Wirtschaftskammer will das Steuerfallbeil entschärfen  

erstellt am
02. 05. 06

Wien (nöwpd) - Als Begleitmaßnahme zur erschwerten Kreditaufnahme durch Basel II ab kommendem Jahr sei dringend eine steuerliche Entlastung bei der Übergabe von Unternehmen notwendig. Dafür machten sich der Obmann der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer, Wolfgang Welser, der Präsident der Wirtschaftstreuhänderkammer, Alfred Brogyanyi, und der BWL-Professor Leo W. Chini stark. "Der Finanzminister muss seine zwei Hirnhälften, die Bankrechts- und die Steuerabteilung, zusammenlegen," formulierte der Wirtschaftslehrer drastisch.

Die jetzige Rechtslage bei Unternehmensnachfolgen im Familienbereich, so sagte Welser, "ist ein steuerliches Fallbeil. Sie führt dazu, dass der erste Schritt des Erben die Plünderung des Unternehmens ist". Da die Nachfolger in der Regel kein eigenes nennenswertes Vermögen hätten, würden die bei einer Übergabe anfallenden Erbschafts-, Schenkungs- und Verkehrssteuern sowie Gebühren durch Kapitalentnahmen aus dem Betrieb bezahlt. Diese Schwächung der Eigenkapitaldecke gefährde mitunter die Existenz des Unternehmens: "Der Nachfolger startet mit frischen Ideen, aber geleerten Taschen."

Welser ist, wie er hervorhob, Inhaber eines "seit 1664 in zehnter Generation bestehenden Familienunternehmens" und kennt das Dilemma daher aus eigener Erfahrung: Der seit 2001 bestehende Steuerfreibetrag bei Übergaben von 365.000 Euro sei nur für Kleinstbetriebe ausreichend, die mögliche Gründung einer Privatstiftung für mittlere Betriebe aber zu teuer und damit "utopisch".

Abhilfe böte in seinen Augen eine Verdoppelung des Freibetrags und ein Bewertungsabschlag von 75 Prozent. Mit einem solchen werde auch nur eine Gleichbehandlung mit Immobilien hergestellt, bei denen der dreifache Einheitswerte als Grundlage für die Erbschaftssteuer herangezogen wird, während bei Betrieben der volle Ertragswert maßgebend ist. Ferner sei eine Stundungsvariante, wie sie derzeit in Deutschland diskutiert wird, überlegenswert; nach diesem Modell werden, falls der Nachfolger den Betrieb nicht veräußert, jährlich zehn Prozent von der theoretisch anfallenden Steuer nachgelassen, so dass nach zehn Jahren nichts mehr zu bezahlen ist.

Auch Brogyanyi kehrte hervor, dass Schenkungs- und Erbschaftssteuern den Spielraum der ohnehin oft kapitalschwachen Unternehmen verringern. Als sinnvolle Alternative, mit der Engpässe in der Liquidität vermieden würden, biete sich die Betriebsübergabe gegen eine Rentenvereinbarung an. Je nach dem Verhältnis des übertragenen Vermögens komme eine Kaufpreis-, Versorgungs- oder Unterhaltsrente in Frage. In solchen Fällen könne auch die Erbschaftssteuer als Rentenleistung bezahlt und bei der Einkommenssteuer geltend gemacht werden.
     
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