Leitl: Die
zweite Phase liegt gut im Plan
Einigung über Novelle zum Wirtschaftskammergesetz – Effizienzsteigerung durch verbesserte
Organisationsstruktur – Matznetter warnt vor Schwächung des ÖGB
Wien (pwk) - Die zweite Phase der Wirtschaftskammer-Reform – Effizienzsteigerung durch eine verbesserte
Struktur der Fachorganisationen – liegt voll im Plan. Alle im WK-Präsidium vertretenen wahlwerbenden Gruppierungen
haben einer entsprechenden Novelle des WK-Gesetzes zugestimmt. Dieser Vorschlag wird nun dem morgen, Donnerstag,
tagenden Wirtschaftsparlament zur Entscheidung vorgelegt, erklärte WKÖ-Präsident Christoph Leitl
am 19. 04. in einem gemeinsamen Pressegespräch mit den Vizepräsidenten Christoph Matznetter, Matthias
Krenn und Richard Schenz.
„Die Ziele unseres ersten Reformschrittes – Einsparungen von 30 Prozent bei gleichzeitiger Leistungssteigerung
im gleichen Ausmaß – haben wir erfolgreich umgesetzt. Nun geht es um eine Modernisierung der Strukturen.
Damit können wir die wirtschaftliche Realität besser abbilden und den geänderten Erfordernissen
und Strukturen der heimischen Wirtschaft Rechnung tragen“, hob Präsident Leitl hervor. Begonnen werden soll
mit einer Reduktion der Fachorganisationsschienen von derzeit 128 auf etwa 80. Die Strukturänderungen sollen
dabei bestimmten Branchenkriterien wie Mitgliederzahl, Eigenfinanzierungsfähigkeit und Anteil der Mehrfachmitgliedschaften
folgen. „Insgesamt soll jedenfalls die Zahl der Körperschaften öffentlichen Rechts um rund ein Drittel
reduziert werden“.
Bei der Umgestaltung der Wirtschaftskammerorganisation waren, so Leitl, zwei Kriterien maßgeblich: Die Mitglieder
müssen sich damit identifizieren können, und es soll eine effiziente, professionelle und schlanke Organisation
herauskommen. „Ich denke, dass uns dies gelungen ist. Die Beschlüsse werden daher von allen Fraktionen im
Präsidium gemeinsam getragen“.
Nach den Worten von Vizepräsident Christoph Matznetter wird mit der Reform der WKO die sehr fruchtbringende
Entwicklung der Sozialpartner während der letzten Jahrzehnte fortgesetzt und die Organisation an die neuen
Entwicklungen angepasst. „Partnerschaftliche Entwicklung heißt, gemeinsam Reformprozesse umzusetzen. Es kann
aber nicht im Interesse der Sozialpartnerschaft sein, wenn einer der Partner geschwächt und diese Schwächung
von außen gefördert wird“, merkte der Vertreter der Sozialdemokraten im Wirtschaftsparlament in Anspielung
auf die aktuelle ÖGB-Krise und dem Bestreben "gewisser Parteisekretariate", daraus politisches Kleingeld
wechseln zu wollen, an und warnte in diesem Zusammenhang vor „Verhältnissen in romanischen Ländern, wo
eine Vielzahl kleinerer Gewerkschaften sich in der Durchsetzung von Partikularinteressen zu überbieten trachten“.
Es sei das Interesse aller, dass das System „auf gleicher Augenhöhe“ ausgebaut wird.
Matthias Krenn, Vizepräsident der Wirtschaftskammer Österreich, bezeichnet die zweite Phase der Wirtschaftskammer-Reform
als „größtmöglichen gemeinsamen Nenner im Rahmen des Machbaren.“ Er finde sich im zweiten Reformschritt
„in wesentlichen Teilen“ wieder; als schönen Teilerfolg bezeichnete er die bevorstehende Entlastung der heimischen
Unternehmen in der Höhe von etwa 15 Millionen Euro durch Abschaffung der Mehrfachumlagen. Die Reform der Organisationsstruktur
ist des weiteren aus Sicht des RFW (Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender) die optimale Basis dafür, um
in der Folge auch die Geschäftsstruktur den künftigen, neuen Gegebenheiten anzupassen und um somit auch
weitere Kostenreduktionen im Sinne unserer Mitgliedsbetriebe sicher zu stellen.
Richard Schenz, Vizepräsident und Finanzreferent der WKÖ und Sprecher der „Liste Industrie“, fasst die
zweite Phase der Wirtschaftskammerreform in Worte aus der Finanzsprache: „Sie bringt signifikante Verbesserung
der Kosten-/Nutzenrechnung für unsere Mitglieder.“ In diesem Sinne trage die Industrie den zweiten Reformschritt
gerne mit. Als Beispiel für Effizienz und Schlagkraft der WKO nannte Schenz die Außenwirtschaftsorganisation
(AWO): Sie unterstützt heimische Firmen durch mittlerweile 106 Stützpunkte in aller Welt, auf deren Know-How
und Service Unternehmen aus Österreich zurückgreifen können.
