VOR-Dialog zeigt neue organisatorische und technische Konzeptionen auf
Wien (rk) - Fragen des öffentlichen Personennah- und regionalverkehrs (ÖPNRV) mit
besonderer Berücksichtigung des Wiener Raumes bilden einen Hauptansatzpunkt der VOR-Dialoge, bei denen anerkannte
Verkehrsfachleute referieren und die in Verbindung mit eingehenden Diskussionen stehen. Der kürzlich abgehaltene
5. VOR-Dialog befasste sich mit dem Themenkomplex "Transport-Systeme und Kooperationen mit öffentlichen
Verkehrsträgern". Seitens der Geschäftsführung des Verkehrs- verbundes Ost-Region (VOR) betont
einleitend Direktor Manfred Novy die führende und vorbildliche internationale Position Wiens bei Beförderungszahlen,
Liniennetz und Modal split, aber auch bei der Fahrplangestaltung und den Fahrzeugtypen auf Schiene und Straße.
Der seit drei Jahrzehnten im VOR leitend Tätige wünscht sich "noch mehr Integration, vor allem beim
Schienenverkehr". Es gebe zwar unterschiedliche Anlagen - Straßenbahn, U-Bahn mit zwei verschiedenen
Betriebssystemen, S-Bahn und Wiener Lokalbahnen mit Eisenbahngleiskörpern - aber auf dem Sektor der Anbindungen
und Umsteigemöglichkeiten könne man immer wieder Verbesserungsmöglichkeiten nützen, man denke
etwa an den Umbau beim Praterstern.
Auf die angesprochene Vorbildstellung Wien geht DI Günter Steinbauer, Vorsitzender der Geschäftsführung
der Wiener Linien, im Detail ein: Wien zählt bei Nahverkehrs-Benchmark- Untersuchungen in allen Kategorien
(Pünktlichkeit, Sauberkeit, Modal split) zu den drei führenden Städten in Europa. Was die Frequenz
betrifft, wird eine Steigerung von derzeit jährlich rund 740 Millionen Fahrgäste auf 800 Millionen angestrebt,
beim Modal split von 34 auf 37 Prozent. Die Verkehrsdienstleistungen der Wiener Linien werden derzeit (alle Zahlen
gerundet) von 500 Bussen, 550 Straßenbahngarnituren und 300 U-Bahnzügen erbracht, 7800 Mitarbeiter sind
tätig, angestrebt wird eine Mitarbeiterzahl von 7500. Bezüglich der Umweltsituation hält Steinbauer
fest: " Die Flüssiggasbusse fahren mit dem derzeit saubersten Motor auf dem Weltmarkt". Zum Betriebsprogramm
selbst: derzeit besteht ein Drittel des Waggonbestands der Straßenbahn aus ULF-Garnituren, bis Ende 2007
soll der ULF auf allen Linien eingesetzt werden, selbst außerhalb der Spitzenzeiten ("Schwachlast")
wird jeder 2. Zug eine Niederflurgarnitur sein - mit ihren 19 Zentimetern Einstiegshöhe übrigens die
Niederste im internationalen Vergleich. Das erfordert auch beachtliche finanzielle Mittel, immerhin kostet beim
ULF ein (kurzer) Zug 2 Millionen Euro.
Was den Schienenfahrzeugbereich generell betrifft, spielt Österreich in Europa eine herausragende Rolle, es
werden etwa 15.000 Personen beschäftigt, das Exportvolumen liegt bei 5 Milliarden Euro. Der neugegründete
"Verband der Bahnindustrie Österreichs" soll die Interessen dieses Wirtschaftszweigs in Zukunft
intensiver wahrnehmen. Auch hier ist Wien ein Zentrum, wie von der Bereichsleitung Siemens Transportation Systems,
DI Gottfried Schuster darlegt. Die Konzernzentrale für Metro und Straßenbahn befindet sich in Wien,
auch die überwiegende ULF- Erzeugung ist am Wiener Standort situiert, für Lieferungen nach Budapest und
Lissabon wird ebenfalls hier produziert. Der Experte sieht "einen klaren Trend zur Ausweitung des Nahverkehrs",
die Zukunft gehört, nicht zuletzt aus Gründen der Energieersparnis, dem Leichtbau; beim Fahrzeugantrieb
bei Personenfahrzeugen sind das leichte Drehgestelle mit Direktantrieb. Für den Fernverkehr stehen als Spitzenmodelle
bei den Loks die Taurus und die Herkules auf der Schiene, die Tendenz zu Doppelstockwagen im Regionalverkehr nimmt
zu, auch aus Platzgründen, 2x2 Doppelstockwagen kommen mit 100 Meter Bahnsteiglänge aus. Für die
Verbindung Wien - Bratislava kann sich Schuster eine Magnetschwebebahn vorstellen, diese würde etwa die Distanz
zwischen den Flughäfen Wien und Bratislava in 10 Minuten zurücklegen.
Aufhorchen lässt mit neuen Konzepten für Organisation und Finanzierung VOR-Geschäftsführer
Mag. Wolfgang Schroll in Hinblick darauf, dass sich auf der einen Seite die Verkehrsverantwortung immer mehr in
die Regionen, und damit zu den Gebietskörperschaften, verschiebe und andererseits sich damit Geldfragen auftäten:
"Fragen der Finanzierung werden oftmals schwierig für die Gebietskörperschaften, welche Möglichkeiten
bestehen, um keine verlorenen Investitionen zu schaffen. Hier treffen sich Interessen der Industrie und der Verkehrsträger".
Er denkt an die Schaffung eines Fahrzeugparks, der "sich in einem Pool befindet und auf dem Leasing-Weg benützt
werden kann". Für die Schienenfahrzeug-Industrie brächte das eine Vereinfachung bei den Markterfordernissen
bzw. in den Produktionssegmenten, weil etwa beim städtischen Verkehr "ähnliche Erfordernisse"
bestünden. Auch würde das Fragen der Finanzierung - vor allem für kleinere Verkehrsträger -
erleichtern, denn so Schroll und Schuster unisono, "es gibt Kunden, die auch mit zehn Jahre alten Fahrzeugen
noch etwas anfangen können". Bei Loks aus dem Pool heraus wäre durchaus ein flexiblerer Einsatz,
einmal Personen- einmal Güterverkehr, denkbar. |