Streit um Olympia-Inserate der Bundesregierung  

erstellt am
28. 02. 06

 Kräuter: SPÖ kündigt Nachspiel im Parlament an
Wien (sk) - "Je schlechter die Politik, desto höher die Kosten für die Werbung" – nach diesem Grundsatz arbeitet nach Ansicht von SPÖ-Rechnungshofsprecher Günther Kräuter die österreichische Regierung. Wie schlecht die Regierung letztlich arbeite, lasse sich an den bisherigen Gesamtkosten für Werbung und Beratung ablesen, die sich in Richtung 100 Millionen Euro bewegen. Kräuter hat am Montag (27. 02.) in einer Pressekonferenz seine Kritik an der ausufernden Werbetätigkeit der Regierung noch einmal bekräftigt und parlamentarische Konsequenzen angekündigt.

So wird die SPÖ diese Woche im Nationalrat beantragen, dass die sieben Regeln für Regierungswerbung, wie sie vom Rechnungshof schon im Jahr 2003 aufgestellt wurden, gesetzliche Norm werden. Außerdem wird die SPÖ die Werbeaffäre auch in der aktuellen Stunde mit Sozialministerin Haubner und in der Fragestunde mit Kanzler Schüssel auf die Tagesordnung bringen.

Aktueller Anlass für die Kritik der SPÖ sind die ganzseitigen Regierungsinserate in den österreichischen Tageszeitungen, in denen es heißt: "Immer wieder, immer wieder, immer wieder Österreich! ... Die Bundesregierung gratuliert den erfolgreichen rot-weiss-roten goldenen, silbernen und bronzenen Olympioniken herzlichst." Gezeichnet sind die Inserate von Kanzler Schüssel (ÖVP) und Vizekanzler Gorbach (BZÖ).

Kräuter machte klar, dass die Regierung damit erneut gegen die Leitlinien des Rechnungshofs (RH) für Regierungswerbung verstoßen hat. Der RH verlangt Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit, außerdem einen klaren Bezug zur Tätigkeit der Regierung, weiters dass die Regierung oder das Ministerium deutlich in Erscheinung tritt, die Werbung darf keine parteipolitische Ausrichtung haben, eine werbende Einflussnahme zu Gunsten einer Partei soll vermieden werden.

Außerdem hat auch die Volksanwaltschaft die Einhaltung von Anstandsregeln bei Regierungswerbung auf Steuerzahlerkosten eingefordert. Und schließlich fordere auch der Verfassungsgerichtshof mit dem "Gebot der Reinheit der Wahl", dass keine Ministeriumsgelder eingesetzt werden dürfen, um für eine Partei den Wahlausgang zu beeinflussen.

Dass Kanzler Schüssel freilich kein Interesse an einer Einschränkung bei der Regierungswerbung hat, lasse sich an der Stellungnahme des Bundeskanzleramts zu den RH-Leitlinien ablesen: Verbindliche Richtlinien würden demnach zuwenig "Flexibilität" in der Werbung zulassen, kritisierte Kräuter.

Die Kosten für die aktuelle Jubelkampagne der Regierung gehen laut Kräuter in Richtung eine Million Euro. "Das ist den Steuerzahlern nicht zuzumuten", so der SPÖ-Rechnungshofsprecher. Zur Eindämmung dieser reinen Regierungspropaganda würde nach Überzeugung von Kräuter auch die verbindliche Angabe der Kosten auf den Inseraten mit dem Zusatz, dass die vom Steuerzahler bezahlt werden, beitragen. Damit würde sich die Regierung "diese Agitation auf Kosten der Steuerzahler rasch abgewöhnen".

Die verbindlichen Regeln für Werbung mit öffentlichen Mitteln sollen natürlich für alle Parteien gelten, machte Kräuter deutlich. Dass diese Regelungen nicht schon lange in Kraft sind, dafür sei allein Bundeskanzler Schüssel verantwortlich.

 

Vilimsky: Fairness-Abkommen bedeutet Verzicht auf Regierungspropaganda
Wien (fpd) - "Nachdem ÖVP, SPÖ und Grüne ja prinzipiell ein Fairness-Abkommen für die Nationalratswahl nicht verneinen, stellt sich angesichts der ärger werdenden Schlammschlacht zwischen rot und schwarz die Frage, worauf noch gewartet wird. Ein dem Gebot der Fairness entsprechender Aktionsrahmen, wie jüngst durch uns präzisiert, soll möglichst rasch vereinbart werden", fordert FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky.

