Die Polizei beschlagnahmte 2005 dreimal soviel Kokain als im Jahr davor
Wien (bmi) - "Wir haben einerseits den Druck auf den Straßenhandel erhöht und anderseits
wollen wir mit Strukturermittlungen an die Drogenbosse herankommen", sagte Innenministerin Liese Prokop bei
der Vorstellung des Suchtmittelberichts für das Jahr 2005 am 06. 04. in Wien. "Wir wollen den Drogenhandel
so unattraktiv wie möglich machen", betonte Prokop. Die Polizei versuche in die Strukturen der kriminellen
Organisationen einzudringen und neben den Kleindealern vor allem die Köpfe der Banden auszuschalten. "Unser
Ziel sind die Drogenbosse in der ersten, zweiten, dritten Reihe aber auch die unteren Verteilerstrukturen, die
so genannten Streetrunner. Dieser Ermittlungsansatz hat sich bewährt und wird beibehalten", erläuterte
die Ministerin.
Die erhöhte Kontrolldichte der Polizei und gezielte Aktionen, insbesondere der Einsatzgruppen zur Bekämpfung
der Straßenkriminalität haben sich ausgewirkt: Im Jahr 2005 wurden allein bei drei Großaufgriffen
insgesamt 245 kg Kokain mit einem Schwarzmarktwert von 20 Millionen Euro beschlagnahmt. Den größten
Aufgriff machten die Fahnder im Jänner 2005: In einer Containerladung in Graz entdeckten die Polizisten 143
kg Kokain. Das Suchtgift war in präparierten Holzlatten versteckt und wurde von Peru per Schiff nach Frankreich
geschmuggelt und von dort über Deutschland nach Graz transportiert. Die Polizei nahm fünf Tatverdächtige
fest, die einer weltweit agierenden Drogenbande angehörten.
30 kg Kokain beschlagnahmten Fahnder im Herbst 2005. Das Suchtgift war in 34 afrikanischen Holzskulpturen versteckt,
die für einen Kunsthändler in Oberösterreich bestimmt waren. 24 kg Kokain wurden im Juni 2005 am
Flughafen Wien Schwechat in einem Koffer sichergestellt. Das Suchtgift gelangte aus Mexiko City via Amsterdam nach
Wien.
Im Jahr 2005 wurden in Österreich 25.892 Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz erstattet, um 2,7 Prozent mehr
als 2004 (25.215). Davon entfielen 848 Anzeigen auf psychotrope Stoffe und 3 Anzeigen auf Vorläuferstoffe.
2005 gab es einen Rückgang bei der Sicherstellung von Cannabisprodukten (820 kg), Ecstasy (114.104 Stück);
eine Zunahme gab es bei der Sicherstellung von Heroin (282 kg) und LSD (2.109 Trips)
"Diese Zahlen zeigen deutlich, dass der neue Strategieansatz der Polizei in der Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität
richtig ist", sagte Innenministerin Prokop.
Die internationale Zusammenarbeit in der Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität werde weiter verstärkt.
Ziel sei die Durchbrechung der Drogen-Transitrouten unter anderem durch einen effektiven Grenzschutz in den EU-Außengrenzen
und durch den Ausbau des Verbindungsbeamtennetzes des Innenministeriums. Derzeit sind 19 österreichische Polizeibeamte
im Ausland im Einsatz, 20 Vertreter ausländischer Polizeidelegationen sind in Österreich im Einsatz.
Der Drogenschmuggel erfolgt vorwiegend von ausländischen kriminellen Gruppierungen. Österreich wird von
diesen Banden aufgrund der geografischen Lage als Transitland auf den Hauptschmuggelrouten benützt. Auf diesem
Weg werden auch die illegalen Märkte in Österreich versorgt.
Die illegale Einfuhr von Kokain nach Österreich erfolgt unverändert überwiegend durch Kuriere südamerikanischer
Organisationen oder afrikanischer Tätergruppen; das Kokain kommt häufig auf dem Luftweg nach Österreich.
Am Flughafen Wien-Schwechat wurden einzelne Mengen bis zu 30 kg beschlagnahmt. Auch auf Schiffen wird Kokain von
Südamerika nach Europa geschmuggelt. Die Polizei zerschlug im Vorjahr eine international agierende kriminelle
Organisation, die große Mengen Kokain von Südamerika nach Europa geschmuggelt hatte, versteckt in Schiffscontainern.
Österreich war dabei "Depotland".
Wiederholt waren afrikanische Tätergruppen im Bereich des Kokainschmuggels und Handels in den illegalen Suchtmittelhandel
involviert. Der Straßenhandel (offene Szene) wird von diesen Tätern beherrscht. Afrikanische Tätergruppen
handeln neben Kokain auch mit Heroin Cannabisprodukten und vereinzelt auch mit synthetischen Drogen.
Die Balkanroute mit ihren verschiedenen Verzweigungen ist nach wie vor ein beachtlicher Schmuggelpfad. Neben der
Hauptroute (Türkei, Bulgarien, Jugoslawien, Kroatien, Slowenien, Österreich) wurde gab es im Vorjahr
auch Schmuggelrouten über Rumänien, Ungarn und teilweise Tschechien. Die Fährverbindungen zwischen
der Türkei und Italien, sowie zwischen Albanien und Italien werden nach wie vor für den Drogentransport
genutzt. Eine besondere Bedeutung hat die "rollende Landstrasse" eingenommen. Vorwiegend türkische
Organisationen nützen diesen Weg, um große Mengen Heroin vorwiegend nach Deutschland und in die Niederlande
zu schmuggeln. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Verbindungen Szeget (Ungarn) – Wels, Marburg (Slowenien)
– Wels sowie Triest (Italien) – Salzburg. Auf diesen Routen konnten mehrere 100 Kilogramm Heroin sichergestellt
werden.
