Memorandum: Landwirte mit Versicherungen für Wettbewerbsdruck rüsten
Brüssel (bmaa) - Ein Schwerpunkt der österreichischen Ratspräsidentschaft ist eine
Überarbeitung der EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung vom Juni 2005 im Einklang mit der Lissabon-Strategie,
mit der die EU bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt werden soll, sowie
mit der zunehmenden globalen Verflechtung. Die Agrarminister führten dazu eine Orientierungsdebatte, deren
Ergebnis Ratsvorsitzender Josef Pröll in die Vorschläge der österreichischen Präsidentschaft
für den Europäischen Rat im Juni einfließen lassen will. Dort soll die neue Nachhaltigkeitsstrategie
der EU verabschiedet werden.
Die österreichische Präsidentschaft führt die Diskussion auf Basis eines von der Ratsarbeitsgruppe
"Friends of the Presidency" ausgearbeiteten Fragebogens und einer Kommissions-Mitteilung vom Dezember
2005 in allen Ratsformationen. Damit soll der horizontale Charakter der Nachhaltigkeitsstrategie durch alle Politikbereiche
gezogen und die Kohärenz der Maßnahmen sichergestellt werden.
Eine Reihe von Landwirtschaftsministern betonte gestern, die jüngsten Reformen der EU-Agrarpolitik GAP - insbesondere
durch die Einführung der Cross-Compliance und der Modulation - und der Gemeinsamen Fischereipolitik seien
wesentlichste Errungenschaften in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung. Der Rat trage weiters durch die Auseinandersetzung
mit dem Bio- und Biomasse-Aktionsplan sowie mit den Verordnungen zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen
beziehungsweise zu traditionellen Spezialitäten zum Nachhaltigkeitsziel bei. Eine Reihe von Landwirtschaftsministern
bemerkte, die Erneuerung der Nachhaltigkeitsstrategie dürfe nicht auf Kosten der EU- Landwirtschaft und Fischerei
erzielt werden, da sich Drittländer oftmals nicht an vergleichbare nachhaltige Entwicklungsprinzipien hielten.
Zeit für WTO-Verhandlungen drängt
Fischer Boel informierte den Rat über den Stand der WTO-Verhandlungen. Am 10.03. fand ein Treffen der sechs
wichtigsten Handelsmächte G6 (EU, USA, Brasilien, Indien, Australien und Japan) in London statt. Unter der
Leitung von EU-Handelskommissar Peter Mandelson diskutierten die G6 vor allem den Marktzugang für nicht-agrarische
Produkte (NAMA) und Landwirtschaft. Dabei habe es keine wesentlichen Fortschritte bei den internen Beihilfen, bei
Exportwettbewerb und NAMA gegeben. Die Kommissarin stellte fest, dass die von der EU angebotene schrittweise Reduzierung
der Exportstützungen bis 2013 eher dem Wert als dem Volumen nach vorgenommen werden sollte. Zusätzlich
machte sie klar, dass das Angebot der EU einen realen Marktzugang für Drittländer schaffen werde. Bei
den geografischen Herkunftsangaben sprach sie sich für eine Ausweitung der geschützten Produkte außer
Wein und Spirituosen und deren Codifizierung auf WTO-Level aus. Sie betonte die Notwendigkeit einer ausbalancierten
und globalen Lösung und ersuchte um Einheit und Solidarität der Mitgliedstaaten. Die Zeit für eine
Einigung bis Ende April sei extrem knapp. Deshalb müsse eine spezielle Sitzung in der Woche vom 17.04. die
Themen NAMA, interne Stützungen und Marktzugang erfolgreich bewältigen.
Memorandum: Landwirte mit Versicherungen für Wettbewerbsdruck rüsten
Frankreich hat dem Agrarministerrat ein Memorandum vorgelegt, das Nachbesserungen der GAP-Reform von 2003 vorsieht,
damit die Landwirte dem zunehmenden Wettbewerbsdruck standhalten können. Unter anderem fordert es den Ausbau
von Versicherungssystemen für Landwirte, damit die Bauern nicht übermäßig künftig durch
die Reform zunehmenden Preis- und Einkommensschwankungen ausgeliefert werden. So sollte beispielsweise die zweite
Säule der GAP, Ländliche Entwicklung, die Kofinanzierung von Preissicherungsfonds mit EU-Geld ermöglichen.
Weiters werden Vereinfachungen der administrativen Vorgaben - beispielsweise für Cross-Compliance und staatliche
Beihilfen - verlangt. Die Entkopplung der Direktzahlungen wird als Schlüsselfaktor für die Zukunftsfähigkeit
der GAP anerkannt.
Finanzdebatte: Gesamte Agrarausgaben in EU geringer als Forschungsausgaben
Zu der mit den Direktzahlungen immer wieder verbundenen Debatte um die Finanzierung der GAP stellt das
Memorandum fest, eine weitere Kürzung des EU-Agrarbudgets müsse verhindert werden. Inzwischen würden
nämlich nur noch 0,43% des Bruttonationaleinkommens (BNE) in der gesamten EU für die Landwirtschaft ausgegeben,
während es für die Forschung immerhin schon 2% seien. Zudem warnt das Memorandum wegen Verzerrungen des
Wettbewerbs vor einer Renationalisierung der GAP und wendet sich damit gegen eine nationale Kofinanzierung der
Direktzahlungen, die von manchen Ländern als möglicher Ausweg aus der Finanzdebatte gesehen wird. Eine
Mehrheit von 15 der 25 Delegationen befürwortete das französische Papier. Die Weiterführung dieser
GAP-Debatte wird beim informellen Agrarministerrat unter finnischem Vorsitz im September im Mittelpunkt stehen.
Kommission verweist auf vorliegende und folgende Vereinfachungs-Vorschläge
Fischer Boel verwies auf bereits vorliegende Vorschläge der Kommission zur Vereinfachung der GAP,
wie im Besonderen der Cross-Compliance, und kündigte weiters einen Vorschlag für eine Reform der Bananenmarktordnung
im Juni 2006 an. Vorschläge für Wein, Obst und Gemüse sollen Ende des Jahres folgen. Die Anregung
einer einzigen Marktordnung für alle landwirtschaftlichen Produkte sei ein weiterer wesentlicher Schritt in
Richtung Vereinfachung. |