Wien (bmaa) - Die Europäische Union drückt der Menschenrechtskommission anlässlich der letzten
Tagung, zu der die Kommission am 27. März 2006 zusammentrat, ihre Hochachtung für 60 Jahre Einsatz im
Dienste der Menschenrechte aus. Die Europäische Union würdigt den bedeutenden Beitrag, den die Menschenrechtskommission
zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte geleistet hat. Ungeachtet der Kritik, die in den letzten Jahren
an der Arbeit der Menschenrechtskommission geäußert wurde, haben ihre Leistung und das umfangreiche
Vermächtnis, das sie uns auf dem Gebiet der Menschenrechte hinterlässt, unsere Anerkennung und unsere
Achtung verdient.
Die Menschenrechtskommission hinterlässt der Weltgemeinschaft eine umfangreiche Sammlung von internationalen
Menschenrechtsvorschriften und -standards. Durch die Annahme der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
legte die Menschenrechtskommission den Grundstein für die Gesamtheit des internationalen Menschenrechts. Die
im Anschluss daran von ihr ausgearbeiteten Internationalen Pakte über wirtschaftliche, soziale und kulturelle
Rechte und über bürgerliche und politische Rechte und die anderen wesentlichen Menschenrechtsinstrumente
bilden heute das Fundament des internationalen Menschenrechts. Die Menschenrechtskommission hat bis zuletzt auf
die Schaffung neuer Standards hingewirkt, indem sie den Entwurf eines Übereinkommens zum Schutz aller Personen
vor dem Verschwindenlassen und den Entwurf der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen
Bevölkerungen ausgearbeitet hat. Die Prüfung und die Annahme dieser beiden Dokumente zählt für
die Europäische Union zu den Prioritäten, die sie sich für die erste Tagung des Menschenrechtsrates
im Juni gesetzt hat.
In den vergangenen 60 Jahren hat die Menschenrechtskommission in erheblichem Maße dazu beigetragen, dass
im Zusammenhang mit dem Schutz und der Förderung der Menschenrechte bestehende Probleme, einschließlich
sich abzeichnender Probleme, dringender Anliegen und Notfälle, erkannt werden konnten und dass an ihrer Lösung
gearbeitet werden konnte.
Die Schaffung des Systems der Sondermechanismen hat dazu beigetragen, dass die zwischenstaatlichen Beratungen über
Menschenrechtsfragen stärker bei den Realitäten der Menschenrechtsverletzungen ansetzen. Die unabhängigen
Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen fungieren als Frühwarnmechanismus für die internationale
Gemeinschaft und erheben ihre Stimme für die oftmals mundtot gemachten Opfer. Sie tragen durch ihre Fachgutachten
wesentlich dazu bei, dass eine fundierte Debatte auf der Grundlage von Fakten stattfinden kann. Ihre Empfehlungen
geben konkrete Hilfestellung für eine bessere Umsetzung der Menschenrechtsstandards. Die Europäische
Union begrüßt mit großer Befriedigung, dass der Menschenrechtsrat das System der Sondermechanismen
beibehält, und dass dem Menschenrechtsrat alle Mandate in diesem Bereich übertragen wurden. Die EU sieht
der Vorlage der entsprechenden Berichte erwartungsvoll entgegen, ebenso wie der Aufnahme eines interaktiven Dialogs
hierüber auf der ersten Tagung des Menschenrechtsrates. Es ist wichtig, dieses System mit der Zeit noch weiter
zu verstärken.
Die Europäische Union erklärt ihre volle Unterstützung für den Beitrag der Menschenrechtsverteidiger
zur Sensibilisierung für Menschenrechtsfragen und zur verstärkten Achtung der Menschenrechte. Solange
die Menschenrechtskommission bestanden hat, haben Menschenrechtsverteidiger und ihre Organisationen Probleme angesprochen,
wenn Regierungen geschwiegen haben - auch wenn sie sich und ihre Organisationen damit oftmals der Gefahr von Diskriminierung,
Inhaftierung oder Tod ausgesetzt haben. Es ist für die Europäische Union von höchster Bedeutung,
dass sie auch beim Menschenrechtsrat aktiv und effektiv mitwirken. Wir begrüßen es deshalb, dass der
Mitwirkung von Nichtregierungsorganisationen und nationalen Menschenrechtsinstitutionen an der Arbeit des Menschenrechtsrates
die Regeln und Praktiken der Menschenrechtskommission zugrunde gelegt werden.
Ausgehend vom soliden Fundament der von der Kommission geschaffenen Instrumente und Mechanismen bietet der Menschenrechtsrat
nunmehr die Möglichkeit zu einer verstärkten Umsetzung der Menschenrechtsstandards.
Die Europäische Union steht für die Kooperation mit anderen VN Mitgliedern zur Verfügung, um den
Menschenrechtsrat zu einem effektiven und effizienten Gremium zu machen, das einen echten Beitrag zur Förderung
und zum Schutz der Menschenrechte für alle leisten wird.
Der Menschenrechtsrat sollte in der Lage sein, umgehend - und auch in Notfällen - auf alle Menschenrechtsfragen
einzugehen. Der Rat wird als Forum für fortlaufenden Dialog und konstruktives Engagement dienen und allen
Ländern Anleitung und Hilfestellung bieten, damit sie durch Dialog, Zusammenarbeit und Aufbau von Kapazitäten
höchste Menschenrechtsstandards erreichen können. Wir müssen alle vom Rat bereitgestellten Instrumente
sachgemäß nutzen, damit die Menschenrechtsnormen in der Praxis zu spürbaren Verbesserungen der
Menschenrechtssituation führen und Menschenrechtsverletzungen verhindert werden können.
Die Europäische Union bekräftigt ihre volle Unterstützung für die Stärkung des Amtes des
Hohen Kommissars für Menschenrechte. Die Hohe Kommissarin und ihre Mitarbeiter arbeiten unermüdlich daran,
alle Menschenrechte zu fördern und zu schützen und weltweit zu verhindern, dass Menschenrechtsverletzungen
begangen oder fortgesetzt werden.
Nach den Worten des verstorbenen Hohen Kommissars für Menschenrechte Sergio Vieira de Mello müssen wir
alle dazu beitragen, dass der Genuss aller Menschenrechte für jeden Menschen zur Wirklichkeit wird. Wir haben
nunmehr die Gelegenheit, gemeinsam unter Beweis zu stellen, dass wir höchste Menschenrechtsstandards gewahrt
wissen möchten. Es liegt an uns, sicherzustellen, dass der Menschenrechtsrat seine Tätigkeit auf den
wertvollsten Komponenten des Vermächtnisses der Menschenrechtskommission aufbaut.
Die Beitrittsländer Bulgarien und Rumänien, die Bewerberländer Türkei und Kroatien* und die
ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien*, die Länder des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses und
potenziellen Bewerberländer Albanien, Bosnien und Herzegowina sowie Serbien und Montenegro und die dem Europäischen
Wirtschaftsraum angehörenden EFTA-Länder Island, Liechtenstein und Norwegen sowie die Ukraine und die
Republik Moldau schließen sich dieser Erklärung an.
* Kroatien und die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien nehmen weiterhin am Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess
teil. |