Die Eckpunkte der zweiten Reform-Etappe waren beim Wirtschaftsparlament im vergangenen November festgelegt worden.
Nach der morgigen Beschlussfassung im Sonder-Wirtschaftsparlament soll die WKG-Novelle dem Nationalrat vorgelegt
werden. Wesentliche Inhalte der Novelle sind:
- Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Beschlüsse des Erweiterten WKÖ-Präsidiums über
die Kriterien für Fachverbände und Fachgruppen
- Grundsatz der Spiegelbildlichkeit der Fachorganisationen (einem Fachverband entspricht im Bereich der Landeskammern
grundsätzlich nur eine Fachgruppe bzw. Fachvertretung)
- Änderung der Zusammensetzung des Fachverbandsausschusses (um die föderalistische Struktur der Kammerorganisation
deutlich zu machen)
- Erleichterung bzw. Anreize für freiwillige Zusammenschlüsse von Fachverbänden
- Erhöhung der Transparenz (Satzungen der WKO können künftig elektronisch kundgemacht werden)
Nach der Genehmigung der WKG-Novelle im Wirtschaftsparlament soll im Juni 2006 ein erweitertes Präsidium die
Branchenkriterien für die Errichtung von Fachverbänden und Fachgruppen beschließen. Für den
Juni 2008 ist der Beschluss der neuen Fachorganisationsordnung als Grundlage für die Wahlen 2010 sowie der
Beschluss des neuen Finanzierungssystems vorgesehen.
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Matznetter warnt davor, Sozialpartnerschaft von außen zu schwächen
Wien (sk) - "Es kann nicht im Interesse der Sozialpartnerschaft sein,
wenn einer der Partner geschwächt und diese Schwächung von außen gefördert wird", sagte
der Vizepräsident der Wirtschaftskammer (WKÖ), SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter, in einer
Pressekonferenz anlässlich einer Einigung zur Reform der Wirtschaftskammer. Matznetter spielte auf die aktuelle
Krise des ÖGB und das Bestreben "gewisser Parteisekretariate", daraus politisches Kleingeld wechseln
zu wollen, an. Matznetter fordert einen "maßvollen und verantwortungsvollen Umgang mit den Sozialpartnern".
Der Vizepräsident der Wirtschaftskammer warnte vor Zuständen wie in einzelnen romanischen Ländern,
wo sich Partikulargruppen gegenseitig in ihren Radikalforderungen zu überbieten versuchen. "Daraus entsteht
ein Schaden für den ÖBG, wenn er sich in fünf bis zehn konkurrierende Einzelgewerkschaften auflöst,
und ein Schaden für die Unternehmer, wenn es Wirtschaftsklubs gibt, die nur einige wenige Hundert Unternehmen
vertreten. Das ist letztendlich ein Schaden für die gesamte Wirtschaft", so Matznetter.
Die Sozialpartnerschaft sei über die Jahrzehnte einer der Erfolgsfaktoren der österreichischen Wirtschaft
gewesen. Die Sozialpartner haben einen sorgfältigen Blick auf das Gesamte und damit eine sehr fruchtbringende
Entwicklung gefördert, unterstrich Matznetter. Es sei ein "gutes österreichisches System",
wenn alle Unternehmen durch eine Institution vertreten werden, zeigte sich der WKO-Vizepräsident überzeugt.
Mit der nun erfolgten Einigung zu einer Reform der WKO reagiere man auf die sich ändernden Zeiten. Es werde
zu einer Verschlankung der Kammer kommen; die Fachorganisationen werden von 128 auf 80 reduziert. Matznetter legte
jedoch Wert darauf, dass bei diesen Veränderungen auch Rücksicht auf gewachsene Strukturen genommen werden.
Leider habe seine Fraktion, der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband, die Direktwahl des Wirtschaftsparlaments
nicht durchsetze können. Insgesamt wertet Matznetter die Einigung als sehr gut. "Der schwierige Prozess
ist sehr kollegial gestaltet worden und es ist zu einem sehr guten Ergebnis gekommen", so der WKO-Vizepräsident.
In einer Anmerkung lobte Matznetter den "zähen Kampf" der WKÖ gegen die Bundesbeschaffungsgesellschaft,
durch die alle Einkäufe des Bundes zentral abgewickelt werden sollen. "Eine Zentralbehörde, die
für alle Beschaffungen zuständig ist, ist nicht mehr zeitgemäß. Wir brauchen Flexibilität,
man kann die Beschaffung eines Bleistifts und die Organisation eines Malers zum Ausmalen auch vor Ort lösen.
Unsere lokale Wirtschaft ist leistungsfähig, sie kann das", schloss Matznetter. |