Von der Gentechnik und den Bedenken dagegen  

erstellt am
03. 03. 06

Wien (pk) - Auf der Tagesordnung der Sitzung des Hohen Hauses am Donnerstag (02. 03.) standen zunächst Landwirtschafts-Themen. Zur Debatte standen drei Anträge: 759/A(E) von den Koalitionsfraktionen sowie 181/A(E) und 580/A(E) von den Grünen.

Abgeordneter KRAINER (S) verwies darauf, dass es in Fragen der Gentechnik einen breiten Konsens in der österreichischen Bevölkerung gebe. Der Redner skizzierte fünf Strategien, wie man sich gegen gentechnisch veränderte Produkte wappnen könne, wobei in einigen Bereichen durchaus mehr Engagement wünschenswert wäre. Zu den so genannten gentechnikfreien Zonen brachte der Redner einen Entschließungsantrag ein, wonach die Bundesregierung die Länder in ihren diesbezüglichen Bemühungen unterstützen solle.

Besonderen Schutz verdienten die Nationalparks, so Krainer, und da sollte man als ersten Schritt auch ansetzen, wobei man natürlich bereits die weiteren Schritte planen solle. Wichtig wäre, so der Redner, dass der Konsens der vier Parlamentsparteien in dieser Frage weiterhin erhalten bleibt, weshalb er auf breite Zustimmung zu seinem Antrag hoffe.

Abgeordneter GRILLITSCH (V) zog eine zufrieden stellende Bilanz der heimischen Bemühungen gegen gentechnisch veränderte Produkte und verwies auf den breiten Konsens in dieser Frage. Als Agrarvertreter wolle er aber die Gelegenheit nutzen, auch Sicherheit und Unterstützung für die heimischen Bauern einzufordern, damit diese den damit verbundenen Herausforderungen entsprechend begegnen können. Der Redner dankte dem Landwirtschaftsminister für seine Bemühungen und trat dafür ein, auch weiterhin den Weg des Konsenses in dieser wichtigen Frage zu gehen.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) stellte die Frage, was die Regierung getan habe, die österreichische Gentechnikfreiheit zu erhalten. Ihrer Ansicht nach sei die Regierung in wichtigen Bereichen säumig, da sie ihre Möglichkeiten nicht nutze. So sei die Regierung nicht bereit, ein Importverbot über gentechnisch manipulierten Mais und Raps zu verhängen, was unverständlich sei. Auch weigere sich die Regierung, Umweltförderung mit Gentechnikfreiheit zu verbinden, und auch das sei nicht nachvollziehbar, so die Rednerin.

Ihre Fraktion trete jedenfalls dafür ein, die Gentechnikfreiheit als Grundlage für die Umweltförderung zu verankern. Vor diesem Hintergrund stelle sich für sie die Frage, ob es der Regierung mit dem Bekenntnis zur Gentechnikfreiheit überhaupt ernst sei, schloss die Rednerin.

Abgeordneter SCHEUCH (F) wies auf die hervorragenden Regelungen in Kärnten hin und warf den Grünen vor, mit ihrem fundamentalen Kurs könne man keine erfolgreiche Politik machen, seien doch Probleme so nicht lösbar. Seine Fraktion werde hingegen ihre konsequente Politik fortsetzen und damit am Ende des Tages auch Erfolg haben.

In einer Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung forderte Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) einen Ordnungsruf für Abgeordneten Scheuch, da dieser sich despektierlich über einen grünen Landtagsabgeordneten geäußert habe. Abgeordneter SCHEUCH (F) hielt fest, seine Aussage sedi nicht in beleidigender Absicht erfolgt.

Bundesminister DI PRÖLL meinte, diese Regierung habe so viel für die Gentechnikfreiheit in Europa getan wie niemand sonst, weshalb man auch eine eindrucksvolle Bilanz legen könne. Der Minister erläuterte vor dem Hintergrund der politischen Entwicklungen die Strategie der heimischen Regierung und zeigte sich überzeugt, dass es gelingen werde, den erfolgreichen Kurs auch künftig fortsetzen zu können.

Wichtig sei, dass der Konsument die Wahlfreiheit in dieser Frage habe, und dazu sei es nötig, allfällige Produkte auch entsprechend deutlich zu kennzeichnen. Die heimische Landwirtschaft stehe hinter dieser Politik, und das Resultat könne sich sehen lassen. Der Weg, Gentechnik von Österreich fernzuhalten, sei, so der Minister, eine Erfolgsstory. Besonders verwies das Regierungsmitglied dabei auf das österreichische Engagement auf europäischer Ebene und ging dabei auf konkrete Initiativen ein. Die Regierung wolle die Gentechnikfreiheit jedenfalls aus dem Anbau fernhalten, unterstrich der Minister abschließend neuerlich.

