SPÖ
warnt vor Ärztemangel in Österreich
Wien (sk) - Vor einem Ärztemangel in Österreich warnten SPÖ-Wissenschaftssprecher
Josef Broukal, die Vorsitzende der sozialdemokratischen ÄrztInnen, Dr. Sabine Oberhauser, und der Forscher
und Betriebsratsobmann der Med-Uni Wien, Prof. Dr. Thomas Szekeres am 15. 05. in einer gemeinsamen Pressekonferenz.
In spätestens zehn Jahren werden 1.600 ÄrztInnen in Pension gehen, aber es werden nur 806 ausgebildete
ÄrztInnen zur Verfügung stehen. Mit einberechnet ist dabei noch nicht die Tatsache, dass aufgrund der
steigenden Lebenserwartung mehr ärztliche Dienstleistungen benötigt werden. "Das geht sich nie und
nimmer aus", so Broukal. Die SPÖ hat einen Plan für den Ausbau der Medizin-Universitäten ausgearbeitet
und fordert 50 zusätzliche Anfängerplätze an den drei Med-Unis pro Jahr.
Bereits vorige Woche schlug der Verband der österreichischen Professoren Alarm: Sollten die Studienplätze
an der Medizin nicht erhöht werden, drohe eine Situation wie in Deutschland. In Deutschland streiken derzeit
22.000 Spitalsärzte; sie fordern bessere Arbeitsbedingungen und eine faire Bezahlung. In Bratislava wurden
wegen streikender Ärzte bereits drei Spitäler zugesperrt.
Auch in Österreich fehlen heute schon mindestens 1.000 zusätzliche ÄrztInnen, zitierte Oberhauser
die Ärztekammer. Noch mehr Bedarf an ÄrztInnen gebe es, wenn die übrigen acht Bundesländer
dem Beispiel Wiens folgen würden und immer ein Facharzt im Spital anwesend ist. In acht von zehn Spitälern
würden außerdem die Arbeitszeiten nicht eingehalten. ÄrztInnen müssen in der Regel 72 Wochenstunden
arbeiten, Wochenenddienste dauern bis zu 49 Stunden in einem Stück. Vorgeschriebene Ruhephasen gebe es immer
seltener, so Oberhauser, die berichtete, dass sich die Ärzte dringend mehr freie Zeit wünschen würden.
Ein Wechsel zu einer verantwortbaren Arbeitszeit sei unbedingt notwendig. Piloten arbeiten zum Vergleich maximal
elf Stunden, Lokführer maximal 12 Stunden. Wenig Hoffnung gebe auch die Regierung, die, so Oberhauser, "darauf
schielt", die Bereitschaft aus der Arbeitszeit herauszurechnen, was nichts daran ändert, dass die Ärzte
trotzdem vor Ort sein müssen. Sollte es so weitergehen, drohen auch in Österreichs Streiks, betonte Oberhauser.
Wie Broukal erklärte, brauche Österreich im Jahr 2015 mindestens 2.300 Medizin- Studienanfängerplätze.
Ab diesem Zeitpunkt würden jährlich etwa 1.600 ÄrztInnen in Pension gehen. Bedenkt man, dass ein
Medizin-Studium inklusive Turnus zehn Jahre dauert und dass es aufgrund der Medizin-Quote der ÖVP pro Jahr
nur 806 ausgebildete ÄrztInnen geben wird, könne man leicht erkennen, dass sich das nicht ausgeht. Die
806 Ausgebildeten ergeben sich aus folgender Rechnung: An der Med-Uni Wien kommen ab dem dritten Semester die 600
Besten weiter, in Graz sind es 360, in Innsbruck bleiben von 400 Erstsemestrigen nach dem zweiten Semester 280
Studierende übrig – sind 1.240 und nicht 1.500, wie die Regierung vorgibt. Minus 25-prozentigem Ausländeranteil
und 10-prozentiger Drop-Out-Quote bleiben 806. Diese 806 ÄrztInnen können den Bedarf auf keinen Fall
decken, gibt auch Szekeres zu Bedenken und fügt hinzu, dass der Bedarf an ärztlichen Dienstleistungen
wegen der steigenden Lebenserwartung noch höher wird.
