Sektenstelle ortet weitere Zersplitterung der weltanschaulichen Szene  

erstellt am
08. 05. 06

Auch Esoterik-Angebote können zu Problemen führen
Wien (pk) - Die Bundesstelle für Sektenfragen ist nach wie vor eine gefragte Anlaufstelle für Information und Beratung rund um das Thema Sekten. Das geht aus dem nunmehr siebenten Tätigkeitsbericht der Bundesstelle hervor, der von Sozialministerin Ursula Haubner kürzlich dem Nationalrat vorgelegt wurde ( III-218 d.B).

Dem Bericht zufolge haben sich im Jahr 2004 1.808 Personen bzw. Institutionen mit ihren Anliegen an die Bundesstelle für Sektenfragen gewandt, viele davon mehrfach. Dabei erfolgte in 692 Fällen über die Vermittlung von Sachinformationen hinaus eine intensive psychosoziale Beratung.

Auffallend ist die breite Streuung der Anfragen. Zu insgesamt 316 unterschiedlichen Gruppierungen wollten die Anfragesteller nähere Auskünfte, weil sie hinter diesen sektenähnliche Strukturen vermuteten. Dabei waren auch gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgemeinschaften wie die Evangelisch-methodistische Kirche oder die Mormonen sowie staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaften wie die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten nicht ausgenommen.

Das größte Interesse der Anfragesteller galt allerdings der Guru-Bewegung Sahaja Yoga, gefolgt von Scientology und Satanismus-Aktivitäten. Aber auch zu den Zeugen Jehovas und zum weiten Feld der Esoterik gab es zahlreiche Anfragen.

Insgesamt bestätigt sich der schon seit längerem festgestellte Befund, dass es immer mehr zu einer Zersplitterung der weltanschaulichen Szene kommt. Konfliktträchtige und sektenähnliche Strukturen könnten nicht nur bei religiösen Gruppierungen oder EinzelanbieterInnen beobachtet werden, sondern etwa auch im expandierenden kommerziellen Lebenshilfemarkt, heißt es im Bericht.

So hält beispielsweise der breite Markt der Esoterik eine Fülle von spirituellen Angeboten bereit, die, wenn sie unkritisch aufgegriffen werden, zu vielfältigen Problemen führen können. Der Sektenstelle wurde sowohl über wirtschaftlich als auch über gesundheitlich problematische Situationen aufgrund der Zuwendung zu esoterischem Gedankengut berichtet. Gleichzeitig ist, wie die Autoren festhalten, eine explizit kritische Auseinandersetzung mit Esoterik aufgrund der breiten Akzeptanz in der Bevölkerung schwierig. Überdies seien die Betroffenen fast immer volljährige und mündige Erwachsene. Insgesamt erreichten die Sektenstelle seit Beginn ihrer Tätigkeit vor rund sieben Jahren Anfragen zu mehr als 940 unterschiedlichen Gruppierungen, Organisationen und EinzelanbieterInnen.

Das spezifische Beratungsangebot der Sektenstelle wurde wie schon in den vergangenen Jahren vor allem von Personen in Anspruch genommen, die sich um einen Familienangehörigen bzw. eine Familienangehörige Sorge machen. Aber auch BerufskollegInnen von - vermeintlichen - Sektenopfern wandten sich häufig an die Stelle. 118 Personen suchten in eigener Sache um Rat und Hilfe, etwa um ihre Situation kritisch zu reflektieren oder um über negative persönliche Erfahrungen zu berichten und diese aufzuarbeiten. Nicht zuletzt aus geographischen Gründen kamen die meisten Beratungsfälle aus Wien und Niederösterreich.

Für Betroffene erleichtert wird die Kontaktaufnahme mit der Bundesstelle für Sektenfragen dadurch, dass Verschwiegenheit, Sachlichkeit und Datenschutz zu den wichtigsten Kriterien der Informations- und Beratungstätigkeit zählen. Dem Wunsch anfragender Personen nach Anonymität wird stets entsprochen. Zu den Grundprinzipien der Arbeit der Sektenstelle gehören aber auch Toleranz gegenüber allen Glaubensgemeinschaften und Weltanschauungen, die Achtung von Grundfreiheiten und Menschenrechten einschließlich der Glaubens-, Religions- und Gewissenfreiheit sowie das Bemühen, Vorurteile abzubauen.

Über die Informations- und Beratungstätigkeit hinaus stand auch im Jahr 2004 das Sammeln und Dokumentieren von Informationen im Mittelpunkt der Tätigkeit der Sektenstelle. Zudem wurden wieder periodische Fachgespräche mit unterschiedlichen Zielgruppen, Veranstaltungen und Vorträge angeboten sowie das InfoService weitergeführt.

Als österreichweite zentrale Servicestelle steht die Bundesstelle für Sektenfragen allen Bürgerinnen und Bürgern, privaten Institutionen und staatlichen Einrichtungen zur Verfügung. Das Büro der Stelle ist werktags von Montag bis Freitag von 9 Uhr bis 18 Uhr durchgehend besetzt, darüber hinaus sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter per e-mail (bundesstelle@sektenfragen.at) und - zwischen 10 Uhr und 17 Uhr - telefonisch (01/513 04 60) erreichbar.
     
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