Jakobs: Urheberrechtsverletzung schwer vorstellbar
Redmond/Hamburg/Starnberg (pte) - Microsoft-Boss Steve Ballmer hat in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin
Forbes angekündigt, Möglichkeiten zu prüfen, um die geistigen Eigentumsrechte seines Unternehmens
gegen Anwender oder Anbieter des Open-Source- Betriebssystems Linux einzusetzen. "Ich denke, es gibt Experten,
die der Auffassung sind, Linux verletzt unser geistiges Eigentum", erklärte Ballmer. Näher darauf
eingehen wollte der Microsoft-Chef zwar nicht, jedoch kündigte er an, dass es für Microsoft durchaus
möglich wäre, juristisch gegen Linux vorzugehen. "Wir schulden es unseren Aktionären, dass
wir uns eine Strategie zurecht legen. Wenn es etwas Konkretes zu berichten gibt, werden sie es als erstes erfahren",
so Ballmer.
"Das ist ungeheuerlich", zeigt sich Joachim Jakobs, Sprecher der Free Software Foundation Europe FSFE
im Gespräch mit pressetext entrüstet. Microsoft kämpfe mit allen Mitteln und "wenn das Monopol
nicht mehr zu halten ist, dann müssen anscheinend Klagen wegen Verletzung von Softwarepatenten den Wettkampf
fortführen", so Jakobs. Der Begriff "geistiges Eigentum" selbst sei ein schlecht gewählter
Begriff. "Wir sprechen lieber von Copyright und eingetragenen Markenzeichen. Dass Linux irgendwelche Marken-
oder Urheberrechte von Microsoft verletzen könnte, ist schwer vorstellbar", so Jakobs.
"Das ist schon fast eine Ankündigung einer Ankündigung", meint der Softwarepatentgegner Florian
Müller in seinem Blog. Das Säbelrasseln zieht sich schon einige Zeit hin. Linux-Anwender leben gefährlich,
da das frei verfügbare Betriebssystem zahlreiche Patente verletze, mahnte Ballmer. "Angesichts der Größe
des Linux-Programmcodes ist es so gut wie sicher, dass Linux eine ganze Reihe von Patenten verletzen wird, und
einige von diesen - zum Beispiel diejenigen auf das Dateisystem FAT (File Allocation Table) - könnten durchaus
Microsoft gehören", räumt Müller jedoch ein.
Einige Unternehmen stellen in so genannten Patentpools Geld zur Verfügung, um Softwarepatente aus dem Umfeld
des Open-Source-Betriebssystems zu kaufen. Die erworbenen Patente sollen jedem zur Verfügung stehen, der sich
verpflichtet keine Ansprüche aus Patentrechten im Linux-Umfeld geltend machen zu wollen. Die Rechtssicherheit
von Unternehmen, die Linux verwenden, soll damit gewährleistet werden. Jedoch ist Müller auch hier skeptisch:
"Sie sind praktisch wertlos. Das Risiko für Linux- und Open-Source-Anbieter und Anwender ist letztlich
dasselbe, mit oder ohne Patentbibliothek der OSDL beziehungsweise IBMs milde Gaben." |