Wien (wifo) - Die Intensivierung der Austauschbeziehungen mit den neuen Demokratien Ost-Mitteleuropas nach
der Ostöffnung wirkt dem traditionellen West-Ost-Gefälle im regionalen Wachstumsmuster Österreichs
tendenziell entgegen. Eine grundlegende Veränderung der Standortgunst trat aber in der ersten Phase der Ostintegration
1989/2003 (noch) nicht ein. Standorteffekte der Integration wurden bisher durch allgemeine Phänomene einer
Suburbanisierung und Dezentralisierung überlagert, auch in den Grenzregionen verlief die Entwicklung daher
recht unterschiedlich.
Österreichs Standortmuster war über Jahrzehnte durch ein ausgeprägtes West-Ost-Gefälle der
wirtschaftlichen Dynamik geprägt, das auf die geopolitische Lage des Landes am "Eisernen Vorhang"
zurückging. Mit der Ostöffnung haben sich die Rahmenbedingungen allerdings verändert, auch theoretisch
war daher eine Verschiebung des ökonomischen Schwerpunktes in Richtung der nun "offenen" Grenze
zu erwarten. Tatsächlich verlief die Wertschöpfungs- entwicklung in Österreichs Großregionen
(West-, Süd-, Ostösterreich) nach der Ostöffnung bemerkenswert homogen, in der Beschäftigungsentwicklung
lag Westösterreich dagegen auch nach 1990 voran.
Die Ergebnisse einer "Difference-in-Difference"-Analyse der regionalen Wachstumsunterschiede vor und
nach der Ostöffnung lassen bisher keine grundlegende und signifikante Veränderung der Standortgunst in
Österreich erkennen. Zwar nehmen die Wachstumsimpulse aus der Integration mit der Entfernung zur Grenze tendenziell
ab. Eine tiefgreifende Verlagerung des Wachstumsschwerpunktes nach der Ostöffnung ist statistisch allerdings
ebenso wenig zu belegen wie eine signifikante Aufwertung der Lagegunst der grenznahen Bundesländer bzw. der
weiteren Ost-Grenzregion. Der statistisch zumindest schwach abgesicherte Beschäftigungsimpuls im unmittelbaren
Grenzraum wird durch ein deutliches Peripherie-Zentrum-Wachstumsgefälle in ganz Österreich (mit-)verursacht.
Insgesamt reichten die Impulse der Ostöffnung bis 2003 vor dem Hintergrund verbliebener Kaufkraftunterschiede
und Handelsbarrieren damit nicht aus, um das Standortverhalten der Unternehmen in Österreich nachhaltig zu
verändern. Eine vollständige Auflösung des West-Ost-Gefälles im Wachstum ist erst mit fortschreitendem
Aufholen der neuen EU-Mitgliedsländer zu erwarten. Wieweit davon auch periphere Grenzräume profitieren,
wird nicht zuletzt von deren Lage zu größeren Zentralräumen bestimmt sein.
Quelle: WIFO
Autor: Peter Mayerhofer |