Abgeordneter DI KUMMERER (S) nannte die Aktivitäten der Regierung vor dem Hintergrund der Entwicklung ungenügend. Seine Fraktion lege heute einen durchgearbeiteten Antrag vor, der den Ländern nütze und EU-konform sei. Er ziele auf die Nationalparks ab, und dies sei ein Erfolg versprechender Weg, der auch über Österreich hinausweise. Dieser Antrag möge daher entsprechende Unterstützung finden.

Abgeordneter SCHULTES (V) bekräftigte die Absicht der Regierungsparteien, alles zu unternehmen, die Gentechnik aus der Landwirtschaft fernzuhalten. Hiezu gebe es eine Vielzahl von Maßnahmen, man wolle weiterhin den sauberen Weg gehen und den Bauern eine vorhersehbare Politik bieten, unterstrich der Redner.

Präsident KHOL gab bekannt, dass er dem Abgeordneten Scheuch im Lichte der ex post erfolgten Erklärung des Mandatars keinen Ordnungsruf erteile.

Abgeordneter DI PIRKLHUBER (G) goutierte diese Vorgangsweise nicht, wandte sich sodann wieder der Gentechnik zu, wo er dringenden Handlungsbedarf ortete. Die Grünen hätten in dieser Frage immer eine konsequente Politik betrieben und auch eingefordert, müsse die Gentechnik doch zu einem europäischen Thema gemacht werden. Die Kommission sei säumig, hier dürfe Österreich nicht nachlassen.
     
Es komme für die Regierung zu einer Nagelprobe, sagte der Mandatar und brachte einen diesbezüglichen Entschließungsantrag betreffend das Agieren der Regierung auf europäischer Ebene ein. Konkret müsse die EU die Möglichkeit gentechnikfreier Zonen rechtlich absichern. Die Regierungsfraktionen könnten mit ihrer Zustimmung zu diesem Antrag unter Beweis stellen, dass sie es mit ihren Bemühungen um die Gentechnikfreiheit ernst meinten. Sodann sprach der Abgeordnete konkrete Details der Materie an. So dürfe kein Steuergeld für Gentechnik verwendet werden, denn eine solche Vorgangsweise würde von Konsumenten wie Landwirten abgelehnt.

Abgeordneter WITTAUER (F) gab zu bedenken, dass Koexistenz kaum mehr definierbar sei, da man Pollen nicht aufhalten könne. Daher stelle sich die Frage, wie und wie lange man gentechnikfreie Bereiche schützen könne. Der Vorwurf an Abgeordneten Grillitsch, dieser wolle die Landwirtschaft für die Gentechnik aufmachen, werde ohne jeglichen Grund erhoben, sagte Wittauer. Die biologische Landwirtschaft in Österreich mit einem Marktanteil von 10 % sei eine Erfolgsstory. Da man wisse, dass 70 bis 80 % der ÖsterreicherInnen biologische Lebensmittel wollen, müsse man alles daran setzen, dass dies auch zu einem noch größeren Anteil biologischer Produkte auf dem Markt führe. Ihm, Wittauer, fehlen aber derzeit die erforderlichen Handlungen. Seiner Ansicht nach wäre es notwendig zu zeigen, dass Österreich den besseren Weg geht.

Abgeordnete WALTHER (S) sprach sich uneingeschränkt für gentechnikfreie Gebiete aus und thematisierte dabei die unkalkulierbaren Risken der Gentechnik. Auch die ÖsterreicherInnen zeigten durch ihr Kaufverhalten, dass sie gentechnik-veränderte Lebensmittel nicht gerne kaufen. Walther verwies auf den vorliegenden Entschließungsantrag der SPÖ und meinte, im Rahmen der österreichischen Ratspräsidentschaft wäre es ein wichtiges Zeichen, Schritte zu gentechnikfreien Gebieten zu setzen. Dies müsse bei Nationalparks beginnen und sollte sich dann auch auf Naturparks und kleinräumige Gebiete ausdehnen. Die SPÖ wolle diese Initiative auch in den Bundesrat und in die Landtage bringen, kündigte Walther an.

Abgeordneter SIEBER (V) unterstrich die Vorreiterrolle Österreichs bei der Gentechnik-Freiheit. Die Bauern dürften jedoch nicht zu Sündenböcken gemacht werden, sagte Sieber, und deshalb müssten die Mehrkosten, die die Gentechnik-Freiheit verursache, auch abgegolten werden. Der Vorschlag der Grünen sei jedoch nicht zielführend, weil nicht alle Bauern von ÖPUL erfasst seien. Außerdem müssten die Fragen der Koexistenz und der Haftung gelöst werden. Sieber trat vor allem für eine genaue Produktdeklaration ein.

