Debatte über EU-Skepsis  

erstellt am
16. 03. 06

 Gusenbauer verlangt Änderung der EU-Politik für mehr Wachstum und Beschäftigung
Wien (sk) - SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer und SPÖ-Europasprecher Caspar Einem befassten sich am Mittwoch (15. 03.) in einer Pressekonferenz ausführlich mit der immer wieder beklagten EU-Skepsis im Land. "Mein Eindruck ist, die Menschen haben ein bedeutend realistischeres Bild von dem, was vor sich geht, als manche die glauben, sie müssen die Meinung der Bevölkerung interpretieren", sagte Gusenbauer. Gusenbauer und Einem verlangten mit Nachdruck eine Änderung der EU-Politik zur Stärkung von Wachstum und Beschäftigung; nur so sei das Vertrauen der Bevölkerung wiederzugewinnen. Gusenbauer: "Jeder, der glaubt, dass man an der derzeitigen EU-Politik nichts ändern muss, wie das die ÖVP und Wolfgang Schüssel tun, der ist ein bekennender Totengräber des europäischen Projekts."

Gusenbauer legte eine Reihe von Umfragedaten zur Einstellung der Österreicher zur EU bzw. zur Arbeit der Regierung Schüssel vor. So glauben 51 Prozent, dass sich die Regierung in der EU nicht für Österreich einsetzt; nur 29 Prozent sind der Ansicht, dass die EU gegen Österreichs Interessen arbeitet. Das sei eben keine EU-Kritik, betonte Gusenbauer, sondern eine Kritik an dem, was die Regierung Schüssel macht.

Die Hauptursachen für die Wirtschaftsprobleme Österreichs sind folgendermaßen gereiht: 38 Prozent glauben, die Regierung fördert nur Großunternehmen statt KMUs; 34 Prozent nennen die EU-Richtlinien und EU-Politik, 24 Prozent hohe Steuern und 23 Prozent fehlende Investitionen in die Bildung. Entsprechend sind die Anliegen der Österreicher an die EU: 40 Prozent wollen den Zugang zu den Arbeitsmärkten beschränken, 39 Prozent sind für eine gerechtere Verteilung der Aslysuchenden, 35 Prozent für mehr Bürgernähe und Transparenz und 32 Prozent treten für einen europäischen Wachstums- und Beschäftigungsfonds ein.

Diese Ansprüche hält Gusenbauer für außerordentlich berechtigt angesichts der hohen und weiter steigenden Arbeitslosigkeit. Und er verwahrte sich dagegen, dass diese berechtigten Anliegen der Bevölkerung als "EU-Skepsis" dann vorgehalten werde. Hier zeigte Gusenbauer den Unterschied zwischen SPÖ und ÖVP auf: Die SPÖ ist bereit, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen, während die ÖVP alles so lassen will, wie es ist.

Diese unterschiedlichen Ansätze finden sich dann auch in der Umfrage wieder: 75 Prozent stimmen der Aussage zu, "die EU-Krise kann durch Investitionen in die Arbeitsplätze und die Bewahrung von Gesundheits- und Pensionssystemen gelöst werden"; nur 17 Prozent Zustimmung gibt es zum Ansatz von Kanzler Schüssel, der gesagt hatte: "Es gibt keine EU-Krise; die Mitgliedsstaaten müssen nur ihre Sozialsysteme und Arbeitsmärkte reformieren".

Dazu Gusenbauer: "Jeder, der glaubt, dass man an der derzeitigen EU-Politik nichts ändern muss, wie das die ÖVP und Wolfgang Schüssel tun, der ist ein bekennender Totengräber des europäischen Projekts." Dem SPÖ-Vorsitzenden geht es darum, das Vertrauen in die EU wiederherzustellen, weil: "Die EU kann das richtige Instrument sein, um die Auswirkungen der Globalisierung in Europa zu bewältigen", in ihrer derzeitigen Verfassung sei sie das leider nicht.

