Länderkammer-Einsprüche gegen Universitätsgesetz und ÖIAG-Gesetz  

erstellt am
24. 04. 06

Wien (pk) -Der Bundesrat befaßte sich in seiner Sitzung am 21. 04. mit den beiden Themen Änderung des Universitätsgesetzes 2002 und des ÖIAG-Gesetzes.

Bundesrat Mag. BAIER (V) skizzierte die Ausgangslage, die durch das EuGH-Urteil über den Universitätszugang entstanden ist, und sprach von der Notwendigkeit, auf den daraus resultierenden massiven Zustrom deutscher Studierender zu reagieren. Die nunmehr geplanten Aufnahmeverfahren würden den freien Hochschulzugang in keiner Weise gefährden, zumal in der Praxis diese Verfahren erst nach der Zulassung stattfinden, versicherte er. Auch seien die Tests nur an solchen Universitäten vorgesehen, wo tatsächlich ein massiver Zustrom an deutschen Studierenden zu verzeichnen war. Dazu komme noch, dass die Zahl der Studienplätze aufgestockt werden konnte.

Zur EU-Konformität bemerkte Baier, die Regelung sei mit Vertretern der EU-Kommission und mit EU-Experten aus Deutschland und dem in ähnlicher Weise wie Österreich betroffenen Belgien erarbeitet worden, es gebe plausible Signale und Argumente, dass das Gesetz vor dem EuGH halten werde. Insgesamt meinte Baier, mit der vorliegenden Regelung sei es gelungen, die Studienplätze für die österreichischen Studierenden zu sichern. Wenn die Opposition gegen diesen Beschluss des Nationalrats heute einen Einspruch erhebt, dann führe sie die bestehende Unsicherheit für die österreichischen Studierenden weiter fort, ohne auch nur irgend eine Alternative vorlegen zu können, warnte Baier. Der Redner brachte zudem einen Antrag ein, gegen den Beschluss keinen Einspruch zu erheben.

Bundesrätin Mag. NEUWIRTH (S) warf der Regierung vor, säumig gewesen zu sein und vor dem zu erwartenden EuGH-Urteil den Kopf in den Sand gesteckt zu haben. Mit Nachdruck lehnte die Rednerin die geplanten Auswahlverfahren ab, in denen sie eine Zulassungsbeschränkung sah. Dieser bereits mit der Einführung der Studiengebühren beschrittene Weg führe systematisch zu einer Verringerung der Zahl der Studierenden, was angesichts der im internationalen Vergleich niedrigen österreichischen Akademikerquote nicht hingenommen werden könne, kritisierte Neuwirth.

Bundesrat Dr. SCHNIDER (V) hielt den Ausführungen seiner Vorrednerin die positiven Stellungnahmen der Bundesländer einschließlich Salzburgs entgegen und erinnerte überdies auch an die Zustimmung seitens der Arbeiterkammer und der Rektorenkonferenz. Sogar die Hochschülerschaft habe diese Regelung unter der Voraussetzung der EU-Konformität akzeptiert, betonte er. Solange es keine bessere Alternative gibt, sollte man bei allen möglichen Bedenken diese Lösung "als das kleinere Übel" annehmen und für die Zukunft gemeinsam nach neuen Wegen suchen, empfahl Schnider.

Bundesrätin KONRAD (G) interpretierte die Aufnahmeverfahren als Probelauf für Zugangsbeschränkungen und gab zu bedenken, angesichts der niedrigen Akademikerquote in Österreich gehe es nicht an, die Zahl der Studierenden weiter zu reduzieren. Als Alternativen zur gegenständlichen Regelung schlug Konrad ein Modell von Ausgleichszahlungen bzw. das Herkunftslandprinzip vor. Vorstellbar war für die Rednerin auch eine entsprechende Initiative Österreichs im Rahmen der EU-Präsidentschaft.

Bei der Abstimmung wurde gegen den Beschluss des Nationalrates mehrheitlich Einspruch erhoben. Der Antrag des Bundesrates Baier erübrigte sich dadurch.

Im Zusammenhang mit der Änderung des ÖIAG-Gesetzes 2000 bezeichnete es Bundesrat KNEIFEL (V) als legitimes Recht des Eigentümers, die Gewinne der ÖIAG für die Forschung und Entwicklung zu verwenden, und meinte, es sei darüber hinaus auch vertretbar, diese Gewinne nicht nur am Ende eines Geschäftsjahres, sondern bereits unterjährig auszuschütten. Er stellte zudem den Antrag, gegen den Beschluss keinen Einspruch zu erheben.

