Wien (öj) - Am Dienstag (28. 02.) beendete Kärntens SPÖ-Vorsitzende Gaby Schaunig-Kandut
durch Verlassen einer Regierungssitzung die sogenannte "Chianti-Koalition" mit Landeshauptmann Jörg
Haider´s BZÖ, die am 13. März 2004 schon wenige Tage nach der Landtagswahl mit dem damaligen SP-Chef
Peter Ambrozy vereinbart worden. Sie war von vorneherein der "restlichen", vor allem der Bundes-SPÖ
ein Dorn im Auge, ist doch das BZÖ als Koalitionspartner in der Bundesregierung politischer Gegner. Bereits
als Ambrozy Ende Oktober 2005 sein Amt an Nachfolgerin Gaby Schaunig-Kandut übergab, rechneten viele Beobachter
mit einem ersten Krach zwischen dem amtierenden Landeshauptmann und seinem "neuen" Vis-à-vis schon
in den ersten Tagen der Zusammenarbeit.
Im Jänner dieses Jahres hat das Gallup-Institut für die "Kärntner Woche" eine Umfrage
gemacht, wie lange denn, nach Meinung der Kärntnerinnen und Kärntner, die Koalition denn halten würde:
21 % rechneten damit, daß sie 2006 auseinanderbrechen würde, immerhin 38 % rechneten damit, sie würde
bis zum Ende der Legislaturperiode 2009 halten.
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos konstatierte Schaunig-Kandut ob ihrer Entscheidung, die
Regierungszusammenarbeit mit dem BZÖ zu beenden, Rückgrat und Grundsatztreue. Das einstimmige Votum des
Kärntner SPÖ-Präsidiums für diesen Kurs sei darüber hinaus ein erfreuliches Signal der
Geschlossenheit und Entschlossenheit der Sozialdemokraten gegen den abenteuerlichen Politikstil Jörg Haiders.
Schaunig-Kandut und die Kärntner SPÖ hätten damit einen wohltuenden Kontrast zu Wolfgang Schüssel
und dessen ÖVP geliefert. Schüssel habe längst jeden Grundsatz über Bord geworfen. Haiders
Phantompartei habe sich niemals einer Wahl gestellt und sitze ohne jede Unterstützung durch die Wähler
in der Regierung. Es ist Haider und sein BZÖ, das den ÖVP-Kanzler an der Macht halte, an die er sich
bis zur Selbstaufgabe klammere.
Kärntens ÖVP-Chef LR Josef Martinz stellte fest, dass für die ÖVP nach dem beleidigten Auszug
von Kollegin Schaunig-Kandut aus der Regierungssitzung nun nur ein Spiel der freien Kräfte in Frage in Frage
komme. Die ÖVP habe sich schon in den letzten zwei Jahren in Sachfragen immer einen Partner gesucht. Um Interessen
der ÖVP durchzubringen, sei es bisher schon notwendig gewesen, einen Partner im BZÖ oder in der SPÖ
finden. Das werde im Sinne der Bevölkerung auch weiterhin so gehalten werden. Doch noch sei völlig offen,
wie es mit der Koalition in Kärnten weitergehe. Man habe schon oft genug erlebt, wie sich BZÖ und SPÖ
die Augen ausgekratzt hätten, um Tags darauf wieder gemeinsam ein Belastungspaket zu beschließen. Beim
Verteilen, Streichen und Belastungen erfinden, wäre sich die Koalition noch immer einig gewesen.
Bündnissprecher DI Uwe Scheuch erklärte, Schaunig-Kandut habe mit ihren Handlungen endgültig ihr
wahres Gesicht gezeigt, das dürfte aber auf die Bundespolitik keine Auswirkungen haben. Laut Scheuch habe
Schaunig hier grob fahrlässig gehandelt und den politischen Frieden in Kärnten zugunsten den Ambitionen
von Alfred Gusenbauer geopfert. Sie habe in vier Monaten als Parteichefin der Kärntner SPÖ mehr geschadet,
als der politische Mitbewerber in den letzten 15 Jahren. Als Filialleitern Gusenbauers habe sie die Kärntner
SPÖ binnen weniger Monate an die Wand gefahren, und das alles nur, um die bundespolitischen Spielchen des
"Möchtegern-Kanzlers Gusi" mitzuspielen. Auf alle Fälle würden Jörg Haider und die
BZÖ Mannschaft dafür sorgen, dass die SPÖ weder in Kärnten noch in Österreich zur Nummer
Eins werde.
FPÖ-Obmann HC Strache sowie der geschäftsführende Kärntner FPÖ-Obmann, Generalsekretär
Karlheinz Klement, stellten fest, Haider könne keine Partei zusammenhalten, er könne keine Regierung
zusammenhalten und er könne kein Land zusammenhalten. Seine Politik der Zerstörung sei nun auch in Kärnten
gescheitert. Neuwahlen wären der einzige und ehrlichste Weg, um diesem Kasperltheater rund um Jörg Haider
ein Ende zu bereiten. Jetzt sei keine Zeit für faule Kompromisse oder einen fliegenden Wechsel. Die Kärntner
hätten das Recht auf eine stabile Regierung, an Neuwahlen führe kein Weg vorbei, so Strache und Klement
unisono.
Als einen reinen "Wahlkampfgag der SPÖ" beurteilt der Grüne Landessprecher Rolf Holub das Scheitern
der BZÖ-SPÖ Koalition. Die SPÖ habe Haider zum Landeshauptmann gewählt und stehle sich mit
diesem Fluchtversuch aus ihrer Verantwortung. In Wahrheit werde sich trotz Scheitern der Koalition leider nichts
ändern: Die SPÖ- und BZÖ-Landesräte würden weiter an ihren Sesseln und Ämtern kleben
und sich in gegenseitiger Opposition bekämpfen. Auf der Strecke bleibe die Arbeit für Kärnten, kritisiert
Holub. Er fordert die SPÖ auf, dem Grünen Misstrauensantrag gegen LH Haider und dem Antrag auf Abwahl
Dr. Haiders als Landeshauptmann zuzustimmen.
Aufgrund geltender Landesgesetze können SPÖ, ÖVP und Grüne Neuwahlen ohne Zustimmung des BZÖ
nicht durchzusetzen, wird Haider also Landeshauptmann bleiben und für Durchsetzung von Landesgesetzen sich
jeweils einen Partner suchen müssen.
Eines steht jedoch jetzt schon fest: Durch die "Kärntner Scheidung" von BZÖ und SPÖ ist
mit ungebremstem Wahlkampf für die im Herbst bevorstehende Nationalratswahl zu rechnen, Haider und Schaunig-Kandut
werden sich nun wohl ungehindert aufeinander "einschießen". Unterschiedlich interpretierte Umfrageergebnisse
("Sonntagsfrage") sorgen bereits für den ersten Wirbel im südlichsten Bundesland. (mm) |