Einems Bilanz über Schüssels EU-Vorsitz: "Die Ergebnisse sind doch sehr dürftig"
Eine Zwischenbilanz über die bisherige österreichische EU-Ratspräsidentschaft zog SPÖ-Europasprecher Caspar Einem. Sein Resümee: "Die Ergebnisse sind doch sehr dürftig". Was fehle, seien konkrete Maßnahmen für zusätzliches Wachstum und Beschäftigung. Seit Jahren sei nichts getan worden, um die Binnennachfrage zu stärken, ein Kurs unter dem Arbeitnehmer ebenso zu leiden haben wie kleine und mittlere Unternehmen.

Die österreichischen Regierungsmitglieder und Kanzler Schüssel seien dabei sowohl in Österreich als auch in ihrer Funktion als EU-Ratsvorsitzende "jede Initiative schuldig geblieben", sagte Einem. Auch bei der umstrittenen Dienstleistungsrichtlinie sei der österreichische Wirtschaftsminister Bartenstein bis zum Schluss immer auf der Seite des ursprünglichen Bolkestein-Entwurfs gestanden, erst der Widerstand der Gewerkschaften und das Europäische Parlament hätten Änderungen erzwungen.

"Die Regierung nimmt die EU-Skepsis der Bevölkerung nicht ernst", kritisierte Einem. Es brauche Maßnahmen für mehr Wachstum und mehr Beschäftigung, "damit es wieder aufwärts geht", dann werde auch das Vertrauen der Bevölkerung in die EU zurückkehren, argumentierte der SPÖ-Europasprecher. Konkret verlangt er, dass die Lissabon-Ziele auch tatsächlich umgesetzt werden.

Das heiße auch, dass mehr Geld für Bildung, Forschung und Entwicklung zur Verfügung gestellt wird. Die dafür notwendige Vereinbarung gebe es freilich weder auf EU-Ebene zwischen den Regierungschefs, noch lasse die österreichische Regierung auf nationaler Ebene eine Bereitschaft dazu erkennen.

Um das Vertrauen der Konsumenten wiederherzustellen brauche es verbindliche Maßnahmen zur Stärkung von Kaufkraft und Binnennachfrage. Derzeit gehe die europäische Politik freilich in die andere Richtung; denn die Folge der Infragestellung der sozialen Sicherungssysteme (Krankenversicherung, Pensionen, Arbeitslosenversicherung) sei eben Angstsparen; obwohl Geld vorhanden wäre, fließt es nicht in den Konsum.

Gusenbauer erneuerte auch die Kritik an der Umfrage-Methode von Peter Ulram für das Fessel-Institut, die unter den Unterzeichnern des FPÖ-Volksbegehrens einen 33-Prozent-Anteil von SPÖ-Wählern ausweist. Die Befürchtungen anderer Meinungsforscher, dass die gesamte Meinungsforscherbranche durch solche Methoden in Misskredit komme, seien berechtigt, meinte Gusenbauer.

Zum angekündigten neuerlichen Abfangjäger-Volksbegehren meinte Gusenbauer, dass eine SPÖ-geführte Regierung als erstes die Beschaffungsverträge prüfen werde und jede Möglichkeit zum Ausstieg nutzen werde.

Auf die Frage, wie sich eine mögliche Kandidatur des derzeitigen EP-Abgeordneten Hans-Peter Martin auswirken werde, sagte Gusenbauer: Die Hauptfrage bei der kommenden Nationalratswahl laute "Kurswechsel ja oder nein?", die Hauptauseinandersetzung werde mithin zwischen der SPÖ, die mit Konzepten für Beschäftigung, Bildung und ein faires Gesundheitssystem antrete, und der ÖVP, die für Zwei-Klassen-Medizin und Rekordarbeitslosigkeit verantwortlich sei, geführt werden.

Zu Martin und auch zu FPÖ-Chef Strache bemerkte Gusenbauer außerdem, dass es von ihnen im Unterschied zur SPÖ keinen einzigen Vorschlag für eine Lösung der derzeitigen EU-Krise gebe. Sie seien Trittbrettfahrer, die die Probleme der Menschen letztlich nicht ernst nehmen würden.

