Österreichische Mittelstandsstrategie  

erstellt am
09. 03. 06

Bundesregierung diskutierte mit Experten
Wien (bpd) - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Vizekanzler Hubert Gorbach, Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Wirtschaftsminister Martin Bartenstein haben am Mittwoch (08. 03.) mit den Wirtschaftsexperten Karl Aiginger (Wifo), Bernhard Felderer (IHS) und Helmut Frisch (Staatsschuldenausschuss) über die österreichische Mittelstandsstrategie diskutiert.

Dabei wurden die bisher gesetzten Maßnahmen der Bundesregierung, etwa die begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne oder die Senkung der Körperschaftssteuer auf 25%, von den Experten positiv bewertet. Bundeskanzler Schüssel: „Wir werden jetzt auch auf europäischer Ebene im Rahmen des Frühjahrsgipfels besonders auf die Rahmenbedingungen für Klein- und Mittelbetriebe eingehen, da diese der größte Jobmotor Europas sind. Parallel dazu wollen wir auch in Österreich das Umfeld für den Mittelstand weiter optimieren.“ Dazu wurden die Experten in Zusammenarbeit mit den zuständigen Ministerien ersucht, Ideen und Vorschläge zur Stärkung des Mittelstandes zu entwickeln. Vizekanzler Gorbach: „Der politische Wille dafür ist nun gebildet. Wir denken voraus und stellen die Weichen für die Zukunft des Wirtschafts- und Beschäftigungsstandortes Österreich.“
     
Maßnahmenpakete und Steuerreform brachten mehr als 1,3 Mrd. Euro Entlastung für Klein- und Mittelbetriebe
Wien (bmf) - Durch die Maßnahmenpakete der Bundesregierung sowie die größte Steuerreform der 2. Republik, wurden vor allem die Klein- und Mittelbetriebe nach aktuellen Berechnungen in Summe mit mehr als 1,3 Mrd. Euro entlastet.

So konnten die KMU's durch die Tarifreform, die Abschaffung der Umsatzsondervorauszahlung, die steuerliche Begünstigung von nicht entnommenen Gewinnen, die Forschungsprämie bzw. den Forschungsfreibetrag, die Lehrlingsprämie, die Bildungsprämie, die Investitionszuwachsprämie, die Körperschaftssteuersenkung und weitere zusätzliche steuerliche Maßnahmen, wie steuerliche Begünstigungen von Betriebsübertragungen und die befristete vorzeitige Abschreibung, substantiell profitieren.

Da die KMU's der treibende Motor der Wirtschaft sind, ist es dieser Bundesregierung ein Anliegen das Erreichte nicht als das Endgültige zu sehen, sondern zusätzliche Maßnahmen zu planen, um hier weiter zu entlasten und zu fördern. Dazu wurden nun Experten in Zusammenarbeit mit den zuständigen Ministerien ersucht, weitere Ideen und Vorschläge zur Stärkung des Mittelstandes zu entwickeln.

 

Matznetter: Enttäuschend für KMU und nichts für den Mittelstand
Wien (sk) - Dass nunmehr die Regierungsspitze mit Kanzler Schüssel, Vizekanzler Gorbach, Finanzminister Grasser und Wirtschaftsminister Bartenstein "über einem Mittelstandspaket brütet", wertet SPÖ-Budget- und Finanzsprecher Christoph Matznetter als echten Erfolg des unermüdlichen Drucks der SPÖ, die seit Jahren den Fokus auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Klein- und Mittelbetriebe (KMU) und die finanzielle Stärkung des Mittelstands legt. Die Ergebnisse der Regierung sind, soweit sie bisher bekannt wurden, für Matznetter freilich enttäuschend: "Mini-Wahlzuckerln, die die Regierung als Riesenbonbons darstellen wird".

"Leider sind die Regierungsparteien auch beim Abschreiben der Ideen aus dem SPÖ-Wirtschaftsprogramm nicht in der Lage, ein umfassendes Konzept zu verwirklichen", so Matznetter am Mittwoch (08. 03.) gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. "Abgesehen davon, dass allein der kolportierte Umfang des Regierungspakets nur ein Fünftel der Geldgeschenke an die großen, internationalen Konzerne ausmacht (KöSt-Senkung und Gruppenbesteuerungsprivileg), fehlen die wichtigsten Maßnahmen, die die SPÖ seit Jahren fordert", betonte Matznetter.

