Mehr Ausgewogenheit von öffentlicher Wirtschaft und Sozialwirtschaft
Wien (rk) - Als wissenschaftlicher Überbau der Verbände des öffentlichen und gemeinwirtschaftlichen
Sektors ist das Internationale Forschungs- und Informationszentrum für öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft
(IFIG/CIRIEC) mit Sitz in Lüttich, Belgien anzusehen, nach Eigendefinition: "Weltweit einzige Organisation,
die sich um die globalen Aspekte der öffentlichen Wirtschaft und der Sozialwirtschaft kümmert."
Das IFIG/CIRIEC verfügt nicht nur über zahlreiche Sektionen in Europa, es ist auch in Übersee, beispielsweise
in Argentinien, Brasilien, Kanada und Japan vertreten. Als österreichische Sektion fungiert seit 1952 der
Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (VÖWG). In den Leitungsgremien
finden sich für Wien Generaldirektor Dr. Felix Joklik von der Wiener Stadtwerke Holding AG und VKÖ-Präsident
Direktor DI Friedrich Pink, Chef der Wienenergie.
Bei der am Freitag, dem 31. März und am Samstag, dem 1. April 2006 im Wiener Rathaus abgehaltenen Tagung der
IFIG/CIRIEC Leitungsgremien weist der Vorsitzende der Kommission "Öffentliche Dienstleistungen/Öffentliche
Unternehmen", Univ.-Prof. Dr. Gabriel Obermann, (WU-Wien) darauf hin, dass die Palette der Dienstleistungen
im Rahmen der Daseinsvorsorge eine wachsende Tendenz zeigt, wenn auch zum Teil in Form von Public Private Partnership
(PPP). Generell, so der Tenor des Wissenschaftlichen Beirates, ist eine Verlagerung von der Öffentlichen Wirtschaft
zur Sozialwirtschaft festzustellen. Nicht ganz klar erscheint oftmals die Abgrenzung, es ist aber eine Ausgewogenheit
einzufordern. Was die organisatorische Situation betrifft, ist insofern ein Strukturwandel eingetreten, als diese
Dienstleistungen früher unmittelbar durch öffentliche Stellen erbracht wurden, diese aber vielfach vom
Dienstleistungserbringer zum Regulator geworden sind. Arbeitsmarktpolitisch ist hier ein ausgeprägtes Beschäftigungspotential
zu sehen: In der EU der 15 ist die Beschäftigung bei den Gesundheits- und Sozialdienstleistungen von 1998
bis 2003 um 1,9 Prozent gestiegen; der Anteil dieses Sektors an der Gesamtbeschäftigung in der EU der 15 stieg
von 9 Prozent auf 10 Prozent. Die Beschäftigung in diesem Sektor scheint noch weiter ausbaufähig. In
den meisten neuen und südlichen Mitgliedstaaten sind 3 bis 4 Prozent der Bevölkerung im erwerbsfähigen
Alter in diesem Bereich tätig, während es in den skandinavischen Ländern und in den Niederlanden
bereits rund 10 Prozent sind.
Ein spezielles Thema bilden die Statistiken über Beschäftigung, Wertschöpfung und Investitionen
der öffentlichen Unternehmen, die seit mehreren Jahren vom CEEP, der öffentlichen Arbeitgeberinteressenvertretung
im Sozialen Dialog, veröffentlicht werden. Allerdings werden in der EU nur mehr die öffentlichen Unternehmen
- auf Grund ihrer Rechtsform - ausschließlich im Rahmen der Vorschriften über die Transparenz der Finanzverflechtungen
mit der öffentlichen Hand erfasst. Die neuen auf Ebene der EU ausgearbeiteten rechtlichen Konzepte sind in
Hinkunft auf die Bereitstellung/Produktion und nicht mehr auf die Dienstleistungserbringer ausgerichtet, was die
Erhebung von statistischen Daten besonders erschwert. Der CEEP stellt nun die Frage, ob IFIG/CIRIEC bereit wäre,
eine Lösung in Zusammenarbeit mit Eurostat und den nationalen statistischen Zentralämtern für die
Erstellung einer neuen funktionelleren Sicht der Statistiken zu erarbeiten.
Dabei ergeben sich vorerst noch zahlreiche Probleme, vor allem da die Leistungen der Daseinsvorsorge auf nationaler
Ebene definiert und organisiert werden, wodurch eine Erhebung harmonisierter Statistiken auf europäischer
Ebene noch schwieriger sein wird.
Aber gerade für einen so großen Dienstleistungserbringer wie die Stadt Wien mit den in ihrem Eigentum
stehenden öffentlichen Unternehmen, stellt, so die Auffassung der IFIG/CIRIEC-Spitzen, ein EU-konformes Datenmaterial
eine wichtige Planungsgrundlage dar. Der IFIG-Vorstand hat deshalb VÖWG-Geschäftsführer Gerhard
Greiner offiziell beauftragt, mit der Stadt Wien diesbezügliche Verhandlungen aufzunehmen. Dies ist auch in
Zusammenhang mit der wachsenden Bedeutung der Städte und Regionen zu sehen, um den Rat der Regionen und Städte
Europas (RGRE), dessen Präsident Bürgermeister Dr. Michael Häupl ist, für eine gemeinsame Vorgangsweise
gegenüber den europäischen Instanzen zu gewinnen. |