Entscheidungszentralen als Wachstums- und Jobmotor
Wien (PdI) - „Angesichts der wachsenden internationalen Herausforderungen muss unser gemeinsames
Ziel sein, die Attraktivität des Standortes Österreich für Entscheidungszentralen international
tätiger Betriebe zu sichern und auszubauen“, erklärte der Präsident der Industriellenvereinigung,
Dr. Veit Sorger am Montag (20. 03.) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Vorstandsvorsitzenden der
voestalpine AG und Vorsitzenden des IV-Ausschusses für Bildung, Innovation und Forschung, Dr. Wolfgang Eder,
der Generaldirektorin der Siemens AG Österreich, Mag. Brigitte Ederer und Dr. Wolfgang Ruttenstorfer, Generaldirektor
der OMV AG zur neuen Studie des Industriewissenschaftlichen Instituts (IWI) im Auftrag der Industriellenvereinigung
(IV). Durch die Studie „Leading Competence Units in Österreich 2005“ konnte die Bedeutung von 47 ausgewählten
Entscheidungszentralen internationaler, standortmobiler, großer Unternehmen - „Leading Competence Units (LCUs)“
- für den Wirtschaftsstandort Österreich und die österreichische Volkswirtschaft erstmals qualitativ
und quantitativ erfasst werden. Für den Innovationsbereich liefert die IV damit konkrete österreichische
Zahlen zum „AHO-Report“ (Creating an innovative Europe), der Anregungen zur Steigerung der europäischen Innovationsleistung
liefert und von einer hochrangigen, unabhängigen Expertengruppe im Auftrag der Europäischen Kommission
vorgelegt wurde. Eine der im Report enthaltenen Feststellungen fordert die Politik auf, dem entscheidenden Beitrag,
den große Unternehmen zum Innovationssystem leisten, Rechnung zu tragen.
Schaltstellen für Forschung - Schrittmacher für Innovation
Die Studie kommt zum Ergebnis, dass LCUs für den Standort Österreich überragende Bedeutung
haben. Die 47 untersuchten Leitbetriebe investieren rund 1,61 Mrd. Euro in Forschung&Entwicklung (F&E).
Das sind 30,09 Prozent der gesamten F&E-Ausgaben Österreichs. Sie sind damit zentrale Schaltstellen in
Forschungs-, Technologie- und Innovationsnetzwerken. Im Verbund mit Klein- und Mittelbetrieben (KMU) sind sie die
beste Zukunftssicherung für den Standort Österreich sowie Schrittmacher für Wachstum und Innovation
und damit für Wohlstand und Beschäftigung.
„Der Standort Österreich benötigt daher beides: Klein- und Mittelbetriebe als Rückgrat der heimischen
Wirtschaft und größere international agierende LCUs, die für viele KMU Kristallisationspunkt und
Garant von Beschäftigung, Wertschöpfung sowie Forschung&Entwicklung sind. Das Gegeneinander-Ausspielen
von großen und kleinen Unternehmen halten wir für überholt und kontraproduktiv, denn Groß
braucht Klein und Klein braucht Groß. Die Wirtschaft von heute ist unteilbar - sie lebt von der Dynamik zwischen
den unterschiedlichsten Unternehmen“, betonte Sorger.
Arbeitszeitflexibilisierung für Betriebe am wichtigsten
„Wie die IWI-Studie zeigt, messen die österreichischen Leitbetriebe vor allem den Bereichen Arbeitsflexibilisierung
(Arbeitszeit, Entgeltsysteme) und der Verfügbarkeit von hochqualifizierten ausländischen und inländischen
Arbeitskräften die größte Bedeutung zu, wenn es um die Attraktivität von Wirtschaftsstandorten
geht“, betonte der IV-Präsident. Neben der Energieversorgung wird auch die F&E-Förderung (direkte
und indirekte) als prominenter Faktor der Standortattraktivität eingestuft, was wiederum die große Bedeutung
von Forschung, Entwicklung und Innovation für LCUs widerspiegelt.“
47 Leitbetriebe kooperieren mit fast 40.000 KMU
Die neue Studie über Konzernzentralen in Österreich belege eindrucksvoll, welche enormen direkten und
indirekten Effekte diese untersuchten Leitbetriebe auf die Volkswirtschaft Österreichs ausüben, so Sorger
weiter. „Die erfassten 47 Leitbetriebe in Österreich kooperieren mit rund 54.000 Zulieferbetrieben, davon
sind 72,5 Prozent, fast 40.000, KMU. Dies ist ein Effekt, der vielfach unterschätzt wird und zeigt, welchen
Impuls diese Leitbetriebe zur Bewältigung der schwierigen Lage am Arbeitsmarkt liefern“, sagte der IV-Präsident.
IV-Strategie für Leitbetriebe - LCU-„Verträglichkeit“ prüfen
Dr. Wolfgang Eder, Vorsitzender des Vorstandes der voestalpine AG und Vorsitzender des IV-Ausschusses für
Bildung, Innovation und Forschung erklärte, die Industriellenvereinigung verfolge im Rahmen ihrer „Strategie
für Leitbetriebe“ einen „integralen Ansatz von LCU-, d.h. Industrie- und KMU-Politik“. Es gelte, „neue“ Leitbetriebe
nach Österreich zu bringen bzw. bestehende durch verbesserte Rahmenbedingungen in Österreich zu halten
und hier zu neuen Investitionen zu ermutigen. Dabei stellen die KMU mit ihren spezifischen Kompetenzen und Fähigkeiten
eine unverzichtbar Ergänzung zu den Leitbetrieben dar. Wichtig sei, alle standortpolitischen Themen künftig
auch im Hinblick auf die Attraktivität für Leitbetriebe kritisch zu prüfen („LCU-Check“).