"Dies muss vor allem auch den Verzicht auf Regierungspropaganda jeglicher Art beinhalten, da dies eine Art parallele Parteienförderung darstellt. Gerade die aktuelle Diskussion über die Olympia-Inserate von Schüssel und Gorbach beweist, dass einigen dringend ein politisches Anstandskorsett angelegt werden muss", sagt Vilimsky.

"Unsere Einladung bleibt aufrecht: Setzen wir uns so rasch wie möglichen zusammen und handeln ein solches Fairness-Abkommen aus", appelliert Vilimsky an ÖVP, SPÖ und Grüne. 

 

Öllinger. Gesetzliche Richtlinien für Regierungswerbung dringender notwendig denn je
Wien (grüne) - Die Grünen fordern strenge gesetzliche Richtlinien für Regierungswerbung. Unter anderem möchte der stv. Klubobmann der Grünen Karl Öllinger konkrete Bestimmungen darüber, wie hoch der Informationsanteil der steuerfinanzierten Inserate ausfallen muss. Er kritisiert, dass die Koalition seit ihrem Antritt im Jahr 2000 71,4 Mio. Euro für Eigenwerbung ausgegeben hat. Besonders viel war es seinen Informationen zufolge in den Wahljahren 2002 und 2004.

"Es geht uns nicht darum, dass Informations-Arbeit stattfindet, sondern wie sie stattfindet", versichert Öllinger. So habe er nichts an einem Inserat auszusetzen, in dem das Finanzministerium über die Details des Lohnsteuerausgleichs informiert. Inserate in denen die Regierung nach dem Motto "Österreich hat es besser" oder "Zukunft Soziales Österreich" vorwiegend die eigene Arbeit lobt, sind für den Grün-Politiker jedoch "Missbrauch von Steuergeldern für Propaganda".

Auch den Informationswert des in den Sonntagszeitungen geschalteten Olympia-Inserats der Regierung ("Immer wieder Österreich") kann Öllinger nicht erkennen. Die Nutzung von Sport für Polit-Propaganda gebe es sonst "vorwiegend in Volksdemokratien", ätzt der Grün-Politiker. Er will die Regierung daher gemeinsam mit der SPÖ per Entschließungsantrag auffordern, Werbe-Richtlinien zu erlassen.

Öllinger kritisiert, dass die Regierung gerade in Wahljahren besonders freigiebig geworben habe. So seien 2001 14,1 Mio. Euro in Werbung geflossen, im Jahr der Nationalratswahl 2002 schon 16,3 Mio. und im Super-Wahljahr 2004 (EU, Präsidentschaft, Landtagswahlen) 17,8 Mio. Euro. Zahlen für 2005 liegen noch nicht vor. Vergleichszahlen mit der großen Koalition vor dem Jahr 2000 konnte Öllinger bei einer Pressekonferenz am Montag nicht nennen. Die damaligen Anfragen hätten keine wirklich vergleichbaren Ergebnisse erbracht. (apa) 

 

Lopatka: Bundes-SPÖ doppelbödig bei eigenen Olympia-Inseraten
Wien (övp-pk) - "Möglicherweise liegt es am Fasching, dass die SPÖ mit erheblichen Erinnerungslücken zu kämpfen hat. Tatsache ist, dass die SPÖ auf Gemeinde- und Landesebene eine Vielzahl an Olympia-Inseraten platziert hat. Die Vorwürfe gegen die Bundesregierung zeigen einmal mehr die Doppelbödigkeit der SPÖ", sagte ÖVP-Generalsekretär Dr. Reinhold Lopatka am Montag (27. 02.) in Richtung SPÖ-Rechnungshofsprecher Kräuter.

"Von Villach bis Salzburg wurden von Seiten der SPÖ viele Inserate mit Steuergeldern geschaltet. Die SPÖ treibt hier ein doppelbödiges Spiel", so der ÖVP-Generalsekretär, der abschließend betonte: "Es würde der Bundes-SPÖ besser anstehen, den erfolgreichen Olympioniken zu gratulieren, anstatt auch hier parteipolitisches Kleingeld machen zu wollen."

