Verbindlicher vierjähriger Finanzrahmen schon ab 2007
Wien (pk) - Österreich verfügt mit dem Bundeshaushaltsrecht aus dem Jahr 1986 über
einen stabilen Rahmen für die Erstellung und den Vollzug des Bundesbudgets. Eine langfristige Ausrichtung
der öffentlichen Finanzen macht laut Bundesregierung nun aber eine Reform des Haushaltsrechts notwendig. Inputorientierung
und Kameralistik sollen zugunsten kaufmännischer Instrumente zurückgedrängt und die Budgetpolitik
verbindlich auf mehrere Jahre hin ausgerichtet werden. Die verfassungsrechtlichen Grundsteine und die budgetrechtlichen
Details dieser Reform liegen dem Nationalrat seit kurzem in Form von Entwürfen zur Änderung des Bundes-
Verfassungsgesetzes und des Bundeshaushaltsgesetzes vor ( 1331 d.B. und 1332 d.B.).
Schon 2007 soll in einem ersten Schritt ein mittelfristig verbindlicher Finanzrahmen eingeführt werden. Die
neu gefassten Haushaltsgrundsätze sollen ab 2011 realisiert werden. So lange braucht die Umstellung des Rechnungs-
und Berichtswesens. Die Reform des Bundeshaushaltsrechts soll einen Anstoß für tief greifende Veränderungsprozesse
in der Verwaltung geben, heißt es in den Erläuterungen der Bundesregierung.
Internationale Vorbilder
Die Regierung orientiert sich bei ihrer Haushaltsrechtsreform an internationalen Erfahrungen. In Schweden etwa
gilt die Regel, in den öffentlichen Finanzen über den Konjunkturzyklus hin einen Überschuss von
2 % des BIP zu erzielen. Bei der Schweizer "Schuldenbremse" handelt es sich um eine verfassungsrechtliche
Begrenzung der Ausgaben; sie dürfen über den Konjunkturzyklus nicht höher sein als die Einnahmen.
In Großbritannien sorgt die "golden rule" dafür, dass Schulden nur für Investitionen,
nicht aber für laufende Aufwendungen eingegangen werden. Die britische Nettoverschuldung soll über den
Konjunkturzyklus hin nicht höher sein als 40 % des BIP.
In der EU gilt eine mittelfristige Finanzvorausschau und ein verbindlicher Ausgabenrahmen für sieben Jahre.
Schweden beschließt alljährlich einen Ausgabenrahmen für drei Jahre und die Aufteilung der Ausgaben
auf 27 Aufgabenbereiche.
Zudem orientiert sich Schweden in der Budgetpolitik nicht am Input, sondern an Wirkungen und Leistungen. In Großbritannien
werden mittel- bis langfristig messbare Ziele und Prioritäten für einzelne Ministerien formuliert. Auch
Frankreich betreibt eine wirkungsorientierte Haushaltspolitik und definiert die sozialen und wirtschaftliche Wirkungen
ebenso exakt wie die Qualität staatlicher Leistungen für die Bürger. Das Budget wird im Rahmen von
150 Programmen (Globalbudgets) flexibel und effizient vollzogen, Entscheidungs- und Ressourcenverantwortung sind
zusammengezogen. In der Schweiz werden Leistungsaufträge im Rahmen von Globalbudgets erfüllt.
In Großbritannien treten kaufmännische Instrumente zunehmend an die Stelle kameralistischer Prinzipien.
Kosten und Finanzierungsbedarf werden den Zielen der Ministerien periodengerecht zugeordnet, bei der Mehrjahresplanung
ebenso wie in Budgeterstellung, Rechnungs- und Berichtswesen.
Österreich hat unter dem Titel "Flexibilisierungsklausel" die Zusammenführung der Entscheidungs-
und Ressourcenverantwortung sowie die Flexibilisierung des Budgetvollzuges in ausgewählten Organisationseinheiten
fünf Jahre lang getestet. Mit Erfolg: Die Motivation der MitarbeiterInnen konnte gesteigert und die Salden
um durchschnittlich 8 bis 16 % verbessert werden.
