Grüne warnen vor datenschutzrechtlichen Problemen
Wien (pk) - Die Österreicherinnen und Österreicher bekommen neue Reisepässe, in denen
das Passfoto und wichtige Daten elektronisch gespeichert werden. Das beschloss der Nationalrat am Mittwoch (01. 03.)
mit den Stimmen der Regierungsfraktionen und der SPÖ. Die Grünen äußerten gegen die Neuregelung
vor allem datenschutzrechtliche Bedenken. Zusammen mit der Änderung des Passgesetzes und des Gebührengesetzes
debattierten die Abgeordneten eine Änderung des Meldegesetzes, die Verbesserung der polizeilichen Zusammenarbeit
mit Tschechien sowie einen Vertrag mit Tschechien über Erleichterungen beim touristischen Grenzübertritt.
Abgeordneter Dr. PILZ (G) meldete Zweifel an der Notwendigkeit an, neue Pässe einzuführen. Die neuen
Pässe seien um nichts fälschungssicherer als die alten, sagte Pilz und äußerte die Befürchtung,
mit der Speicherung persönlicher Daten einschließlich des digitalisierten Fotos auf dem neuen Chip,
den der neue Pass enthält, würden zentrale Datenbanken vorbereitet. Dazu gehöre der grenzüberschreitende
Datentransfer, auch von Daten über das menschliche Genom. Dabei stellt sich für Pilz die Frage, wo polizeiliche
Fahndungsmöglichkeiten enden und die Grundrechte beginnen. Bei der SPÖ, die der Einführung der neuen
Pässe zustimme, registrierte Pilz eine politische Wende; die SP sei in vielen Bereichen, die von der Sicherheit
bis zur Kultur reichen, in einer stillen Koalition mit den Regierungsparteien.
Abgeordneter KÖSSL (V) hielt die Kritik des Abgeordneten Pilz an den neuen Pässen für nicht nachvollziehbar.
Mit den neuen Reisedokumenten setze Österreich einen weiteren Schritt in Richtung mehr Fälschungssicherheit.
Die Gesetzesänderung ermögliche außerdem die Ausgabe eigenständiger Kinderpässe sowie
von Notpässen, wenn ein Bürger rasch einen Reisepass benötigt.
Abgeordnete Mag. STOISITS (G) schloss sich der Kritik ihres Fraktionskollegen Pilz an und stellte die Frage, was
mit den im Reisepass gespeicherten Daten geschehe, wenn ein Bürger die USA oder China besuche. Über derartige
Bedenken, die von Experten geteilt würden, setzen sich nicht nur die Regierungsfraktionen, sondern bedauerlicherweise
auch die SPÖ hinweg.
Abgeordnete Mag. WURM (S) machte darauf aufmerksam, dass Österreich mit der Änderung des Passgesetzes
lediglich einer EU-Verordnung entspreche. Fälschungssichere Pässe erleichtern den Kampf gegen Schlepperei
und Menschenhandel, sagte Wurm. Die datenschutzrechtlichen Bedenken hielt sie nicht für zutreffend, da der
Chip im neuen Reisepass lediglich die Personaldaten und das Passfoto speichere. Den rasch ausstellbaren Notpass
sowie die neuen Kinderpässe begrüßte die Abgeordnete als bürgerfreundliche Neuerungen.
Abgeordneter FAULAND (F) machte darauf aufmerksam, dass es die neuen Kinderpässe Kriminellen künftig
erschweren werden, Kinder über Staatsgrenzen hinweg zu verschleppen.
Innenministerin PROKOP bekannte sich zu den neuen Pässen, die ein größeres Maß an Sicherheit
gegen Fälschungen bieten und hielt fest, dass es trotz der Verbesserungen möglich sei, die Kosten, die
die Ausstellung eines Passes dem Bürger verursachen, gleich zu halten. Die Innenministerin zeigte sich über
die breite Zustimmung im Nationalrat erfreut.
Abgeordneter HORNECK (V) begrüßte die vorgesehene Einrichtung neuer, zusätzlicher Übertrittsstellen
an der Grenze mit Tschechien, von denen sowohl eine Belebung des Tourismus durch Vernetzung von Rad- und Reitwegen
sowie von Loipen ermöglicht werde, als auch ein intensiverer Kontakt der Bevölkerungen, die viele Jahrzehnte
durch den Eisernen Vorhang getrennt leben mussten.
Dies begrüßte auch Abgeordneter PARNIGONI (S), der gegenüber den Grünen festhielt, dass bei
der Novellierung des Passgesetzes allen Vorschlägen des Datenschutzrates entsprochen wurde. Die SPÖ sei
immer bereit, Gesetze mitzutragen, wenn sie sinnvolle Maßnahmen enthalten.
Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) warf den Grünen vor, "Gespenster zu sehen" und die Bevölkerung
zu verunsichern, wenn sie datenschutzrechtliche Bedenken gegen die neuen Reisepässe vorbringen. Was soll man
in den USA oder China mit Daten anfangen können, die schon bisher jedem Pass entnommen werden konnten, fragte
die Abgeordnete mit Verwunderung und hielt fest, dass sie auch nichts dagegen einzuwenden hätte, wenn künftig
Fingerabdrücke im Reisepass gespeichert werden sollten.
Abgeordneter Mag. DONABAUER (V) begrüßte die neuen Grenzübertrittsstellen, von denen er sich eine
Belebung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen Österreichern und Tschechen sowie Vorteile
für den Tourismus in den Grenzregionen erwartete. Die ersten Grenzübertrittsstellen werden noch vor dem
Sommer eröffnet werden.
Abgeordneter PENDL (S) bekundete die grundsätzliche Bereitschaft der SPÖ, Gesetzen zuzustimmen, die den
Bürgern dienen und begrüßte die neue Möglichkeit, Meldezettel auch auf Gemeindeämtern
auszustellen.
Abgeordneter KAPELLER (V) brachte einen Abänderungsantrag zum Meldegesetz ein und besprach das Polizeiabkommen
mit Tschechien, das eine weitere Intensivierung der Zusammenarbeit der tschechischen und der österreichischen
Polizeibehörden erwarten lasse. Diese Zusammenarbeit sei im Hinblick auf die baldige Schengenreife Tschechiens
notwendig und wünschenswert.
Abgeordnete PFEFFER (S) besprach die neuen Reisepässe positiv, weil sie ein höheres Maß an Schutz
vor Fälschungen bieten und daher dem Kampf gegen die grenzüberschreitende Kriminalität, insbesondere
dem Menschenhandel und der Schlepperei dienen.
Abgeordneter FREUND (V) warnte vor den zunehmenden Möglichkeiten der organisierten Kriminalität, Reisedokumente
zu fälschen, und sah daher Handlungsbedarf bei der Einführung neuer fälschungssicherer Pässe.
Die Polizei brauche Instrumente im Kampf gegen die organisierte Kriminalität.
Abgeordneter GAAL (S) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an und begrüßte Erleichterungen im
touristischen Grenzverkehr zwischen Tschechien und Österreich durch neue Grenzübertrittsstellen. Auch
die erweiterte Zusammenarbeit der Polizeibehörden über die Grenze sah Gaal positiv.
Bei der Abstimmung wurden die Änderung des Passgesetzes und des Gebührengesetzes sowie des Meldegesetzes
- unter Berücksichtigung des Abänderungsantrags - mit Mehrheit angenommen.
Die beiden Verträge mit Tschechien erhielten mehrheitliche Zustimmung. |