 

 Scheuch: Totale Scheinheiligkeit der Opposition
Wien (bzö) - Für Bündnissprecher DI Uwe Scheuch sind die Angriffe der Oppositionsparteien gegen die Bundesregierung in Sachen Olympia-Inserate an Scheinheiligkeit nicht mehr zu überbieten. "Es ist unglaublich, wie sich der Rechnungshofsprecher der größten Oppositionspartei hier aufplustert und mit welcher Verve er hier die herausragenden Erfolge der österreichischen Olympioniken dazu missbraucht, parteipolitisches Kleingeld zu wechseln. Scheinbar hoffen die Abgeordneten Kräuter und Darabos, es herrsche im Fasching auch in der Politik Narrenfreiheit, wenn sie glauben, dass die Öffentlichkeit ihr Spiel angesichts der vielen Gratulationsinserate ihrer Kärntner Parteikollegen, des SPÖ-Sportlandesrates und des Villacher SPÖ-Bürgermeisters, nicht durchschauen würde", so der Bündnissprecher.

Scheuch betont, wie wichtig angesichts der aktuellen Doping-Vorwürfe das Signal der österreichischen Bundesregierung war, dass sie hinter den erfolgreichen österreichischen Sportlerinnen und Sportlern steht. "Hier geht es um mehr, als nur um die Gratulation für herausragende Olympia-Erfolge. Es geht hier um ein Signal an die Öffentlichkeit und an die Jugend, dass das offizielle Österreich hinter den erfolgreichen und vor allem sauberen österreichischen Sportlern steht und dass wir es nicht zulassen, dass diese Sportler durch die Doping-Vorwürfe des IOC in Misskredit gebracht werden."

Für den BZÖ-Sprecher ist mit den heutigen Vorwürfen gegen die Regierung die Hilflosigkeit der Oppositionsparteien endgültig bewiesen. "Angesichts der eigenen Olympia-Inserate dort, wo sie Verantwortung trägt, macht sich die SPÖ einfach nur lächerlich. Schäbig wird die Sache dann, wenn die Opposition die großartigen Erfolge unserer Sportler nun dazu nutzt, Parteipolitik zu betrieben, anstatt sich hinter unsere Olympioniken zu stellen, ihre Erfolge zu würdigen und die vielen sauberen Sportler gegen die Doping-Vorwürfe in Schutz zu nehmen. Denn genau das tut diese Bundesregierung", so Scheuch abschließend.

 

Stellungnahme der Bundesregierung
Wien (bpd) - Das österreichische Olympiateam bei der Winterolymipade in Turin ist das erfolgreichste in der Geschichte unseres Landes. Die Leistungen der österreichischen Sportlerinnen und Sportler haben Österreich in die Top 3 der Weltrangliste der Sportnationen gehoben. Für Österreich bedeutet das einen immensen Imagefaktor als Tourismusland, insbesondere was den Wintersport betrifft. Der wirtschaftliche Nutzen für die Schi- und Bekleidungsindustrie etc. wird sich ebenfalls positiv auswirken. Die Erfolge der österreichischen Sportler haben für tausende Jugendliche Vorbildcharakter, sie sind Motivation und Ansporn für sportliche Betätigungen, die einen bedeutenden Gesundheitsaspekt mit sich bringen.

Die österreichische Bevölkerung hat die Sportbewerbe - insbesondere die alpinen und nordischen Wettkämpfe - mit großem Interesse verfolgt. Das zeigen die hohen Einschaltquoten bei den Live-Übertragungen im ORF. Die Bundesregierung hat darüber hinaus der Teilnahme der österreichischen Sportler an den Olympischen Spielen schon im Vorfeld hohe Bedeutung zugemessen. Die Förderung des Bundes für die Olympische Familie wurde seit dem Jahr 2000 verdoppelt (1,9 Mio €). In die Topsport-Förderung wird jährlich 2,7 Mio € investiert. An den 108 Sporthauptschulen und 20 Sportgymnasien, 13 Oberstufenrealgymnasien, 5 Sporthandelsschulen für Leistungssportler sowie 11 Hauptschulen und 6 Höheren Schulen ausschließlich für Schisport wird erfolgreiche Nachwuchsarbeit geleistet. Das österreichische Bundesheer bietet einer großen Zahl von Spitzensportlern bestmögliche Trainungs- und Wettkampfbedingungen.

Gerade angesichts der Ereignisse in Turin und des Verdachts um Doping gegen österreichische Sportler war es ein notwendiges Zeichen, dass Österreich und die Bundesregierung hinter den Spitzensportlern stehen. Durch dieses Signal soll auch deutlich gemacht werden, dass die Leistungen der Medaillengewinner im Vordergrund stehen.

Der Nutzen dieser Botschaft übersteigt bei weitem die Kosten für die Einschaltungen.
 
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