Für LH Pröll verlangt EU-Erweiterung auch Vertiefung
St. Pölten (bmaa) - Durch die bereits elfmalige Abhaltung des Europaforums Wachau habe Niederösterreich
mittlerweile Erfahrung mit dem europäischen Dialog, sagte Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll am 18. 04.
in St. Pölten zur Eröffnung der Europäischen Subsidiaritätskonferenz „Europa fängt zu
Hause an“, deren erster Teil unter dem Motto „Bürgernahe Politik: Der Beitrag der Regionen und Kommunen“ steht.
Der Titel der Konferenz verleihe dabei einer Emotion Ausdruck, an der sich Erfolg oder Misserfolg des europäischen
Weges entscheiden würden. Der Begriff Heimat drücke das Gefühl von Sicherheit, von verstanden, ernst
genommen und respektiert werden sowie mitreden können aus, so der Landeshauptmann. Demgegenüber dominierten
heute aber mehr und mehr Gefühle der Frustration und Ohnmacht, der Angst um Eigenständigkeit und Traditionen
sowie des Verlustes an Individualität, eigenständiger Kultur und Mitwirkungsmöglichkeiten. Die zunehmende
Europaskepsis – je größer die EU, desto kleiner der Schutz der Interessen des Einzelnen – könne
nicht der richtige Weg sein.
Das Subsidiaritätsprinzip und damit der Vorrang der kleinen Einheiten in Europa sei zwar festgeschrieben,
aber kaum je hinterfragt, kontrolliert oder praktiziert worden, so Pröll weiter. Angesichts des Umstandes,
dass auch der Verfassungsvertrag keine verbindliche Berücksichtigung der lokalen und regionalen Ebene vorsehe,
sei es umso entscheidender, dass die Rechtsnormen durch die politische Alltagsarbeit so mit Leben erfüllt
würden, dass auch der einzelne Bürger davon etwas verspüre.
Dazu nannte der Landeshauptmann vier Ansatzpunkte: Zum ersten brauche es eine subsidiäre Gesinnung in den
Zentralstellen Europas inklusive des Loslassens von Macht- und Entscheidungsbefugnissen zur Entwicklung einer Subsidiaritätskultur;
zum zweiten eine freiwillige Selbstverpflichtung der Kommission, die Regionen vor der Gesetzwerdung zu hören;
und zum dritten eine Umsetzung der Subsidiaritätsgrundsätze in die Alltagsarbeit seitens der Nationalstaaten
vor Inkrafttreten des Verfassungsvertrages. Schließlich hätten auch die Regionen selbst noch nicht alle
Möglichkeiten ausgeschöpft, subsidiär wirken zu können.
Als Erfolg versprechende Ansätze, die es zu stärken gelte, nannte Pröll das Subsidiaritätsnetzwerk
des Ausschusses der Regionen mit dem Pilotprojekt zur Luftreinhaltung in Europa sowie die Initiative „Förderkulisse
Grenzgebiete“, die Verständnis in und Hilfe aus Brüssel erhalten habe. Nicht zuletzt zeige auch der NÖ
Mobilfunkpakt, dass es maßgeschneiderte Lösungen geben könne, wenn ausreichend Zeit und Raum dafür
zur Verfügung gestellt würden.
Abschließend wünschte der Landeshauptmann der Konferenz, sie möge eine breite Diskussionswelle
auslösen, Gesinnung schaffen, vorhandene Instrumentarien überdenken, zum Bilden von Netzwerken ermutigen
und die Augen für das Mögliche öffnen: Europa werde dann erfolgreich sein, wenn Lebenserfahrung
und bürgernaher Hausverstand statt überzogenen, bürgerfremden Diktats regierten.
Die Erweiterung der Europäischen Union verlange gleichzeitig auch eine Vertiefung, betonte Pröll in seinem
Schlussstatement als Vorsitzender der ersten, rund dreistündigen Beratungsrunde zum Thema „Bürgernahe
Politik: Der Beitrag der Regionen und Kommunen“ im Rahmen der Subsidiaritätskonferenz in St. Pölten.
Für Pröll ist man in der Entwicklung Europas an einem entscheidenden Punkt angelangt, nämlich auch
inne zu halten und sich selbst zu hinterfragen: „Wohin wollen wir beziehungsweise wohin müssen wir, um Europa
zu einem Erfolg zu machen?“
Wichtig sei, den Umgang miteinander ständig zu überdenken und einen Weg zu finden, damit niemand überfordert,
bevorzugt oder benachteiligt wird. Ebenso müsse man den Bürger zu Wort kommen lassen.
Für den Landeshauptmann wird die Weiterentwicklung Europas ganz wesentlich von den Spezifikas des Kontinents
(unterschiedliche Sprachen, Minderheiten, Religionen etc.) sowie von der Stärkung der kleinen, überschaubaren
Einheit getragen. |