Neue Reisepässe mit elektronischer Speicherung  

erstellt am
02. 03. 06

Grüne warnen vor datenschutzrechtlichen Problemen
Wien (pk) - Die Österreicherinnen und Österreicher bekommen neue Reisepässe, in denen das Passfoto und wichtige Daten elektronisch gespeichert werden. Das beschloss der Nationalrat am Mittwoch (01. 03.) mit den Stimmen der Regierungsfraktionen und der SPÖ. Die Grünen äußerten gegen die Neuregelung vor allem datenschutzrechtliche Bedenken. Zusammen mit der Änderung des Passgesetzes und des Gebührengesetzes debattierten die Abgeordneten eine Änderung des Meldegesetzes, die Verbesserung der polizeilichen Zusammenarbeit mit Tschechien sowie einen Vertrag mit Tschechien über Erleichterungen beim touristischen Grenzübertritt.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) meldete Zweifel an der Notwendigkeit an, neue Pässe einzuführen. Die neuen Pässe seien um nichts fälschungssicherer als die alten, sagte Pilz und äußerte die Befürchtung, mit der Speicherung persönlicher Daten einschließlich des digitalisierten Fotos auf dem neuen Chip, den der neue Pass enthält, würden zentrale Datenbanken vorbereitet. Dazu gehöre der grenzüberschreitende Datentransfer, auch von Daten über das menschliche Genom. Dabei stellt sich für Pilz die Frage, wo polizeiliche Fahndungsmöglichkeiten enden und die Grundrechte beginnen. Bei der SPÖ, die der Einführung der neuen Pässe zustimme, registrierte Pilz eine politische Wende; die SP sei in vielen Bereichen, die von der Sicherheit bis zur Kultur reichen, in einer stillen Koalition mit den Regierungsparteien.

Abgeordneter KÖSSL (V) hielt die Kritik des Abgeordneten Pilz an den neuen Pässen für nicht nachvollziehbar. Mit den neuen Reisedokumenten setze Österreich einen weiteren Schritt in Richtung mehr Fälschungssicherheit. Die Gesetzesänderung ermögliche außerdem die Ausgabe eigenständiger Kinderpässe sowie von Notpässen, wenn ein Bürger rasch einen Reisepass benötigt.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) schloss sich der Kritik ihres Fraktionskollegen Pilz an und stellte die Frage, was mit den im Reisepass gespeicherten Daten geschehe, wenn ein Bürger die USA oder China besuche. Über derartige Bedenken, die von Experten geteilt würden, setzen sich nicht nur die Regierungsfraktionen, sondern bedauerlicherweise auch die SPÖ hinweg.

Abgeordnete Mag. WURM (S) machte darauf aufmerksam, dass Österreich mit der Änderung des Passgesetzes lediglich einer EU-Verordnung entspreche. Fälschungssichere Pässe erleichtern den Kampf gegen Schlepperei und Menschenhandel, sagte Wurm. Die datenschutzrechtlichen Bedenken hielt sie nicht für zutreffend, da der Chip im neuen Reisepass lediglich die Personaldaten und das Passfoto speichere. Den rasch ausstellbaren Notpass sowie die neuen Kinderpässe begrüßte die Abgeordnete als bürgerfreundliche Neuerungen.

Abgeordneter FAULAND (F) machte darauf aufmerksam, dass es die neuen Kinderpässe Kriminellen künftig erschweren werden, Kinder über Staatsgrenzen hinweg zu verschleppen.

Innenministerin PROKOP bekannte sich zu den neuen Pässen, die ein größeres Maß an Sicherheit gegen Fälschungen bieten und hielt fest, dass es trotz der Verbesserungen möglich sei, die Kosten, die die Ausstellung eines Passes dem Bürger verursachen, gleich zu halten. Die Innenministerin zeigte sich über die breite Zustimmung im Nationalrat erfreut.

Abgeordneter HORNECK (V) begrüßte die vorgesehene Einrichtung neuer, zusätzlicher Übertrittsstellen an der Grenze mit Tschechien, von denen sowohl eine Belebung des Tourismus durch Vernetzung von Rad- und Reitwegen sowie von Loipen ermöglicht werde, als auch ein intensiverer Kontakt der Bevölkerungen, die viele Jahrzehnte durch den Eisernen Vorhang getrennt leben mussten.

Dies begrüßte auch Abgeordneter PARNIGONI (S), der gegenüber den Grünen festhielt, dass bei der Novellierung des Passgesetzes allen Vorschlägen des Datenschutzrates entsprochen wurde. Die SPÖ sei immer bereit, Gesetze mitzutragen, wenn sie sinnvolle Maßnahmen enthalten.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) warf den Grünen vor, "Gespenster zu sehen" und die Bevölkerung zu verunsichern, wenn sie datenschutzrechtliche Bedenken gegen die neuen Reisepässe vorbringen. Was soll man in den USA oder China mit Daten anfangen können, die schon bisher jedem Pass entnommen werden konnten, fragte die Abgeordnete mit Verwunderung und hielt fest, dass sie auch nichts dagegen einzuwenden hätte, wenn künftig Fingerabdrücke im Reisepass gespeichert werden sollten.

Abgeordneter Mag. DONABAUER (V) begrüßte die neuen Grenzübertrittsstellen, von denen er sich eine Belebung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen Österreichern und Tschechen sowie Vorteile für den Tourismus in den Grenzregionen erwartete. Die ersten Grenzübertrittsstellen werden noch vor dem Sommer eröffnet werden.

Abgeordneter PENDL (S) bekundete die grundsätzliche Bereitschaft der SPÖ, Gesetzen zuzustimmen, die den Bürgern dienen und begrüßte die neue Möglichkeit, Meldezettel auch auf Gemeindeämtern auszustellen.

Abgeordneter KAPELLER (V) brachte einen Abänderungsantrag zum Meldegesetz ein und besprach das Polizeiabkommen mit Tschechien, das eine weitere Intensivierung der Zusammenarbeit der tschechischen und der österreichischen Polizeibehörden erwarten lasse. Diese Zusammenarbeit sei im Hinblick auf die baldige Schengenreife Tschechiens notwendig und wünschenswert.

Abgeordnete PFEFFER (S) besprach die neuen Reisepässe positiv, weil sie ein höheres Maß an Schutz vor Fälschungen bieten und daher dem Kampf gegen die grenzüberschreitende Kriminalität, insbesondere dem Menschenhandel und der Schlepperei dienen.

Abgeordneter FREUND (V) warnte vor den zunehmenden Möglichkeiten der organisierten Kriminalität, Reisedokumente zu fälschen, und sah daher Handlungsbedarf bei der Einführung neuer fälschungssicherer Pässe. Die Polizei brauche Instrumente im Kampf gegen die organisierte Kriminalität.

Abgeordneter GAAL (S) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an und begrüßte Erleichterungen im touristischen Grenzverkehr zwischen Tschechien und Österreich durch neue Grenzübertrittsstellen. Auch die erweiterte Zusammenarbeit der Polizeibehörden über die Grenze sah Gaal positiv.

Bei der Abstimmung wurden die Änderung des Passgesetzes und des Gebührengesetzes sowie des Meldegesetzes - unter Berücksichtigung des Abänderungsantrags - mit Mehrheit angenommen.

Die beiden Verträge mit Tschechien erhielten mehrheitliche Zustimmung.
     
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