Bundesrat SODL (S) widersprach seinem Vorredner und argumentierte, der Regierung gehe es bei diesem Gesetz bloß darum, den Privatisierungserlös der Post direkt in das Budget fließen zu lassen und dadurch Wahlkampfmunition zu erhalten. Sodl untermauerte bei diesem Anlass die Kritik seiner Fraktion an der Privatisierung der Post, wobei er insbesondere vor einer Verschlechterung der Versorgung durch weitere Schließungen von Postämtern im ländlichen Raum warnte.

Bundesrat PERHAB (V) bezeichnete die Lösung für die Post und ihre Mitarbeiter im Gegensatz zu seinem Vorredner als zukunftsorientiert. Den Vorwurf der Beschönigung des Budgets durch einen Vorschuss wies er entschieden zurück. In Wahrheit gehe es um einen Abschlag auf den voraussichtlichen Bilanzgewinn, wenn dieser abgedeckt ist, sagte er.

Bundesrätin Dr. LICHTENECKER (G) meinte wiederum, de facto werde nur das Budget aufgefettet. In Hinblick auf die Wirtschaftskompetenz der ÖVP kritisierte sie Bundeskanzler Wolfgang Schüssel scharf, der dem "Bankrotteur Berlusconi", wie sie sich ausdrückte, für die Wahl alles Gute gewünscht hatte. Italien bleibe Europas Klotz am Bein und dafür habe Berlusconi gesorgt, betonte Lichtenecker.

Für Bundesrat SCHIMBÖCK (S) gibt es lediglich für Großaktionäre eine Erfolgsgeschichte des Verkaufs von ÖIAG-Beteiligungen. Die ArbeitnehmerInnen seien auf der Strecke geblieben. Schimböck stellte aus seiner Sicht in Abrede, dass ordentlich verkauft worden sei, und erinnerte an die Austria Tabak. Dieser Dilettantismus sei sogar noch durch den Verkauf der VA-Tech übertroffen worden, bemerkte er. Die Entscheidungszentralen beider Unternehmen seien entgegen den Intentionen des ÖIAG-Gesetzes ins Ausland abgewandert. Sorge äußerte der Bundesrat hinsichtlich der Privatisierung der Post, zumal einige Regionen schon jetzt nicht mehr ausreichend versorgt seien. Die SPÖ sei nicht bereit, bei diesem "Schmäh" mitzutun, so Schimböck abschließend.

Bundesrat GRUBER (S) ging auf die Geschichte der ÖIAG ein, die seit 2006 alle wesentlichen Beteiligungen abgegeben hat. Damit sei es ihm zufolge zur größten Umverteilung in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte gekommen, wobei durch einen schlechten Verkauf ein Schaden von 8,2 Mrd. € entstanden sei. Einen Vermögenszuwachs hätten nur in- und ausländische Investoren und Investmentbanken zu verzeichnen gehabt. Er bedauerte ebenfalls, dass sowohl Austria Tabak als auch VA-Tech von der Bildfläche verschwunden sind, nachdem sie billig verkauft worden waren. Hätte man noch etwas gewartet, hätte man wesentlich höhere Verkaufsgewinne erzielen können, so seine Überzeugung. Nun seien weitere österreichische Betriebe bedroht, allen voran Böhler Uddeholm und die VOEST. Es sei die Chance vertan worden, in Österreich ein entsprechendes Investment-Know-How aufzubauen. Auch sei die ÖIAG keineswegs schuldenfrei, sondern habe mit Ende des Vorjahres noch immer einen Schuldenstand von 457 Mill. €. Gruber kritisierte auch die Bezüge des Aufsichtsrats, dessen Entpolitisierung er in Zweifel zog.

Bundesrat KNEIFEL (V) erwiderte, wer im Glashaus sitzt, solle nicht mit Steinen werfen. Er findet es als äußerst kühn, VOEST-Aktionäre als Spekulanten zu bezeichnen, wenn man bedenkt, dass ein Großteil davon Arbeitnehmer sind. Diese hätten einen Beitrag zur Standortsicherung geleistet. Spekulanten seien eher diejenigen, die Gelder der BAWAG in der Karibik versenken. Die ÖIAG habe im Jahr 2000 noch 6,3 Mrd. € Schulden gehabt, dieser Schuldenstand sei auf Heller und Pfennig abgebaut worden. Das Unternehmen sei noch immer viel wert, der Unternehmenswert sei sogar deutlich gesteigert worden, das Nettovermögen der ÖIAG sei vervielfacht worden. Der Wirtschaftsstandort Österreich sei durch die Politik der Bundesregierung wesentlich gestärkt worden, unterstrich Kneifel abschließend. Es seien Unternehmen geschaffen worden, die im Kern österreichisch, aber international tätig sind.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, gegen die Änderung des ÖIAG-Gesetzes Einspruch zu erheben.
     
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