Suchtmittelbericht 2005: Rekordsicherstellung an Kokain  

erstellt am
07. 04. 06

Die Polizei beschlagnahmte 2005 dreimal soviel Kokain als im Jahr davor
Wien (bmi) - "Wir haben einerseits den Druck auf den Straßenhandel erhöht und anderseits wollen wir mit Strukturermittlungen an die Drogenbosse herankommen", sagte Innenministerin Liese Prokop bei der Vorstellung des Suchtmittelberichts für das Jahr 2005 am 06. 04. in Wien. "Wir wollen den Drogenhandel so unattraktiv wie möglich machen", betonte Prokop. Die Polizei versuche in die Strukturen der kriminellen Organisationen einzudringen und neben den Kleindealern vor allem die Köpfe der Banden auszuschalten. "Unser Ziel sind die Drogenbosse in der ersten, zweiten, dritten Reihe aber auch die unteren Verteilerstrukturen, die so genannten Streetrunner. Dieser Ermittlungsansatz hat sich bewährt und wird beibehalten", erläuterte die Ministerin.

Die erhöhte Kontrolldichte der Polizei und gezielte Aktionen, insbesondere der Einsatzgruppen zur Bekämpfung der Straßenkriminalität haben sich ausgewirkt: Im Jahr 2005 wurden allein bei drei Großaufgriffen insgesamt 245 kg Kokain mit einem Schwarzmarktwert von 20 Millionen Euro beschlagnahmt. Den größten Aufgriff machten die Fahnder im Jänner 2005: In einer Containerladung in Graz entdeckten die Polizisten 143 kg Kokain. Das Suchtgift war in präparierten Holzlatten versteckt und wurde von Peru per Schiff nach Frankreich geschmuggelt und von dort über Deutschland nach Graz transportiert. Die Polizei nahm fünf Tatverdächtige fest, die einer weltweit agierenden Drogenbande angehörten.

30 kg Kokain beschlagnahmten Fahnder im Herbst 2005. Das Suchtgift war in 34 afrikanischen Holzskulpturen versteckt, die für einen Kunsthändler in Oberösterreich bestimmt waren. 24 kg Kokain wurden im Juni 2005 am Flughafen Wien Schwechat in einem Koffer sichergestellt. Das Suchtgift gelangte aus Mexiko City via Amsterdam nach Wien.

Im Jahr 2005 wurden in Österreich 25.892 Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz erstattet, um 2,7 Prozent mehr als 2004 (25.215). Davon entfielen 848 Anzeigen auf psychotrope Stoffe und 3 Anzeigen auf Vorläuferstoffe.
2005 gab es einen Rückgang bei der Sicherstellung von Cannabisprodukten (820 kg), Ecstasy (114.104 Stück); eine Zunahme gab es bei der Sicherstellung von Heroin (282 kg) und LSD (2.109 Trips)

"Diese Zahlen zeigen deutlich, dass der neue Strategieansatz der Polizei in der Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität richtig ist", sagte Innenministerin Prokop.
Die internationale Zusammenarbeit in der Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität werde weiter verstärkt. Ziel sei die Durchbrechung der Drogen-Transitrouten unter anderem durch einen effektiven Grenzschutz in den EU-Außengrenzen und durch den Ausbau des Verbindungsbeamtennetzes des Innenministeriums. Derzeit sind 19 österreichische Polizeibeamte im Ausland im Einsatz, 20 Vertreter ausländischer Polizeidelegationen sind in Österreich im Einsatz.

Der Drogenschmuggel erfolgt vorwiegend von ausländischen kriminellen Gruppierungen. Österreich wird von diesen Banden aufgrund der geografischen Lage als Transitland auf den Hauptschmuggelrouten benützt. Auf diesem Weg werden auch die illegalen Märkte in Österreich versorgt.

Die illegale Einfuhr von Kokain nach Österreich erfolgt unverändert überwiegend durch Kuriere südamerikanischer Organisationen oder afrikanischer Tätergruppen; das Kokain kommt häufig auf dem Luftweg nach Österreich. Am Flughafen Wien-Schwechat wurden einzelne Mengen bis zu 30 kg beschlagnahmt. Auch auf Schiffen wird Kokain von Südamerika nach Europa geschmuggelt. Die Polizei zerschlug im Vorjahr eine international agierende kriminelle Organisation, die große Mengen Kokain von Südamerika nach Europa geschmuggelt hatte, versteckt in Schiffscontainern. Österreich war dabei "Depotland".

Wiederholt waren afrikanische Tätergruppen im Bereich des Kokainschmuggels und Handels in den illegalen Suchtmittelhandel involviert. Der Straßenhandel (offene Szene) wird von diesen Tätern beherrscht. Afrikanische Tätergruppen handeln neben Kokain auch mit Heroin Cannabisprodukten und vereinzelt auch mit synthetischen Drogen.

