Philosophy On Stage: neue Zugänge für Bildung & Philosophie im Tanzquartier
Wien (fwf) - Internationale KünstlerInnen bringen im Tanzquartier Wien frischen Schwung in die
aktuelle Bildungsdebatte. Unter dem Titel "Education acts. Kunst macht Bildung" werden in eigens errichteten
Forschungslaboratorien Wert bzw. Unwert von Bildung in Lectures und künstlerischen Performances thematisiert.
Mit der Unterstützung des Wissenschaftsfonds FWF knüpft das Projekt damit an das erfolgreiche Konzept
"Philosophy On Stage" an, das im Herbst 2005 im Museumsquartier stattgefunden hat. Wie dieses soll das
aktuelle Projekt nun wieder viele interessierte Zuseher anziehen.
In der gesellschaftspolitischen Bildungsdebatte fordert die Kunst nicht nur ihren Platz im Bildungssystem, sondern
bereichert diese nun auch durch künstlerische Positionen. Unter dem Schlagwort "Education acts"
entwickeln international renommierte KünstlerInnen in fünf verschiedenen Forschungslaboratorien am Tanzquartier
Performances, in denen die Methoden des künstlerischen Lern- und Arbeitsprozesses analysiert werden. Ziel
ist es, anhand dieser den "Un-/Wert" von Bildung zu hinterfragen und gleichzeitig aufzuzeigen, wie künstlerische
Performances selbst neues oder andersartiges Wissen produzieren.
Begleitet wird die künstlerische Arbeit durch eine bereits Mitte Mai startende, öffentlich zugängliche
Ringvorlesung, die den Grenzen der Macht und Machbarkeit von Bildung auf den Grund geht. Das Projekt "Education
acts", das insgesamt auf zwei Jahre angelegt ist, stellt eine Forschungskooperation des FWF-Projektes "Materialität
und Zeitlichkeit performativer Sprechakte" mit der Universität Wien und dem Tanzquartier Wien dar.
Wahrheit geschieht "Education acts" ist Teil eines größeren 3-jährigen FWF-Forschungsprojekts
zum Thema "Materialität und Zeitlichkeit performativer Sprechakte", das von Dr. Arno Böhler,
Dozent am Institut für Philosophie der Universität Wien und Prof. Susanne Granzer, Professorin am Max
Reinhardt Seminar in Wien (Schauspielabteilung) geleitet wird. Dr. Böhler: "In unserem Forschungsprojekt
unter dem Titel Philosophy On Stage geht es darum, den Aufführungscharakter von Wissen philosophisch zu thematisieren
und in Lecture-Performances künstlerisch zu erproben. Dies geschieht, indem wir wissenschaftliche Texte on
stage aufführen. Dabei wird ganz von selbst offensichtlich, dass Wissen durch die Darstellung auf der Bühne
einen ganz neuen, anderen Charakter erhält und somit auf eine sinnlich-körperliche Umsetzung angewiesen
ist. Zentral ist für uns dabei der Forschungsansatz, dass Performances das aufgeführte Wissen beeinflussen
und wie sie den Wahrheitsanspruch des aufgeführten Wissens in und durch die Performances selbst transformieren."
Dieser, als "performative turn" bezeichnete Vorgang, findet seine Wurzeln sowohl in der Philosophiegeschichte
als auch in den Kultur- und Sprachwissenschaften. Im Zentrum dieser "Wende" steht die Ansicht, dass Wissen
nicht unabhängig vom Akt seiner Aufführung besteht, da der Vollzug von Wissen selbst ein elementarer
Bestandteil des vor-gestellten und aufgeführten Wissens ist.
Experimente auf der Bühne Bereits im Vorjahr wurden im Rahmen der dreitägigen Veranstaltung "Philosophy
on Stage" im Museumsquartier Wien wissenschaftlich-philosophische Texte erfolgreich auf die Bühne gebracht.
Dr. Böhler: "Der Erfolg dieser Veranstaltung lag nicht nur daran, dass im Zuge der künstlerischen
Verarbeitung wissenschaftlicher Texte immer wieder Wendungen aufgetaucht sind, die den Sinn der Textgrundlage überraschend
verändert haben. Auch das große Interesse der Besucher - alle drei Abende waren ausverkauft - zeugt
von der Nachfrage, die im öffentlichen Raum an solchen Forschungsprojekten besteht. Daher haben wir uns soeben
auch entschlossen, die Lecture-Performances Philosophy On Stage in einer überarbeiteten Form im Juni 2007
im Schauspielhaus Wien noch einmal der Öffentlichkeit zu präsentieren."
Einen ähnlichen Erfolg erhofft sich Böhler nun auch für das soeben anlaufende Experiment "Education
acts", das - ebenso wie das Projekt "Philosophy On Stage" - vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützt
wird. Damit bietet der FWF nicht nur eine finanzielle Grundlage für dieses Projekt an der Schnittstelle von
Philosophie und Kunst, sondern trägt ganz nebenbei auch noch dazu bei, dass frischer Wind in die Bildungsdebatte
kommt. |