SPÖ-Plan für den Ausbau der Medizin-Unis
Um diese Lücke zu schließen, schlägt die SPÖ vor, jährlich 50 Anfängerplätze
mehr an den drei Med-Unis zur Verfügung zu stellen: In Wien 25 Plätze, in Innsbruck 13 und in Graz 12
Plätze. Außerdem solle das "dritte Semester" für Theoriefächer genützt werden,
und bisher ungenützte Ausbildungsplätze sollen aufgeschlossen werden, so der SPÖ-Wissenschaftssprecher. |
Brinek: Keine Panikmache wegen Ärztemangels!
ÖVP-Wissenschaftssprecherin: "Die Regierung hat ausreichend vorgesorgt - Broukal
will nur von eigenem Versagen ablenken"
Wien (övp.pk) - Vor einer völlig unnötigen Panikmache bezüglich angeblich drohenden
Ärztemangels warnt ÖVP-Wissenschaftssprecherin Dr. Gertrude Brinek SPÖ-Wissenschafts- sprecher Broukal.
"Die Bundesregierung hat ausreichend vorgesorgt und die Studienplätze um 20 Prozent aufgestockt. Damit
wird dem steigenden Ärztebedarf Rechnung getragen und gleichzeitig berücksichtigt, dass einige Studierende
mit nicht-österreichischem Maturazeugnis wahrscheinlich auch nach Ende ihres Studiums in Österreich bleiben
und den Arztberuf ausüben", erklärte Brinek in einer Redaktion auf die Pressekonferenz Broukals
heute, Montag.
Überdies sei, so Brinek weiter, die Zahl der Medizinstudienplätze mit Expertinnen und Experten in Hinblick
auf Bedarf und ausreichendem Spielraum für jene, die nach abgeschlossenem Studium in Forschung und Industrie
arbeiten wollen, abgesprochen. "Wenn Broukal tatsächlich eine rasche Steigerung der Arbeitsmöglichkeiten
und Gesundheitsversorgung andenkt, müsste er auch begreifen, dass dazu à la longue neue Spitäler
gebaut werden müssen, weil das klinische Studium und die Forschung am Patienten selbst stattfindet",
betonte die ÖVP-Wissenschaftssprecherin.
Die SPÖ-Forderung, das so genannte "dritte Semester", also die Sommerzeit, für theoretische
Ausbildung zu nutzen, gehe offenbar von der populistischen Einstellung aus, dass die Universitäten in dieser
Zeit "schlafen" würden. "Nach mittlerweile einigen Jahren als Wissenschaftssprecher müsste
Genosse Broukal die Praxis eigentlich schön langsam besser kennen", kritisierte Brinek. "Daher sind
seine Vorstellungen und Forderungen auch mit größter Vorsicht zu behandeln." Offensichtlich wolle
Broukal jedenfalls davon ablenken, dass er sich im Parlament einer vernünftigen Medizinstudienzugangsregelung
verschlossen hat und diese Unsicherheit jetzt aufwiegen will. |
Grünewald: Bundesregierung muss Uni-ÄrztInnen Überstunden abgelten
Skandalöse Aufweichung bestehender Obergrenzen der Arbeitszeit aus Kostengründen
Wien (grüne) - "Zehn Jahre nach Inkrafttreten des Krankenanstaltenarbeitszeitgesetzes (KA-AZG)
wird dieses immer noch nicht flächendeckend exekutiert. Dennoch versucht die Bundesregierung aus Kostengründen
bestehende Obergrenzen der Arbeitszeit von Uni-ÄrztInnen aufzuweichen. Das ist ein politischer Skandal der
Sonderklasse", kritisiert der Wissenschafts- sprecher der Grünen, Kurt Grünewald, die akute Überstundenproblematik
von ÄrztInnen an Uni-Kliniken.
Die Folgen derartiger Maßnahmen bedeuteten einen Qualitätsverlust in der medizinischen Betreuung von
PatientInnen, lösten haftungsrechtliche Probleme aus und verletzten gröblichst bestehende ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen.
"Die Regierung muss die vom Betriebsrat der ÄrztInnen errechnete Summe von 25 Mio. Euro für nicht
abgegoltene Überstunden in den letzten Jahren endlich ausbezahlen. Es kann nicht länger angehen, dass
das Gesundheitssystem auf Kosten der Uni-ÄrztInnen finanziert wird", so Grünewald abschließend. |