Ausstellungsspace für junge Kunst  

erstellt am
07. 04. 06

"Abstract papers" im Tresor - BA-CA Kunstforum 27.03. bis 01.05.2006
Wien (kunstforum) - Die Abstraktion ist eine der essenziellen Errungenschaften der Moderne. Sie lieferte Anlass, bis an die Grenzen des Bildhaften, bis zur Negation der Malerei, zu gehen. Ad Reinhardt etwa malte in den 1960er Jahren seine Black Paintings. Trotzdem hat die abstrakte Malerei und Zeichnung bis heute nicht an Spannung und Relevanz verloren. Stets sind eindrucksvolle Bilder nach dem »letzen Bild« entstanden. Das abstrakte Tafelbild gilt als wichtiges Medium für malerische und zeichnerische Fragestellungen, konzeptionelle Statements, koloristische oder prozessuale Experimente mit den Materialien.

Die hier ausgewählten Werkbeispiele bilden ein weites Spektrum ungegenständlicher Gegenwartskunst in Österreich. Die Ausrichtungen sind etwa expressiv gestisch, malerisch monochrom oder zeichnerisch konstruktiv. Die Bilder zeigen meditativ anmutende Farbfelder, grafisch skripturale Strukturen, Zeichnungen, die an Architekturskizzen erinnern, konstruktiv geometrische Formen oder landschaftlich anmutende Illusionen.

Ihnen gemein ist der Bildträger Papier. Papier fungiert hier nicht als Ort für Skizzen und Entwürfe, sondern als ein zur Leinwand gleichberechtigtes Mittel. Hier entstehen eigenständige und spannende Bildlösungen. Die oft großformatigen Arbeiten unterstreichen zusätzlich die Bedeutung dieses Mediums.

Die mehrere Generationen umfassende Schau verdeutlicht die Aktualität des abstrakten Bildes in der Kunst. Martha Jungwirth hat sich nach ihrer figurativen Phase im Kontext der »Wirklichkeiten« seit den 1980er Jahren verstärkt der ungegenständlichen Malerei gewidmet. Herbert Brandl und Walter Vopava zählen zu den führenden Proponenten einer malerischen Abstraktion, die Mitte der 1980er Jahre eingeleitet wurde und sich als eine internationale Bildsprache – der »Neuen Abstraktion« – etablieren konnte. In den 1990er Jahren haben Maler und Zeichner wie Lorenz Estermann, Suse Krawagna oder Manfred Schluderbacher das Projekt Abstraktion weitergeführt. Gabriele Chiari ist die jüngste Vertreterin in der Ausstellung, die sich auf konzeptionelle Weise mit diesem Thema auseinandersetzt.

Ausgestellte KünstlerInnen:

Herbert Brandl
(geboren 1959 in Graz, lebt und arbeitet in Wien)
Herbert Brandl bemalt das auf dem Boden ausgebreitete Blatt Papier. Die Aquarell¬farbe bildet Ströme und Lacken, die im Trocknungsprozess vibrierende koloristische Zonen kreieren. Diese Farbfelder vermitteln den Eindruck illusionistischer Sphären, die rudimentär an Landschaften oder an feuerrote Himmelsszenarien erinnern. Wenngleich Brandl der Malerei viel Autonomie gewährt, spielt Natur doch eine zentrale Rolle. Der Maler bezieht sich nicht auf einen konkreten landschaftlichen Ausschnitt, sondern lässt Erinnerungen – etwa eine bestimmte Lichtstimmung – in seinen Malvorgang einfließen.

Gabriele Chiari
(geboren 1978 in Hallein, lebt und arbeitet in Paris)
Gabriele Chiari hinterfragt in ihrer Malerei das Wesen von Einzigartigkeit und reflexiver Wiederholung. Im ersten Arbeitsvorgang schüttet sie Aquarellfarbe auf das Papier und lässt dem Zufall in der Entstehung des Fleckens freien Lauf. Dem Rorschachtest ähnlich, transferiert sie den spiegelverkehrten Abdruck der nassen Farbe auf die rechte Bildhälfte. Chiari eignet sich danach den roten Farbfleck an, in dem sie ihn mit Buntstift in akribischer Manier nochmals nachzeichnet.

Lorenz Estermann
(geboren 1968 in Linz, lebt und arbeitet in Wien)
Estermanns Bild ist durch eine serielle Anordnung, des Über- und Nebeneinanders von Schablonendrucken bestimmt. Wiederholung und Ordnung werden durch Rhythmuswechsel und unterschiedliche Position der Schablone gebrochen. Die Spuren der abgedruckten Form zeigen nuancierte malerische Strukturen, in koloristischen Abstufungen und atmosphärisch samtiger Qualität. Diese viereckigen Formen erinnern ein wenig an schmutzige Fensterscheiben, die den Blick auf deren Inhalt und das Dahinter nicht preisgeben.

Martha Jungwirth
(geboren 1940 in Wien, lebt und arbeitet in Wien)
Martha Jungwirth ist die österreichische Grande Dame der Aquarellmalerei. Sie malt monumentale Abstraktionen von Stadtansichten, wie etwa der Spittelauer Lände. Dabei räumt sie der Autonomie der malerischen Mittel einen großen Freiraum ein: das Fließen der dünnflüssigen Aquarellfarbe, die quirligen Pinselspuren als Resultat intensiver körperlicher Expression, und der schöne Schein des Kolorits.