Abgeordnete REST-HINTERSEER (G) bedauerte, dass die Gentechnik derzeit nicht aus der österreichischen Landwirtschaft herausgehalten werde, wies auf die Futtermittel und Energiepflanzen hin. Sie kritisierte vor allem die WTO, die offensichtlich vorhabe, die Kennzeichnung abzuschaffen, da diese von einigen Marktanbietern, wie die USA, als Marktnachteil empfunden werde. Es sei daher notwendig, eine Initiative zur Reform der WTO zu setzen, denn das Vorsorgeprinzip stehe derzeit nur auf dem Papier. In Richtung Bauernbund meinte sie, dieser diskutiere Gentechnik-Freiheit nur mit Augenzwinkern und nehme das Anliegen viel zu wenig ernst.

Abgeordneter ESSL (V) betonte, Österreich sei das Ökoland und dazu gehöre selbstverständlich auch der gentechnikfreie Anbau. KonsumentInnen und BäuerInnen stünden der Gentechnik kritisch gegenüber, dennoch müsse man zugeben, dass die Gentechnik weltweit stark verbreitet ist. Er halte daher die Initiative des Landwirtschaftsministers für richtig, im Rahmen einer EU-Konferenz dieses Thema EU-weit zu diskutieren. Auch müsse die Haftungsfrage geklärt werden. Als Ziele formulierte Eßl leistungsfähige Betriebe, Sicherheit für die KonsumentInnen und praktikable Regelungen.

Abgeordneter WIMMER (S) hielt dem Landwirtschafts- und Umweltminister vor, im Zusammenhang mit der Gentechnik nichts umgesetzt zu haben. Generell sehe die ÖVP offensichtlich die Gentechnik-Freiheit für zu teuer an. Im Gegensatz dazu brauche man aber eine rechtliche Sicherstellung der Gentechnik-Freiheit, und das würde sich im Zusammenhang mit den Nationalparks anbieten. Dass ÖPUL und Gentechnik einen Widerspruch darstellen, hält Wimmer für einen unhaltbaren Zustand. Es könne doch nicht angehen, gentechnisch verändertes Saatgut und gentechnisch veränderte Futtermittel im Rahmen von ÖPUL verwenden zu dürfen, womit diese mit Steuermitteln gefördert würden.

Abgeordneter FREUND (V) wies ebenfalls darauf hin, dass die VerbraucherInnen die Gentechnik ablehnen, und fügte hinzu, dass diese auch den BäuerInnen nichts brächte. Daher müsse man alles daran setzen, diese zu schützen, denn es gehe um einen gesunden Lebensraum. Das sei aber nur durch bessere Produktpreise möglich. Die KonsumentInnen müssten die freie Wahl haben, Voraussetzung dafür sei aber eine ausreichende Information und Kennzeichnung.

Abgeordnete SCHÖNPASS (S) forderte die Garantie für KonsumtenInnen, gentechnikfreie Produkte kaufen zu können. Wer gentechnikfrei produziere, habe auch einen Wettbewerbsvorteil, meinte sie, und deshalb müsse man auch immer den ökologisch-wirtschaftlichen Standortfaktor im Hinterkopf behalten. Sie hielt es daher für notwendig, Regionen gentechnikfrei zu halten und dem diene auch der von der SPÖ vorgelegte Entschließungsantrag. Da die ÖVP dem offensichtlich nicht zustimmen werde, zweifle sie daran, dass die ÖVP tatsächlich ein umfassendes Gentechnik-Verbot anstrebe.

Abgeordneter Mag. GASSNER (S) verteidigte seine Fraktion gegenüber dem Vorwurf, sie habe Gesprächsverweigerung betrieben. Vielmehr habe Abgeordneter Grillitsch im Ausschuss zugesagt, einen Vier-Parteien-Vorschlag vorzubereiten, vorgelegt worden sei jedoch nie etwas. Die ÖVP müsse endlich aufhören, so Gaßner, eine "Ja-aber-Politik" zu betreiben und daher möge sie doch den SPÖ-Entschließungsantrag unterstützen. Damit würde die Möglichkeit gentechnikfreier Zonen eröffnet werden.

Bei der Abstimmung wurde die dem Ausschussbericht 1303 d.B. angeschlossene Entschließung der Abgeordneten Fritz Grillitsch (V) und Klaus Wittauer (F) betreffend Erhaltung des GVO-freien Anbaus in der österreichischen Landwirtschaft mehrheitlich angenommen.

Der Entschließungsantrag des Abgeordneten Kai Jan Krainer (S) betreffend rechtliche Sicherstellung der Gentechnik-Freiheit österreichischer Nationalparks wurde mehrheitlich abgelehnt. Ebenso in der Minderheit blieb der Entschließungsantrag des Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber (G) betreffend Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Gentechnik-Freiheit in der österreichischen Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung.

Der Ausschussbericht über den Antrag des Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber betreffend Maßnahmen zur Gewährleistung einer gentechnikfreien Landwirtschaft und Saatgutproduktion in Österreich wurde mehrheitlich angenommen, womit der dem Bericht zugrunde liegende Antrag als abgelehnt gilt.

In gleicher Weise erhielt der Antrag des Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber betreffend Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln ernährt wurden, nicht die erforderliche Mehrheit.
     
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