Respekt für den Kompromissvorschlag des Europäischen Parlaments
Wien (pk) - Im Mittelpunkt einer Aussprache zwischen den Mitgliedern des Ausschusses für Binnenmarkt
und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments und Fachkollegen aus Nationalrat und Bundesrat stand am
24. 04. Nachmittag das aktuelle Thema "Dienstleistungsrichtlinie". Angeführt wurden die EU-Abgeordnetendelegation
von Alexander Graf Lambsdorff, das Gespräch leitete Abgeordneter Maximilian Hofmann. Von österreichischer
Seite nahmen an der Unterredung die Abgeordneten Franz Xaver Böhm und Heribert Donnerbauer (beide V) sowie
Helene Partik-Pable (F) teil.
Eingangs skizzierte die EU-Abgeordnete Evelyne Gebhardt (PSE) den bisherigen Verhandlungsverlauf über das
"wichtigste EU-Gesetz der jüngsten Zeit" und bewertete es als positiv, dass zuletzt, zur informellen
Ratssitzung am vergangenen Samstag in Graz erstmals in der Geschichte der EU auch Abgeordnete des EU-Parlaments
beigezogen wurden. Seit der Unterbreitung des Kompromissvorschlags, den das Europäische Parlament zum Thema
Dienstleistungsrichtlinie erarbeitet hat, zeigten sich alle Organe der EU gewillt, so schnell wie möglich
eine Entscheidung herbeizuführen und die Dienstleistungsrichtlinie auf der Grundlage der vorliegenden Texte
von Parlament und Kommission in Kraft treten zu lassen. Einige Details seien noch offen, Gebhardt hielt es aber
für möglich, im Herbst, unter finnischem Vorsitz, ein Gesetz über Dienstleistungen auf dem Binnenmarkt
auf den Weg zu bringen.
Abgeordnete Helene Partik-Pable (F) zeigte Respekt für die Leistung des Europäischen Parlaments, dem
es gelungen sei, das "Herkunftslandprinzip" aus dem ursprünglichen Entwurf für die Binnenmarktrichtlinie
herauszubringen. Die Verhandlungen zeigten aber, dass man mit Themen, die berechtigte Ängste der Menschen
um ihre Arbeitsplätze berührten, sensibler umgehen müsse, wenn man der weit verbreiteten EU-Skepsis
entgegenwirken wolle.
EU-Abgeordneter Malcolm Harbour (EPP-ED) sah durch die Dienstleistungsrichtlinie, an deren erstem Entwurf das EU-Parlament
viel verändert habe, die Frage vieler KMU beantwortet: "Wo ist der Binnenmarkt, von dem Ihr immer redet?"
- Denn die kleinen Unternehmen wollen grenzüberschreitend tätig werden, können dies aber nicht,
weil sie von nationalen bürokratischen Hindernissen beeinträchtigt werden. Der von Abgeordnetem Maximilian
Hofmann (F) angesprochene Konsumentenschutz sei wichtig und wurde bei der Dienstleistungsrichtlinie keineswegs
unter den Teppich gekehrt, hielt Abgeordneter Harbour fest.
EU-Abgeordneter Joszef Szajer (EPP-ED) warnte davor, die Angst vor Veränderungen zum Ratgeber bei der Weiterentwicklung
des Binnenmarkts zu machen. Auch in seiner ungarischen Heimat habe man sowohl vor Billigarbeitskräften aus
dem neuen Mitgliedsland Rumänien als auch vor der Konkurrenz starker KMU aus Österreich Angst. Ungerechtfertigte
Angst, denn tatsächlich profitierten alle Europäer von der Öffnung des Binnenmarkts für Dienstleistungen,
zeigte sich der Abgeordnete überzeugt.
Die Mahnung, bei Initiativen vorsichtiger vorzugehen, sei nicht an das Europäische Parlament, sondern an die
EU-Kommission zu richten, sagte Abgeordnete Evelyne Gebhardt. Denn das Parlament habe sich sehr viel Zeit genommen,
den ursprünglichen Kommissionsvorschlag zu verändern, sagte die EU-Abgeordnete. Dieser Einschätzung
schloss sich der österreichische EU-Abgeordnete Othmar Karas (EPP-ED) an. Sein Appell an die österreichischen
Abgeordneten und an alle nationalen Parlamente lautete, Ratsvorsitzenden Martin Bartenstein, der dem Parlamentsvorschlag
zur Dienstleistungsrichtlinie positiv gegenüberstehe, in seinen Bemühungen für die Dienstleistungsrichtlinie
zu unterstützen. Das EU-Parlament habe sehr viel geleistet, um die Balance zwischen Binnenmarkt und Europäischem
Sozialmodell herzustellen und die Diskussion über die Dienstleistungsrichtlinie wieder in Gang zu bringen.
Außerdem sollte Österreich nicht vergessen, wie viel es von der Ostöffnung profitiere.
EU-Abgeordneter Pierre Jonckheer (Verts/ALE) führte die EU-Skepsis darauf zurück, dass junge Menschen
in Europa auf dem Arbeitsmarkt schlechte Bedingungen vorfinden und die EU für negative Auswirkungen der Globalisierung
verantwortlich machen. Daher sei das Herkunftslandprinzip so heftig kritisiert worden. Die Staatsbürger haben
ihr Recht verteidigt, die Arbeitsmärkte national zu gestalten und dagegen protestiert, den Import schlechterer
Regelungen akzeptieren zu müssen. |