Zum von Seiten der ÖVP routinemäßig der SPÖ gemachten Populismus-Vorwurf bemerkte Gusenbauer: "Die ÖVP wird auch noch die letzten EU-Anhänger vertreiben, wenn sie keinerlei Änderungen zulassen will." Gusenbauer kritisierte das von der ÖVP offenbar gewünschte Kritik-Verbot als undemokratisch, damit werde die EU-Skepsis nur noch verstärkt. In dem Zusammenhang meinte Gusenbauer noch, dass der NÖ LH Erwin Pröll in seinem Tonfall an die 30er Jahre der letzten Jahrhunderts erinnere.

 

Spindelegger: SPÖ erreicht Tiefpunkt politischer Kultur
Wien (övp-pk) - Als "absoluten Tiefpunkt politischer Kultur und fairer Auseinandersetzung" bezeichnete ÖVP- Klubobmann-Stellvertreter Abg.z.NR Dr. Michael Spindelegger die Aussagen von SPÖ-Chef Gusenbauer in dessen Pressekonferenz, wonach er einer Umfrage des unabhängigen Fessel- Institutes "den Wert eines intensiven Mittelfinger-Lutschens" attestierte. "Nur wenn einem die Ergebnisse einer Umfrage nicht passen, muss man nicht gleich in die unterste Schublade greifen", mahnte Spindelegger. "Solche Anwürfe müssten selbst einem gestandenen Roten die Schamesröte ins Gesicht treiben."

Darüber hinaus erklärte Spindelegger, die Themen Wachstum und Beschäftigung hätten für die österreichische EU-Ratspräsidentschaft Priorität Nummer eins. "Die österreichische Bundesregierung hat die richtigen Themen für die Ratspräsidentschaft gewählt." Deshalb meinen 52 Prozent der Bevölkerung, dass sich die Bundesregierung "sehr gut" bis "ganz ordentlich" schlage, so Spindelegger eine OGM- Umfrage aus dem aktuellen Profil zitierend. "Die SPÖ eifert lieber weiter mit der Strache-FPÖ, Martin und Co im Anti-EU-Populismus um die Wette, während wir für Österreich und Europa arbeiten."

"Sozial ist, was Arbeit schafft", das sei das Credo der ÖVP und bleibe auch das Motto auf europäischer Ebene. Deshalb werde beim März-Gipfel nächste Woche Wachstum und Beschäftigung im Mittelpunkt stehen. Auch sei darauf hingewiesen, dass die Sozialpartner dabei intensiv eingebunden sind. "In Österreich hat die Bundesregierung bereits ein ganzes Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit im Rahmen von 285 Millionen Euro auf die Beine gestellt, welches bereits zu greifen begonnen hat", betonte Spindelegger. Dagegen hätten die zahlreichen Beispiele von SPÖ- Misswirtschaft tausenden Menschen den Arbeitsplatz gekostet und Unmengen an Volksvermögen vergeudet. Außerdem fehle zu den jetzigen SPÖ-Skandalen bei AMAG und ARBÖ immer noch eine Stellungnahme von Gusenbauer, so Spindelegger abschließend.

 

Scheuch: Unerträgliche SPÖ-Misswirtschaft in allen Bereichen
Wien (bzö) - Bündnissprecher NRAbg. DI Uwe Scheuch warnte am Mittwoch (15. 03.) angesichts der sozialistischen Misswirtschaft in vielen Breichen vor einer möglichen Regierungsbeteiligung der SPÖ nach der kommenden Nationalratswahl. "Wenn wir uns die Liste der SPÖ-Malversationen in den letzten Jahren und Jahrzehnten ansehen, müssen wir mit aller Kraft gegen einen SPÖ-Erfolg bei der nächsten Nationalratswahl kämpfen. Denn wenn man sich die Misswirtschaft der SPÖ auf Länder- und Gewerkschaftsebene ansieht, schaudert einem davor, welchen Schaden diese Partei erst auf Bundesebene anrichten würde", so Scheuch.