Neue Ziele und Grundsätze für die Haushaltsführung
Für die österreichische Haushaltsführung soll in Zukunft nicht mehr nur das Ziel gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts, sondern auch eine nachhaltige Ordnung der öffentlichen Finanzen gelten. Die neuen Grundsätze
der Haushaltsführung lauten: Wirkungsorientierung, Transparenz, Effizienz und möglichst getreue Darstellung
der finanziellen Lage. Unter den angestrebten Wirkungen der Haushaltsführung wird die tatsächliche Gleichstellung
von Männern und Frauen hervorgehoben.
Vierjähriger Finanzrahmen
Zentrales Instrument für die mittelfristige Budgetsteuerung soll der auf vier Jahre ausgerichtete
Finanzrahmen sein, der an die Stelle des bisherigen, unverbindlichen Budgetprogramms tritt. Er ist nicht als ein
technisches Planungsinstrument konzipiert, sondern als verbindlicher Rahmen mit Eckpunkten für die Bundesfinanzgesetze.
Nach schwedischem Vorbild soll der Finanzrahmen im Frühjahr beschlossen werden. Im Herbst erfolgt dann die
Aufteilung innerhalb der Ressorts in Form des Bundesfinanzgesetzes für das nächste Jahr. In weiterer
Folge soll das jeweils geltende Bundesfinanzrahmengesetz in jedem Frühjahr aktualisiert und um ein Jahr nach
vorne "gerollt" werden.
Budget in Rubriken gegliedert
Nach den einfachgesetzlichen Durchführungsbestimmungen im Bundeshaushaltsgesetz erfolgt die Gliederung des
Budgets nun nicht mehr in Kapiteln, sondern in insgesamt fünf Rubriken, die einzelne Politikbereiche ressortübergreifend
zusammenfassen und ihrerseits in Untergliederungen aufgeteilt sind. So bildet etwa der Komplex "Recht und
Sicherheit" ebenso eine Rubrik wie der Bereich "Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie". "Bildung,
Forschung, Kunst und Kultur" bzw. "Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt" werden je einer weiteren
Rubrik zugeordnet, während die Rubrik "Kassa und Zinsen" die Budgetgliederung abschließt.
Gesetz legt Ausgabenobergrenze fest, Ministerium kann Parameter für Schwankungen einräumen
Das Bundesfinanzrahmengesetz legt für vier Jahre im vorhinein Obergrenzen für die Ausgaben der einzelnen
Rubriken und Untergliederungen fest, wobei betragsmäßig fixierte Obergrenzen den Regelfall darstellen.
Aus Praktikabilitätsgründen gibt es aber darüber hinaus die Möglichkeit variabler Ausgabengrenzen
für Bereiche, deren tatsächlicher Mittelbedarf von der konjunkturellen Entwicklung abhängt und
dementsprechend erst während des Vollzugs betragsmäßig errechenbar ist. Derartige Ausgabenbereiche
können durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen definiert werden, wobei das BHG hiefür
zwingend bereits die gesetzliche Pensionsversicherung, die gesetzliche Arbeitslosenversicherung und den Finanzausgleich
vorsieht. Bei den variablen Ausgaben ist im Bundesfinanzrahmengesetz ein Betrag samt dessen Schwankungsmöglichkeiten
gemäß einem durch Verordnung des Finanzministers geregelten Parameter anzugeben, sodass sich im Laufe
des nachfolgenden Vollzugs der konkrete Ausgabenrahmen errechnen lässt.
Einsparungen fallen in Rücklagentopf
Eine grundlegende Neuregelung des Rücklagensystems soll zudem einen flexibleren Mitteleinsatz ermöglichen.
Nicht ausgeschöpfte Ausgaben werden automatisch einem einheitlichen "Rücklagentopf" gutgeschrieben
und können zu einem späteren Zeitpunkt ohne die bisherige Zweckbindung generell für alle Ausgaben
herangezogen werden. Finanziert müssen die Rücklagen erst dann werden, wenn sie tatsächlich gebraucht
werden, was zu einer Zinsersparnis für das Budget führt. |