Mailath-Pokorny: Lebendiges Gedächtnis der Stadt
Wien (rk) - Die Wienbibliothek im Rathaus, eine der großen kulturellen Institutionen der Stadt,
feiert ihren 150. Geburtstag. Als Teil des kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Gedächtnisses der
Stadt, so Kulturstadtrat Dr. Andreas Mailath- Pokorny im Pressegespäch, das aus diesem Anlass am 28. 04.
stattfand, nimmt die Bibliothek eine wichtige Aufgabe für die Stadt wahr. Mit ihren großen Beständen
verwaltet sie ein bedeutendes kulturelles Erbe, ist zugleich ein modernes Forschungszentrum und steht der Bevölkerung
bei freiem Zugang zur Verfügung. Die Stadt sei stolz, dieses Jubiläum begehen zu können. Auch die
Direktorin der Bibliothk, Dr. Sylvia Mattl-Wurm verwies auf die Bedeutung der Institution als drittgrößte
wissenschaftliche Bibliothek der Stadt, die zugleich eine Schnittstelle für die Begegnung mit den Bürgern
sei, und auch auf die mit dem heutigen Jubiläumsfest beginnenden Aktivitäten im Jubeljahr. Durch die
neue Bezeichnung "Wienbibliothek im Rathaus" werde auch die Identität der früheren Stadt- und
Landesbibliothek gestärkt. Der Kulturwissenschaftler Manfred Osten, der die Festrede hielt, hob die Rolle
von Bibliotheken als physische Gedächtnisträger in einer "Gesellschaft des Vergessens" hervor.
Digitale Systeme würden zum Erodieren dieser Gedächtnisfunktionen beitragen und seien nicht in der Lage,
eine entsprechende Langzeitspeicherung zu gewährleisten.
Mailath-Pokorny: Kulturbereich Rathaus
Stadtrat Dr. Andreas Mailath-Pokorny bezeichnete die Bibliothek als wichtigen Bestandteil des Kulturbereiches im
und um das Wiener Rathaus, gemeinsam mit den in Entstehung begriffenen Ausstellungsräumlichkeiten für
das "Museum auf Abruf" und der Planungswerkstätte. Die Bibliothek berge ungeheure Schätze unter
ihren 1,5 Millionen Objekten - Autographen, Bestände der Druck-, Musik- und Plakatsammlung . So sei die Schubert-Sammlung
in das "Memory of the World" - Verzeichnis der UNESCO aufgenommen worden. Mailath betonte auch, dass
die Bibliothek laufend um den Erwerb wertvoller Nach- und Vorlässe bemüht sei, mit der Neugestaltung
des Studienraumes und des Depots, das auch entsprechend künstlerisch gestaltet wurde, wurde den Erfordernissen
eines modernen Betriebs Rechnung getragen.
Nach den Vorträgen, Diskussionen und Feiern der heutigen Festveranstaltungen - am Abend im Rathaus mit Bürgermeister
Dr. Michael Häupl, Peter Turrini und Marie-Thérèse Kerschbaumer, sowie den Neuen Wiener Concert
Schrammeln und Kollegium Kalksburg - gibt es im Jubiläumsjahr zahlreiche weitere Aktivitäten: unter anderem
kommt die Privatbibliothek H.C. Artmanns in der Bibliothek zur Aufstellung, dem Hörspielpionier Franz Hiesel
wird eine Ausstellung gewidmet, Bücher zur Plakatsammlung, die mit ihren 250.000 Objekten eine der größten
in Europa bestehenden ist, und zur Geschichte der Wienbibliothek sind ebenso geplant wie eine Marcel Prawy-Ausstellung
im Herbst: 800 Kisten mit verschiedensten Dokumenten aus dem Nachlass des großen Opernkenners mussten dafür
gesichtet werden. Das gesamte Programm gibt es auf einem Folder und im Internet unter: www.wien.gv.at/kultur/wienbibliothek/
Neuausrichtung und Neupositionierung der Wienbibliothek
Der markante zeitliche Einschnitt des 150-Jahr-Jubiläums bringt auch eine Neupositionierung der Bibliothek,
sowohl inhaltlich als auch formal durch die Einführung eines neuen graphischen Auftritts.
Nach der Übernahme der Leitung der drittgrößten wissenschaftlichen Bibliothek Wiens durch Sylvia
Mattl-Wurm im Jahr 2004 führten umfangreiche Analysen zu dem Ergebnis einer Neubenennung: Mit dem Namen Wienbibliothek
im Rathaus und dem neuen graphischen Erscheinungsbild wird die Bibliothek stärker an die breite Öffentlichkeit
treten.
Die Wienbibliothek als Wissensspeicher
Das Sammeln, Erschließen und Bewahren von Druckschriften, Autografen, Musikhandschriften und -drucken,
Plakaten und Nachlässen sowie elektronischen Ressourcen, Bild- und Tonträgern sind zentrale Aufgaben
der Wienbibliothek.
Die Druckschriftensammlung verfügt über eine weltweit konkurrenzlose Sammlung von Viennensia, die den
Zeitraum vom späten 15. Jahrhundert bis in die unmittelbare Gegenwart umfasst. Mit ihrer Handschriftensammlung,
die bedeutende Nachlässe und Autografen der österreichischen Kulturgeschichte seit dem Zeitalter der
Aufklärung (von Franz Grillparzer, Johann Nestroy über Karl Kraus bis hin zu H. C. Artmann und Friederike
Mayröcker) besitzt, der Musiksammlung mit ihren Beständen unter anderem zu Franz Schubert und Johann
Strauss sowie der umfangreichsten Plakatsammlung Österreichs, versteht sich die Bibliothek als Ort des kulturellen
Gedächtnisses.
Die umfangreiche Zeitungsdokumentation sowie das von der Arbeiterkammer Wien übernommene Tagblattarchiv beinhalten
relevante Materialien zur Zeit- und Kulturgeschichte Wiens.
Die Wienbibliothek als Forschungszentrum
In enger Zusammenarbeit mit Universitäten und wissenschaftlichen Institutionen (Filmarchiv Austria, Fonds
zur Förderung wissenschaftlicher Forschung, Internationales Forschungsinstitut Kulturwissenschaften usw.)
wird WissenschaftlerInnen, JournalistInnen und StudentInnen, aber auch an historischen Themen interessierten WienerInnen
ein optimales Umfeld zur Aufarbeitung der Wiener Stadt- und Kulturgeschichte geboten. Die BenutzerInnen erhalten
kostenlos Zugang zu den Bibliotheksbeständen, den Online-Katalogen und Verzeichnissen sowie qualifizierte
Informationen zu den Beständen. Neben den kulturhistorisch bedeutenden Sammlungen sind Benützerorientierung
und ein umfassendes Informationsservice die besonderen Stärken der Wienbibliothek. |