Matznetter nannte dazu eine Reihe von einzelnen Punkten:

  • Umfassende Investitionsbegünstigung (Investititonsfreibetrag für alle Investitionen im Inland)
  • Umfassende Entlastung des Mittelstands mit Bruttobezügen von 2.000 bis 4.000 Euro um 300 bis 400 Euro.
  • für GründerInnen soll es Änderungen im Mietrecht geben zur Ermöglichung von Betriebsübernahmen in Ortszentren und Städten. Weiters: Maßnahmen zur Herstellung von Kreditfähigkeit bei Betriebsgründungen bzw. -übernahmen in Form von Bürgschaften der öffentlichen Hand (Wachstums- und Stabilitätsfonds für KMU)


Zur Finanzierung dieser Maßnahmen will Matznetter "faire 25 Prozent" Besteuerung von den Großbetrieben.

Trotz der Freude darüber, dass sich die Regierung überhaupt in Richtung KMU bewegen will, ist das bisherige Ergebnis für Matznetter enttäuschend. Der SPÖ-Finanzsprecher hält es generell für "beschämend für die Qualität der Regierungspolitik unter Schüssel, dass in den letzten sechs Jahren laufend gegen die Klein- und Mittelbetriebe und gegen den Mittelstand regiert wurde – und jetzt, fünf Minuten vor der Wahl, teilt die Regierung Mini-Wahlzuckerln aus, die mittels Regierungspropaganda als Riesenbonbons dargestellt werden".  

     
Plass: Mittelstandspaket ist mutlos und kommt zu spät
Wien (grüne) - "Während bei der Körperschaftssteuer und der Gruppenbesteuerung geklotzt wurde, wird jetzt beim Mittelstandspaket mutlos herumgekleckert", kritisiert Volker Plass, Bundessprecher der Grünen Wirtschaft, die am Mittwoch (08. 03.) angelaufene Mittelstandsoffensive der Bundesregierung. Aktivitäten in diesem Bereich seien zwar zu begrüßen, das schwarz-blau-orange Paket drohe jedoch zu einem parteitaktischen Husch-Pfusch-Programm knapp vor der Wahl zu werden: "Ein Volumen von 150 bis 200 Millionen Euro ist nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Für eine wirkliche Entlastung wäre ein vier- bis fünffach so großes Volumen nötig", meint Plass.

Besonderen Handlungsbedarf sieht Plass im Segment der Ein-Personen-Unternehmen, zu dem bereits 54 Prozent aller österreichischen Betriebe zählen, und im Bereich der etwa 135.000 Einnahmen-Ausgaben-Rechner. Neben dem von der Regierung angedachten Verlustvortrag wäre eine gerechtere Gewinnbesteuerung das wichtigste Thema: "Einnahmen-Ausgaben-Rechner haben praktisch keine Möglichkeit, stark schwankende Bemessungsgrundlagen aufeinanderfolgender Jahre auszugleichen. Lösungsansätze wären eine vorübergehend steuerbefreite Rücklage, um in guten Jahren ein wenig Geld für schlechtere Jahre zurückzulegen, oder eine Glättung der Bemessungsgrundlage über jeweils drei aufeinanderfolgende Jahre."

"Wir sind auch die einzigen, für die der Spitzensteuersatz von 50 Prozent tatsächlich gilt. Bei Unselbstständigen und Eigentümern von Kapitalgesellschaften beträgt der effektive Grenzsteuersatz maximal 43,75 Prozent", so Plass, der als Werbegrafiker selbst ein Ein-Personen-Unternehmen betreibt.

Statt weiterer Experimente mit einer Investitionszuwachsprämie schlägt Plass vor, als Investitionsanreiz endlich degressive Abschreibungsmodelle - etwa eine generelle 30-prozentige Abschreibung im ersten Jahr - einzuführen und die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter von 400 Euro auf 1.500 Euro anzuheben, was auch eine bürokratische Entlastung der Betriebe brächte.

Die Lohnabgabenbefreiung im Neugründungsförderungsgesetz (NEUFÖG) auch auf Firmen-Übernehmer auszudehnen, sei zu begrüßen, meint Plass: "Das NEUFÖG hat jedoch einen prinzipiellen Konstruktionsfehler, da die Befreiung derzeit ab dem Kalendermonat der Neugründung und nicht ab dem Dienstantritt des ersten Beschäftigten gilt." Auch eine generelle Anhebung des Freibetrages für lohnabhängige Abgaben sei ein wichtiges Thema: "Die derzeitige Regelung reicht im Normalfall nicht einmal aus, um Kleinunternehmen mit nur einem/r Dienstnehmer/in von den Lohnabgaben auszunehmen", so Plass abschließend.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

     
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