher Mittelbedarf von der konjunkturellen Entwicklung abhängt und dementsprechend erst während des Vollzugs betragsmäßig errechenbar ist. Derartige Ausgabenbereiche können durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen definiert werden, wobei das BHG hiefür zwingend bereits die gesetzliche Pensionsversicherung, die gesetzliche Arbeitslosenversicherung und den Finanzausgleich vorsieht. Bei den variablen Ausgaben ist im Bundesfinanzrahmengesetz ein Betrag samt dessen Schwankungsmöglichkeiten gemäß einem durch Verordnung des Finanzministers geregelten Parameter anzugeben, sodass sich im Laufe des nachfolgenden Vollzugs der konkrete Ausgabenrahmen errechnen lässt.

Einsparungen fallen in Rücklagentopf
Eine grundlegende Neuregelung des Rücklagensystems soll zudem einen flexibleren Mitteleinsatz ermöglichen. Nicht ausgeschöpfte Ausgaben werden automatisch einem einheitlichen "Rücklagentopf" gutgeschrieben und können zu einem späteren Zeitpunkt ohne die bisherige Zweckbindung generell für alle Ausgaben herangezogen werden. Finanziert müssen die Rücklagen erst dann werden, wenn sie tatsächlich gebraucht werden, was zu einer Zinsersparnis für das Budget führt.
     
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