Ehemalige Ostblock-Länder werden nach wie vor als Depot-Länder benützt. Großlieferungen an
diese Depots und die Weiterverteilung erfolgen überwiegend durch türkische Banden. Rumänien wird
vermehrt von türkischen Tätergruppen als Depot-Land genutzt. In Rumänien wird das Heroin teilweise
umgeladen und auf in Bulgarien zollrechtlich kontrollierten türkischen LKWs nach Westeuropa gebracht.
Albanien und der Kosovo sind als Depot-Länder nach wie vor beliebt und dienen als Ausgangspunkt für Lieferungen
in den EU-Raum. Albanisch-stämmige Tätergruppen bringen das Heroin vorwiegend aus dem Kosovo bzw. aus
Albanien nach Österreich und von hier weiter nach Westeuropa.
Der Vertrieb von Heroin in Österreich erfolgt nach wie vor hauptsächlich durch türkische Banden
und Staatsangehörige aus dem früheren Jugoslawien. Österreichischer und Staatsangehörige aus
den östlichen Nachbarländern werden hauptsächlich als Kuriere und Verteiler kleinerer Mengen eingesetzt.
Die Erzeugung von Cannabisprodukten war 2005 im internationalen Vergleich weiterhin unbedeutend. Die heimische
Produktion, insbesondere in aufwändigen Indoorplantagen, stieg weiter an. Durch eine besondere Züchtung
der Eigenbaupflanzen wird ein wesentlich höherer Wirkstoffgehalt erreicht als in den 70er- und 80er-Jahren.
Anstelle der üblichen 0,5 bis 5 Prozent erzielen diese Pflanzen einen THC-Gehalt von 20 bis 25 Prozent.
Auffällig ist der Mischkonsum: Dabei werden Cannabisprodukte mit synthetischen Drogen oder anderen Suchtmitteln
konsumiert. Das ist auf die verschiedenen Wirkungsweisen der einzelnen Suchtmittel zurückzuführen.
Organisierte Tätergruppen, bestehend aus vielen Kurieren verschiedener Nationalitäten, sorgen nach wie
vor für die Einfuhr nach Österreich. Die Schmuggelfahrten erfolgen mit Kraftfahrzeugen, Linienbussen
und der Bahn. Die Cannabisprodukte werden mehrmals im Monat hauptsächlich aus den Niederlanden, aus den Balkanländern,
den Schengenstaaten und der Schweiz nach Österreich eingeführt.
Der Verkauf in Wien erfolgt in der Regel durch Gruppen aus dem ehemaligen Jugoslawien in ihren eigenen Lokalen.
In Graz wird Cannabis hauptsächlich von Nordafrikanern (Tunesier und Algerier) in Szenelokalen und auf der
Straße verkauft
In Österreich gibt es etwa 60 Hanfläden ("Grow-Shops"), davon 20 in Wien, die die Nutzung des
Hanfs offiziell als Luftverbesserer, zur Gelsenabwehr oder als Ziersträucher deklarieren, und auch Zubehör
wie Wärmelampen, Folien, Dünger und Werkzeug anbieten. Der legale Erwerb dieser Produkte lässt bei
vielen Jugendlichen und Konsumenten schon lange den Trugschluss zu, dass der Konsum von Cannabis "sowieso
legal" sei. Neben den Hanfläden bieten auch spezialisierte Versandhäuser über Internet ihr
Zubehör und fachmännische Hilfe an.
Nach einem Anstieg des Handels mit Ecstasy-Tabletten (MDMA) und deren Konsum in den letzten Jahren gibt es nun
eine Stagnation. Die Zahl der Anzeigen in diesem Bereich 2004 und 2005 gesunken. Ecstasy-Tabletten sind hauptsächlich
in Discotheken und an Treffpunkten für Jugendliche erhältlich. Die Versorgung der Szene erfolgt weiterhin
größtenteils von österreichischen Tätergruppen. Die Tabletten werden zum überwiegenden
Teil aus den Niederlanden nach Österreich geschmuggelt.
Österreich ist weiterhin häufig Transitland für den Schmuggel von Ecstasy-Tabletten von den Niederlanden
nach Slowenien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina.
2005 wurden in 312 Fällen insgesamt 9 kg Amphetamin bechlagnahmt; im Jahr davor waren es noch 25,7 kg bei
324 Aufgriffen. Produktionsländer für Amphetamin sind weiterhin Polen und die Niederlande.
"Österreich ist ein Transitland für illegale Drogen. Eine länderübergreifende, weltweite
Zusammenarbeit ist daher Voraussetzung für eine wirksame Bekämpfung der internationalen Suchtmittelkriminalität",
sagte Innenministerin Prokop. Auch die Videoüberwachung habe dazu beigetragen, dass der Straßenhandel
eingedämmt werden konnte, betonte Prokop: "Der Drogenhandel hat sich deutlich verringert." |