Reden von Landtagspräsident Johann Hatzl und Bürgermeister Dr. Michael Häupl
Wien (rk) - Am Donnerstag um 9.30 Uhr begann im Festsaal des Wiener Rathauses die Trauersitzung für
Altbürgermeister Mag. Leopold Gratz. Bundespräsident Dr. Heinz Fischer, die Familie sowie hohe Vertreter
der Glaubensgemeinschaften, Spitzen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Verwaltung nahmen teil. Die Trauerfeier
wurde von den Wiener Sängerknaben umrahmt.
Erster Landtagspräsident Johann Hatzl sagte, Österreich und Wien habe mit Leopold Gratz einen Vollblutpolitiker
und einen Wegbereiter der Demokratie verloren. Er habe ihm als Freund und politischen Lehrmeister viel zu danken.
Der Verstorbene habe es verstanden, auf Menschen zuzugehen, ihnen zuzuhören. Er sei für mehr Rechte für
die Bürger persönlich eingetreten, in seiner Amtszeit wurde die Bürgerbeteiligung verwirklicht.
Leopold Gratz war für alle Wiener da, für alle, die hier eine Heimat gefunden haben. Hatzl erinnerte
an die großen kommunalpolitischen Leistungen, wie die Errichtung des U-Bahn-Grundnetzes, die Donauinsel,
die Stadterneuerung und die großen Spitalsbauten. Gratz habe immer hohes Vertrauen in die Menschen gesetzt,
vor allem in seine Mitarbeiter. Dieses Vertrauen, so Hatzl, sei leider manchmal auch missbraucht worden. Leopold
Gratz habe aber im besonderen Maße die Zuneigung der Wienerinnen und Wiener gehabt. |
Rede von Bürgermeister Dr. Michael Häupl
An die Spitze seiner Rede stellte Wiens Bürgermeister Dr. Michael Häupl ein Zitat des verstorbenen
Altbürgermeisters aus dessen Antrittsrede vor dem Wiener Gemeinderat im Jahr 1973, die Gratz als überzeugten
Demokraten und leidenschaftlichen Parlamentarier ausweisen und als einen Politiker erkennen lassen, dem der Kontakt
mit den Menschen ein besonderes Anliegen war. Leopold Gratz war, so Häupl, angetreten, um Wien wieder eine
positive Zukunftsperspektive zu geben. Gratz habe die Politik der 70er- und 80er-Jahre entscheidend geprägt
und die Weichen für einen erfolgreichen Weg Wiens ins 21. Jahrhundert gestellt. Der Aufstieg Wiens zu einer
weltoffenen, pulsierenden, internationalen Metropole und zur Stadt des Miteinander sei zweifellos zum Großteil
ein Verdienst von Leopold Gratz gewesen.
Häupl zeichnete die Biografie von Leopold Gratz nach und hob dabei u.a. die Tätigkeiten des Verstorbenen
als Zentralsekretär der SPÖ, als Unterrichts- und später Außenminister sowie als Nationalratspräsident
hervor. Besonders widmete er sich der Amtszeit von Gratz als Wiener Bürgermeister: Zu den großen kommunalen
Leistungen des Verstorbenen zählen, so Häupl, die Neugestaltung des Donaubereiches, der Ausbau der Donauinsel
und der Neuen Donau, die Fertigstellung des U-Bahn-Grundnetzes und die Errichtung großer Fußgängerzonen.
An große Bauvorhaben erinnerte Häupl, wie z.B. an den Bau der UNO-City, der Südosttangente, der
Neuen Donau-Brücken, des neuen AKH, der Hauptkläranlage sowie an die Errichtung des Kurparks und der
Therme Oberlaa. Gratz habe auch die ausufernde Stadterweiterung eingedämmt und die Wende zur Stadterneuerung
eingeleitet. In der Ära von Gratz seien die sozialen Dienste ausgebaut worden und vor allem die Stadtverfassung
reformiert worden. In der Amtszeit von Leopold Gratz seien die direktdemokratischen Instrumente von Volksbegehren,
Volksbefragung und Volksabstimmung geschaffen worden, im Landtag und Gemeinderat wurde die Fragestunde eingeführt
und die Bezirke mit zusätzlichen Kompetenzen ausgestattet.
"Über all dem steht aber die Person und der Mensch Leopold Gratz", so Häupl. Gratz habe "Sonnenschein
in den politischen Alltag gebracht", seine Belesenheit und Freundlichkeit, sein Optimismus und seine Hilfsbereitschaft
seien beeindruckend gewesen. "Ja, wir können stolz sein auf das Erbe das Leopold Gratz uns hinterlassen
hat, wir werden sorgsam und in steter Dankbarkeit daran weiterarbeiten", schloss Häupl. |