Die Balkanroute mit ihren verschiedenen Verzweigungen ist nach wie vor ein beachtlicher Schmuggelpfad. Neben der Hauptroute (Türkei, Bulgarien, Jugoslawien, Kroatien, Slowenien, Österreich) wurde gab es im Vorjahr auch Schmuggelrouten über Rumänien, Ungarn und teilweise Tschechien. Die Fährverbindungen zwischen der Türkei und Italien, sowie zwischen Albanien und Italien werden nach wie vor für den Drogentransport genutzt. Eine besondere Bedeutung hat die "rollende Landstrasse" eingenommen. Vorwiegend türkische Organisationen nützen diesen Weg, um große Mengen Heroin vorwiegend nach Deutschland und in die Niederlande zu schmuggeln. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Verbindungen Szeget (Ungarn) – Wels, Marburg (Slowenien) – Wels sowie Triest (Italien) – Salzburg. Auf diesen Routen konnten mehrere 100 Kilogramm Heroin sichergestellt werden.

Ehemalige Ostblock-Länder werden nach wie vor als Depot-Länder benützt. Großlieferungen an diese Depots und die Weiterverteilung erfolgen überwiegend durch türkische Banden. Rumänien wird vermehrt von türkischen Tätergruppen als Depot-Land genutzt. In Rumänien wird das Heroin teilweise umgeladen und auf in Bulgarien zollrechtlich kontrollierten türkischen LKWs nach Westeuropa gebracht.

Albanien und der Kosovo sind als Depot-Länder nach wie vor beliebt und dienen als Ausgangspunkt für Lieferungen in den EU-Raum. Albanisch-stämmige Tätergruppen bringen das Heroin vorwiegend aus dem Kosovo bzw. aus Albanien nach Österreich und von hier weiter nach Westeuropa.

Der Vertrieb von Heroin in Österreich erfolgt nach wie vor hauptsächlich durch türkische Banden und Staatsangehörige aus dem früheren Jugoslawien. Österreichischer und Staatsangehörige aus den östlichen Nachbarländern werden hauptsächlich als Kuriere und Verteiler kleinerer Mengen eingesetzt.

Die Erzeugung von Cannabisprodukten war 2005 im internationalen Vergleich weiterhin unbedeutend. Die heimische Produktion, insbesondere in aufwändigen Indoorplantagen, stieg weiter an. Durch eine besondere Züchtung der Eigenbaupflanzen wird ein wesentlich höherer Wirkstoffgehalt erreicht als in den 70er- und 80er-Jahren. Anstelle der üblichen 0,5 bis 5 Prozent erzielen diese Pflanzen einen THC-Gehalt von 20 bis 25 Prozent.

Auffällig ist der Mischkonsum: Dabei werden Cannabisprodukte mit synthetischen Drogen oder anderen Suchtmitteln konsumiert. Das ist auf die verschiedenen Wirkungsweisen der einzelnen Suchtmittel zurückzuführen.

Organisierte Tätergruppen, bestehend aus vielen Kurieren verschiedener Nationalitäten, sorgen nach wie vor für die Einfuhr nach Österreich. Die Schmuggelfahrten erfolgen mit Kraftfahrzeugen, Linienbussen und der Bahn. Die Cannabisprodukte werden mehrmals im Monat hauptsächlich aus den Niederlanden, aus den Balkanländern, den Schengenstaaten und der Schweiz nach Österreich eingeführt.

Der Verkauf in Wien erfolgt in der Regel durch Gruppen aus dem ehemaligen Jugoslawien in ihren eigenen Lokalen. In Graz wird Cannabis hauptsächlich von Nordafrikanern (Tunesier und Algerier) in Szenelokalen und auf der Straße verkauft

In Österreich gibt es etwa 60 Hanfläden ("Grow-Shops"), davon 20 in Wien, die die Nutzung des Hanfs offiziell als Luftverbesserer, zur Gelsenabwehr oder als Ziersträucher deklarieren, und auch Zubehör wie Wärmelampen, Folien, Dünger und Werkzeug anbieten. Der legale Erwerb dieser Produkte lässt bei vielen Jugendlichen und Konsumenten schon lange den Trugschluss zu, dass der Konsum von Cannabis "sowieso legal" sei. Neben den Hanfläden bieten auch spezialisierte Versandhäuser über Internet ihr Zubehör und fachmännische Hilfe an.

Nach einem Anstieg des Handels mit Ecstasy-Tabletten (MDMA) und deren Konsum in den letzten Jahren gibt es nun eine Stagnation. Die Zahl der Anzeigen in diesem Bereich 2004 und 2005 gesunken. Ecstasy-Tabletten sind hauptsächlich in Discotheken und an Treffpunkten für Jugendliche erhältlich. Die Versorgung der Szene erfolgt weiterhin größtenteils von österreichischen Tätergruppen. Die Tabletten werden zum überwiegenden Teil aus den Niederlanden nach Österreich geschmuggelt.

Österreich ist weiterhin häufig Transitland für den Schmuggel von Ecstasy-Tabletten von den Niederlanden nach Slowenien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina.

2005 wurden in 312 Fällen insgesamt 9 kg Amphetamin bechlagnahmt; im Jahr davor waren es noch 25,7 kg bei 324 Aufgriffen. Produktionsländer für Amphetamin sind weiterhin Polen und die Niederlande.

"Österreich ist ein Transitland für illegale Drogen. Eine länderübergreifende, weltweite Zusammenarbeit ist daher Voraussetzung für eine wirksame Bekämpfung der internationalen Suchtmittelkriminalität", sagte Innenministerin Prokop. Auch die Videoüberwachung habe dazu beigetragen, dass der Straßenhandel eingedämmt werden konnte, betonte Prokop: "Der Drogenhandel hat sich deutlich verringert."
     
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