Eder: Aus- und Weiterbildung wichtiger Standortfaktor
Für Wolfgang Eder zählen hoch qualifizierte, mobile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen ein
interessantes, anspruchsvolles und internationales Umfeld geboten wird zu einem der wichtigsten Standortfaktoren
für Leitunternehmen.
Gerade der Bereich Bildung stelle demnach künftig die zentrale Herausforderung für den Standort Österreich
dar, denn ohne qualitativ anspruchsvolles Bildungssystem erübrigt sich auch jede Überlegung in Richtung
Top-Position bei F&E von vornherein. „Eigentlich gehen wir von guten Voraussetzungen aus. Wir haben qualifizierte,
motivierte Mitarbeiter, eine durchaus gut ausgebildete Jugend und auch ein Bildungswesen, das - noch - besser als
sein Ruf ist“, erklärte Eder. Die Bildungs-, Wissenschafts- und Hochschulpolitik sei aber mehr als bisher
gefordert, sich an internationalen Spitzenstandards zu orientieren. Nur dann wird es künftig möglich
sein, Kompetenzzentralen auch ein ausreichendes Angebot an hoch qualifizierten Mitarbeitern zur Verfügung
zu stellen. Leitunternehmen seien andererseits ein Garant dafür, dass viele hoch qualifizierte Hochschulabsolventinnen
und -absolventen, Forscherinnen und Forscher, Technikerinnen und Techniker auch anspruchsvolle Berufsmöglichkeiten
erhalten.
Ederer: F&E Basis für Wohlstand von morgen
Die Generaldirektorin des größten heimischen F&E-Investors, der Siemens AG Österreich, Mag.
Brigitte Ederer, ist überzeugt, dass Forschung und Entwicklung eine entscheidende Basis für die Sicherung
des Wohlstandes von morgen bilden. „Das österreichische Innovationssystem braucht vor allem die Stärken
und das internationale Know How der Konzernzentralen, in deren Umfeld sich auch die KMU entwickeln können.
Daher müssen Investitionen der Unternehmen in Forschung- und Technologieentwicklung als Zukunftsinvestitionen
gesehen und durch entsprechende Anreizsysteme gefördert werden“, betonte Ederer. Die grundsätzlichen
Rahmenbedingungen - wie etwa Steuerfreibeträge - seien gegeben. Nun gelte es aber diese gute Ausgangsposition
Österreichs abzusichern und durch eine neue Prioritätensetzung im Forschungsbereich zu ergänzen.
Innovationskultur, langfristige Stärkung des Innovationsstandortes in seiner Gesamtheit, Bildung und „kreative
Köpfe" im Zentrum des Innovationsgeschehens müssen dabei als neue thematische Schwerpunkte definiert
werden.
Ruttenstorfer: Planungssicherheit und Infrastruktur wichtig für Standort
Dr. Wolfgang Ruttenstorfer, Generaldirektor der OMV AG, skizzierte die Rolle des Unternehmensstandortes Österreich
für ein sich zunehmend internationalisierendes Unternehmen wie die OMV. Er sieht in der Rechts- und Planungssicherheit
und einer entsprechenden Infrastruktur wichtige Rahmenbedingungen für die Zukunftssicherung des Standortes.
Dies gelte sowohl für ein leistungsfähiges und gut ausgebautes Verkehrsnetz innerhalb Österreichs
und zu den Nachbarn, als auch für eine qualitativ hochwertige informations- und kommunikationstechnische Infrastruktur
(IKT). „Entscheidend sind weiters "better regulation" in der öffentlichen Verwaltung, sowie eine
Überprüfung aktueller Rechtsvorschriften, um für expansionsorientierte Entscheidungszentralen den
Standort Österreich weiterhin attraktiv zu gestalten“, so Ruttenstorfer.
Die Studienergebnisse im Detail - Beeindruckende Leistungen der 47 LCU’s/Leitbetriebe in Österreich
Die 47 in der Studie untersuchten Unternehmen
- bewirken eine generierte Produktion von rund 48,66 Mrd. Euro (11,68 Prozent des Produktionswertes Österreichs
im Jahr 2004),
- generieren rund 19,50 Mrd. Euro an Wertschöpfung pro Jahr (9,17 Prozent der Bruttowertschöpfung Österreichs),
- generieren bis zu 265.000 Arbeitsplätze (6,41 Prozent der Gesamtbeschäftigung Österreichs),
- generieren rund 10,39 Mrd. Euro an Arbeitnehmerentgelten (8,91 Prozent der gesamten Arbeitnehmerentgelte),
- bewirken ein generiertes Investitionsvolumen von rund 2,95 Mrd. Euro (5,82 Prozent der gesamten Bruttoinvestitionen),
- investieren rund 1,61 Mrd. Euro in F&E (30,09 Prozent der gesamten F&E-Ausgaben Österreichs),
- exportieren Waren im Wert von 20,20 Mrd. Euro pro Jahr (22,48 Prozent der gesamten Warenexporte),
- investieren pro Jahr rund 97,1 Mio. Euro in Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen,
- 28 LCUs investieren im Ausland (Foreign Direct Investments; FDI) rund 4,24 Mrd. Euro (8,51 Prozent der gesamten
FDIs).
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