In der Vergangenheit gehe das von der Verstaatlichten Wirtschaft, über die Konsum-Pleite bis zum Verscherbeln der Bank Austria, wo es die SPÖ geschafft habe, den Verlust von über einer Milliarde Euro zu verantworten. "In der jüngsten Zeit sind es die hochspekulativen Geschäfte der Gewerkschaftsbank BAWAG, wo 425 Millionen Euro an einem Nachmittag in den Sand gesetzt wurden, die jährlichen Millionenverluste in den Bilanzen des ÖGB und die jüngsten Missstände im SPÖ-nahen Autofahrerklub ARBÖ. Und da kommen wir erst zur Bank Burgenland, wo eine Landeshaftung für Schuldverschreibungen in Höhe von 700 Millionen Euro besteht. Hier schafft es die SPÖ auch beim x-ten Versuch nicht, einen Verkauf der Bank ordnungsgemäß über die Bühne bringen", so der BZÖ-Sprecher weiter.

Für Scheuch ist es bezeichnend, dass dann, wenn die SPÖ in die Enge getrieben wird, wie etwa im Fall ARBÖ oder im Zuge des BAWAG-Refco-Debakels, keinerlei Erklärungen von Spitzenrepräsentanten dieser Partei kommen. "Was sollten sie auch sagen? Etwa zugeben, dass sie in Wirtschaftsangelegenheiten permanent versagen? Es ist wohl für alle Beteiligten das Beste, wenn die SPÖ nicht mehr in die Verlegenheit einer Regierungsverantwortung auf Bundesebene kommt."  

 

Mölzer: Direkte Demokratie europaweit stärken
Bürger sind einziger Regulator gegen korrumpierte politische Pseudo-Eliten
Wien (fpd) - "Die Stärkung der direkten Demokratie ist ein Gebot der Stunde, um dem Willen der Bürger zum Durchbruch zu verhelfen", meint der freiheitliche EU-Abgeordnete Andreas Mölzer. "Denn die politischen Pseudo-Eliten in den etablierten politischen Parteien sind von der Political Correctness korrumpiert und fühlen sich deshalb auch nicht den Wählern verantwortlich. Daher müssten
Volksbegehren, wenn sie von wenigstens fünf Prozent der Wähler unterzeichnet wurden, einer Volksabstimmung unterzogen werden", fordert Mölzer.

"Dass die Bürger der einzige Regulator gegen Fehlentwicklungen auf nationaler wie auch auf EU-Ebene sind, haben die Verfassungsreferenden in Frankreich und in den Niederlanden gezeigt. In beiden Ländern hat der Souverän der Zwangsbeglückung durch die Zentrale eine klare Abfuhr erteilt", betont der freiheitliche EU-Mandatar. Wie groß in der EU das Misstrauen den Bürgern gegenüber ist, zeigt auch die EU-Verfassung. Denn das als Bürgerinitiative bezeichnete Volksbegehren ist kein Teil des "Grundsatzes der partizipativen Demokratie", sondern eignet sich im besten Fall zur Schubladisierung", kritisiert Mölzer.

"Die Umsetzung der direkten Demokratie, auch europaweit, hat für die EU-Polit-Nomenklatura unangenehme Folgen. So lässt sich beispielsweise die Dienstleistungsrichtlinie, die eines der Schwerpunkte des EU-Gipfels Ende nächster Woche sein soll, nicht mehr so leicht gegen den Willen der Bürger durchziehen", erklärt Mölzer.

 

 Brosz: EU-Sparkurs bei Bildung muss aufhören
Wien (grüne) - „Die EU muss deutlich mehr in Bildung investieren“, fordert Dieter Brosz, Bildungssprecher der Grünen anlässlich des morgen beginnenden EU-Bildungsgipfels in Wien. „An den Schulen, an den Universitäten und an Fachhochschulen – für all diese Bereiche geben die USA und Japan mehr aus als die EU", so Brosz. „Nur gut ausgebildete Jugendliche können auf dem Arbeitsmarkt bestehen. Die bestmögliche Bildung muss daher das Ziel sein. Die Bildungsministerin sollte beim Gipfeltreffen daher ein klares Bekenntnis zu einer höheren Finanzierung der Schulen und Universitäten abgeben und sich vom europaweiten Bildungssparkurs, den sie bisher mitgetragen hat, verabschieden“, schließt Brosz.
     
zurück