Debatte um Exzellenzinstitut  

erstellt am
03. 03. 06

 Schüssel: "IST größtes Forschungsprojekt, das wir je in Österreich hatten"
Wien (bpd) - Im Pressefoyer im Anschluss an die Ministerratssitzung im Parlament informierte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel am Donnerstag (02. 03.) über die beschlossene 15a Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich, die neusten Asylzahlen sowie aktuelle Entwicklungen am Arbeitsmarkt.

Zum einstimmigen Beschluss des Ministerrates zur 15a Vereinbarung hinsichtlich des Institute for Science and Technology (IST), teilte der Bundeskanzler mit, dass in Summe etwa 570 Mio. Euro seitens des Bundes, des Landes Niederösterreich und erwarteten Zuschüssen aus Wirtschaft und der EU zusammenkommen werden.
„Das ist bei weitem das größte Forschungsprojekt, das je in Österreich verwirklicht wurde. Mit über 570 Mio. Euro in den nächsten 10 Jahren setzen wir ein deutliches Zeichen in Richtung eines modernen Wissenschafts- und Forschungsstandort Österreich“, so der Bundeskanzler.

„Wir haben innerhalb weniger Tage eine fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Land Niederösterreich fixieren können. Das Netzwerk des IST soll auf bestehende Infrastrukturen der Universitäten oder der Akademie der Wissenschaften zurückgreifen. Dieses Konzept bietet den besten Leuten die Möglichkeit, vor den Toren Wiens in Freiheit zu arbeiten und zu forschen“, so Schüssel weiter.

Bund und Land Niederösterreich werden zusammen 225 Mio. Euro für den laufenden Betrieb der nächsten 10 Jahre zur Verfügung stellen. Hinzukommen erwartete Drittmittel seitens der EU und der Wirtschaft von bis zu 135 Mio. Euro sowie nochmaligen Bundeszuschüsse von 95 Mio. Euro. Investitionen in Grundstücke und Infrastruktur von Seiten Niederösterreichs bezifferte Schüssel mit 116,5 Mio. Euro.

 

Broukal erwartet Haltungsänderung bei Schüssel
Wien (sk) - Dass es bei der SPÖ eine "Richtungsänderung" beim Projekt Elite-Uni gäbe, wie das Kanzler Schüssel behauptet hat, sieht SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal ganz und gar nicht so. "Wir haben immer gesagt: Zurück an den Start, man muss die Wissenschafter zurück ins Boot holen. Das gilt nach wie vor", betonte Broukal am Donnerstag (02. 03.) gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.

Der SPÖ-Wissenschaftssprecher erklärte dazu, dass die Wissenschafter auch "deshalb abgesprungen sind, weil sie mit Schrecken die parteipolitische Vereinnahmung durch die ÖVP feststellen mussten". Und diese Befürchtungen der Wissenschafter seien leider mehr als berechtigt, sagte Broukal mit dem Hinweis darauf, dass der Aufsichtsrat für das Elite-Uni-Projekt ausschließlich mit ÖVP-Leuten besetzt sein wird.

Der Widerstand der Wissenschafter hätte sich weniger gegen das Gebäude in Gugging gerichtet, sondern gegen die Drüberfahr-Mentalität der Regierung und vom NÖ-Landeshauptmann Pröll nach dem Motto "Gugging oder nichts", erklärte Broukal.

Daher betonte Broukal, dass es an der Zeit für eine Haltungsänderung bei Kanzler Schüssel wäre. Seine Aufforderung an die Regierung: "Setzen wir das Projekt neu auf, holen wir die Wissenschafter zurück ins Boot und binden wir Wien ins Projekt ein und verteilen wir die finanziellen Lasten für das Exzellenz-Institut auf die Schultern zweier Bundesländer."

 

Grünewald: Alle Befürchtungen bei weitem übertroffen
Wien (grüne) - "Alle Befürchtungen bei weitem übertroffen" hat der gestern von den Regierungsparteien eingebrachte Initiativantrag zur Elite-Uni bei den Grünen. Der Wissenschaftssprecher der Grünen Kurt Grünewald stößt sich vor allem am Kuratorium, dem obersten Leitungsgremium des "Institute of Science and Technology - Austria". Dieses werde praktisch vollständig von VertreterInnen der Bundesregierung und des Landes Niederösterreichs besetzt und verfüge über "profunde Macht", so Grünewald bei einer Pressekonferenz am Donnerstag (02. 03.).

Das Kuratorium legt die Organisation und die strategische Ausrichtung des Instituts fest, genehmigt das Budget und bestellt sämtliche Leitungsfunktionen. In ihm vertreten sind vier von der Regierung bestellte Mitglieder sowie drei vom Land Niederösterreich berufene Personen mit je einer Stimme. Diese sieben können bis zu drei weitere Mitglieder bestellen, denen aber insgesamt höchstens eine Stimme zukommt - insgesamt also acht Stimmen. Diese Ausgestaltung hält Grünewald für eine "Provinzposse": "Die Löwingerbühne wäre Shakespeare gewesen oder Othello dagegen."

Auch die Startphase nährt bei ihm Befürchtungen. Während in einem von der Wissenschaftergruppe um den Physiker Anton Zeilinger erstellten Arbeitspapier ein Gründungskomitee aus vier höchst qualifizierten WissenschafterInnen und einem/r ForschungsmanagerIn vorgesehen gewesen sei, sehe der Initiativantrag zur Elite-Uni nun einen Beirat vor, dessen bis zu zehn Mitglieder von der Regierung zu besetzen sind und wo von wissenschaftlichen Qualifikationen keine Rede sei: "Was hat das mit Exzellenz zu tun?", so Grünewald. "Wenn das so weitergeht, muss man sagen, das ist in den Sand gesetzt."

Nach Ansicht Grünewalds könne die Politik als Geldgeberin durchaus im Kuratorium vertreten sein. Mindestens 50 Prozent der Mitglieder müssten aber von herausragenden internationalen Kapazitäten aus dem Bereich der Wissenschaft gestellt werden. Laut Initiativantrag seien sämtliche Mitglieder aber frei nominierbar und müssten über keinen Namen in der Wissenschaft verfügen. Nach den Erfahrungen mit den Besetzungen der Uni-Räte und bei den Austrian Research Centers erwartet Grünewald Polit-Besetzungen bzw. Besetzungen mit Personen aus diversen "Schüssel-Personenkomitees". Für die volle Akzeptanz des Instituts müsse die Politik aber alles vermeiden, was den Geruch der Einflussnahme habe. (apa)
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

     
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