Suse Krawagna
(geboren 1964 in Klagenfurt, lebt und arbeitet in Wien)
Suse Krawagnas lineare Kompositionen haben zwar Motive aus dem Alltag als Vorlage – wie etwa Fenster und Stiegengeländer –, sie fungieren jedoch lediglich als als Vorwand zur zeichnerischen Malerei. Ihre Bilder entstehen an der Grenze zwischen Gegenstandsbezug und abstrakter Konstruktion. Die Künstlerin zieht mit freier Hand die Linien auf dem grundierten Blatt Papier, wodurch sie der scheinbar geometrisch exakten Form eine individuelle Handschrift und Lyrik verleiht.

Christoph Luger
(geboren 1957 in Bregenz, lebt und arbeitet in Wien)
Christoph Luger fixiert Papierbahnen nebeneinander auf die Wand seines Ateliers, und bemalt sie in Folge mit Aquarellfarbe.
Ein mächtiges Farbfeld entsteht, geprägt von transparenten malerischen Flächen und grafischen Strukturen, die durch die Textur der groben Wand definiert werden. Nach Beendigung des Malvorgangs schält Luger das bemalte Papier von der Wand, um es anschließend im neuen Ausstellungsraum zu installieren.

Tobias Pils
(geboren 1971 in Linz, lebt und arbeitet in Wien)
Tobias Pils künstlerisches Werk beruht auf der Symbiose von Malerei und Zeichnung. Mit Grafitstift entstehen Linienstrukturen, die sich seismografisch entfalten, oder an ein strenges konstruktives System gebunden sind: Assoziationen an Architekturskizzen, mit Zirkel und Lineal gestaltet, treten dabei auf. Pils laviert mit der dunklen Tusche sensible malerische Zonen auf das weiße Blatt Papier. Der Künstler kreiert eine eigene Bildsprache, die zwar Bezüge zur gesehenen Welt zulässt, aber dennoch Bild immanenten Kriterien entspricht.

Jürgen Schiefer
(geboren 1966 in Graz, lebt und arbeitet in Wien)
Mit Intuition und Impulsivität setzt Jürgen Schiefer den Stift an und kreiert ein dichtes Geflecht an Strichen, die sich zu organischen Strukturen verästeln. Im kompositorischen Verhältnis der grafischen Spuren entsteht ein dichtes und bewegtes Neben-, Zu- und Hintereinander. Trotz des hohen Abstraktionsgrades der Arbeiten bilden oft anatomische Abbildungen der Inneren Medizin die Inspirationsquelle für den Künstler.

Manfred Schluderbacher
(geboren 1964 in Bregenz, lebt und arbeitet in Wien)
Fotografische Aufnahmen von Blätterwerk, Baumkronen und Blumenbeeten bilden die Vorlage für Schluderbachers großformatige Zeichnungen. In der Bleistiftzeichnung reduziert der Künstler die Fotografie auf ein monochromes Geflecht in Grau mit hohem Abstraktionsgrad und flächiger Wirkung. Akribisch füllt Schluderbacher die großen Flächen mit gleichmäßigem Bleistiftstrich auf dem Blatt Papier aus.

Erich Steininger
(geboren 1939 in Oberrabenthan / NÖ, lebt und arbeitet in Wien)
Erich Steininger hat Anfang der 1990er Jahre zu einer abstrakten Bildsprache gefunden, die auf der strukturellen Analyse der Motive Figur und Landschaft beruht. Manchmal sind Torsi oder Ackerfurchen noch zu erkennen. In seinen Holzschnitten überziehen feine Linien die Bildfläche; ihre dichten Überlagerungen führen zu einem wechselseitigen Flimmern von Vorder- und Hintergrund. Der Holzschnitt ist das primäre Medium des Künstlers, dessen vorrangige Stellung sich auch im monumentalen Bildformat manifestiert.

Josef Trattner
(geboren 1955 in Semriach / Stmk., lebt und arbeitet in Wien)
Trattners Malwerkzeug ist die Flasche; die Farbe das gekelterte Substrat der roten reifen Weintrauben aus Gols, der Toskana oder aus Bordeaux. Behutsam beträufelt der Künstler das Weiß des auf den Boden ausgebreiteten Papiers. Rotweinflecken verdichten und verdunkeln sich, greifen ineinander und bilden ein feines rhythmisches Netz über die gesamte Fläche. Satt schillern die unterschiedlichen Weinfarben vom hellen Rosé bis zum Dunkelbraun und die malerische Dichte verleihet den Arbeiten eine einzigartige Tiefe.

Walter Vopava
(geboren 1948 in Wien, lebt und arbeitet in Wien und Berlin)
Walter Vopava malt ab Mitte der 1990er Jahre mächtige schwarze Formen, die die Bildsituation bestimmen. Monumentale Gebilde türmen sich auf, die in ihrer Konsistenz zwischen undurchdringlicher Massivität und atmosphärischer Leichtigkeit changieren. Vopavas archaisch düstere Farbfelder lösen Assoziationen an tosende Gewitter und an Nebel verhangene Himmel aus. Dennoch sieht sich der Maler der ungegenständlichen Kunst verpflichtet: reine Malerei – Farbe, Komposition, Raum, Hell und Dunkel – ohne naturalistischen Bezug, sind seine Kriterien.
     
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