Österreichische und deutsche Wirtschaft fordern neue Abfallstrategie für Europa  

erstellt am
08. 05. 06

Wien (pwk) - „Das überbordende europäische Abfallrecht entspricht nicht den Anforderungen des Lissabon-Ziels und bedarf dringend einer Revision im Sinne des Better-Regulation- Konzepts.“ Diese Forderung erhoben Vertreter der Wirtschaftskammer Österreich, des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) sowie des Europäischen Parlamentes bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz in Brüssel.

„Es gibt zu viele Rechtsakte und unklare Begrifflichkeiten, zum Teil aber auch hinterfragenswerte Schwerpunktsetzungen. In seinem derzeitigen Zustand ist das europäische Abfallrecht ein ziemlich unverdauliches Konglomerat, das die Unternehmen bei der Rückführung von Sekundärrohstoffen in den Wirtschaftskreislauf behindert oder verunsichert“, kritisierte Stephan Schwarzer, Abteilungsleiter für Umwelt- und Energiepolitik der WKÖ. Die Europäische Kommission hat deshalb Ende 2005 eine Thematische Strategie für Abfallvermeidung und Recycling sowie den Vorschlag einer Rahmenrichtlinie für Abfälle präsentiert. Diese werfen grundsätzliche Fragen über die Behandlung und Verwertung von Abfällen in den EU-Mitgliedstaaten auf.

„Diese Vorschläge der Kommission sind ein Schritt in die richtige Richtung“, so Schwarzer. „Aber weitere Schritte sind notwendig, damit das Abfallrecht im Rahmen des Lissabon-Prozesses die vorhandenen Wachstumspotenziale ausschöpft. Man kann das Recycling auch zu Tode administrieren, und genau dies passiert in einigen besonders regulierungsintensiven Segmenten.“ Beispielsweise gebe es immer noch keine EU-weit einheitliche Klassifizierung für Abfälle, wie etwa einen europäischen Abfallkatalog.

Die Schwerpunkte müssten richtig gesetzt werden: „Es ist doch ziemlich offenkundig, dass eine besonders hohe Quote der stofflichen Verwertung von Altautos nicht zu Lasten der Absenkung des Treibstoffverbrauchs der Kraftfahrzeuge gehen darf“, sagte Schwarzer.

Neue Abfallvermeidungsprogramme sieht die WKÖ als bürokratieträchtige Nebengeleise: mit Initiativen auf betrieblicher Ebene und Branchenebene hat Österreich viel bessere Erfahrungen gemacht.

Die wichtigsten Forderungen der WKÖ und des DIHK sind:

  • Zusammenfassung und Entschlackung der zersplitterten, zum Teil schon überalterten Rechtsakte. Die angekündigte Better Regulation ist zu begrüßen, sie darf sich aber nicht aufs Formale reduzieren, sondern soll auch inhaltlich überkommene Reglementierungen im Hinblick auf Zukunftsanforderungen hinterfragen.
  • Vordringlich ist die praxisgerechte Formulierung des europäischen Abfallbegriffs. Die bisherige Terminologie erzeugt sehr viel Verwaltungsaufwand und Rechtsunsicherheit und steht sinnvollen Verwertungsnetzwerken leider häufig im Weg.
  • Konsistente Ziele der Abfallpolitik: Während die Klimapolitik weniger CO2-Emissionen im Verkehr fordert, forciert die Altautorichtlinie leicht rezyklierbare Fahrzeuge. Dies schränkt CO2-Minderungspotenziale ein.
  • Übergang von der hoheitlichen Abfallentsorgung auf privatwirtschaftliches Abfallmanagement. In einem ersten Schritt soll die Verwertung und Beseitigung hausmüllähnlicher Gewerbeabfälle vollständig von Andienungspflichten an entsorgungspflichtige Körperschaften befreit werden. Langfristig sollte auch die Hausmüllentsorgung in private Hände übergehen.
     
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