Europäischer Gemeindetag 2006
Innsbruck (rms) - Einer der Höhepunkte des Europäischen Gemeindetages 2006 in Innsbruck
war die Verabschiedung der Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene am
11. Mai. Bürgermeisterin Hilde Zach machte sich bereits im Vorfeld des Kongresses für diesen Tagungspunkt
stark und unterzeichnete die „Charta von Innsbruck“ als erste Kommunalpolitiker.
Im Vorfeld der Unterzeichnung erklärten die Vorsitzende des RGRE-Ausschusses der gewählten lokalen und
regionalen Mandatsträgerinnen, Vicenta Bosch Palanca, die RGRE-Sachverständige für Gleichstellungsfragen,
Diane Bunyan, sowie die Vorsitzende des Ausschusses für Frauenrecht und Gleichstellung im Europäischen
Parlament, Anna Zaborska, den Inhalt der Charta.
Vicenta Bosch Palanca betonte, dass die Verabschiedung der Charta ein Abschluss einer großen Reise aber auch
ein Anfang einer großen Hoffnung sei und dieses Papier als Instrument dienen soll, die darin enthaltenen
Maximalstandards zu etablieren. Sie betonte darüber hinaus, dass Frauen, die immerhin 52 Prozent der Bevölkerung
ausmachen von der politischen Warte aus gesehen, ein Recht auf Gleichstellung hätten. Weiters hielt Bosch
Palanca fest, dass sie und die 120 MitarbeiterInnen an der Charta hohe Erwartungen an die Umsetzung der Inhalte
haben. „Wir werden von der EU finanziell unterstützt und ich bin zuversichtlich, dass die Charta auch innerhalb
der EU in kürzester Zeit zu einem Prinzip wird.
Diane Bunyan stellte fest, dass die in der Charta angeführten Maßnahmen, keine Luftschlösser darstellen,
sondern Maßnahmen sind, die auf Erfahrungen und wissenschaftlichen Untersuchungen basieren. Die Verwirklichung
der Charta seine große und komplexe Aufgabe und ein wichtiger Schritt in der „Road Map“ für die Gleichstellung.
Mit der Charta – so Diane Bunyan – werde ein grundlegendes Menschenrecht unterstützt.
Anna Zaborska bestärkte ihre MitstreiterInnen indem sie sagte: „Dies ist kein Dokument das "schubladisiert"
wird, weil es geeignete Bewertungsmaßnahmen enthält!“ Darüber hinaus bot sie sich selbst als Partnerin
an, und stellte eine Öffentliche Anhörung im Rahmen des Ausschusses für Frauenrecht und Gleichstellung
sowie die Vorstellung der Charta im Europäischen Parlament in Aussicht.
Mit der Charta bekennen sich die Lokal- und Regionalregierungen Europas formell und öffentlich zum Grundsatz
der Gleichstellung von Frauen und Männern bzw. zur Umsetzung dieses Gedankens innerhalb ihres Hoheitsgebietes.
Die Gleichstellung soll auf alle Bereiche des Lebens angewandt werden, sodass Frauen und Männer zukünftig
auch in der Praxis dieselben Rechte genießen.
Aufbauend auf dem Gedanken, dass Lokal und Regionalbehörden am besten geeignet sind die Fortdauer und Neubildung
von Ungleichheiten zu bekämpfen und eine egalitäre Gesellschaft zu fördern, sollen Frauen künftighin
umfassend in die Entwicklung und Umsetzung lokaler und regionaler Politik einbezogen werden. Dabei sollen vor allem
ihre Lebenserfahrung, ihre Kenntnis und ihre Kreativität berücksichtig werden und ihren Niederschlag
finden.
Inhaltlich geht die Charta von sechs Grundprinzipien aus:
- Gleichstellung von Frauen und Männern ist ein Grundrecht
- Vielfältige Diskriminierungen und Benachteiligungen müssen bekämpft werden, um die Gleichstellung
von Frauen und Männern zu garantieren
- Die ausgewogene Mitwirkung von Frauen und Männern an Entscheidungsprozessen ist eine der Grundbedingungen
einer demokratischen Gesellschaft
- Die Einbeziehung der Geschlechterperspektive in alle Aktivitäten von Lokal und Regionalregierungen ist
für die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern erforderlich
- Entsprechend dotierte Aktionspläne und Programme sind notwendige Instrumente zur Förderung der Gleichstellung
von Männern und Frauen
Konkret ist die Charta in drei Teilbereiche unterteilt. In Bezug auf die Umsetzung der Charta (Teil II) verpflichtet
sich jeder Unterzeichner innerhalb von zwei Jahren einen Gleichstellungs-Aktionsplan zu entwickeln. In diesem sollen
Ziele, Prioritäten und geplanten Maßnahmen enthalten sein. Darüber hinaus verpflichten sich die
Unterzeichner zum Einholen von Expertenmeinungen und zur öffentlichen Berichterstattung über die Fortschritte.
Weiters unterwerfen sich die Unterzeichner einem gemeinsamen Bewertungssystem anhand dem die unterschiedlichen
Fortschritte gemessen werden.
Teil III besteht aus 9 Teilbereichen und 30 Artikeln. Festgeschrieben sind die „Demokratische Verantwortung“, die
„Politische Rolle“ (Politische Vertretung, Mitwirkung am politischen und zivilgesellschaftlichen Leben, Öffentliches
Engagement für Gleichstellung, Zusammenarbeit mit Partnern zur Förderung der Gleichstellung, Kampf gegen
Stereotype, Gute Verwaltungs- und Konsultationsverfahren) der „Allgemeine Rahmen für die Gleichstellung“ (Allgemeine
Verpflichtungen, Gender Assessment, Vielfältige Diskriminierung oder Benachteiligungen), die „Rolle als Arbeitgeber“,
das „Öffentliche Beschaffungs- und Vertragswesen“, die „Rolle als Dienstleistungserbringer“ (Bildungswesen
und lebenslanges Lernen, Gesundheit, Sozialwesen und soziale Dienste, Kinderbetreuung, Betreuung anderer Familienmitglieder,
soziale Kohäsion, Wohnraum, Kultur, Sport und Freizeit, Sicherheit, Geschlechterspezifische Gewalt, Menschenhandel),
„Planung und nachhaltige Entwicklung“ (Nachhaltige Entwicklung, Stadt und Lokalplanung, Mobilität und Verkehr,
Wirtschaftliche Entwicklung, Umwelt), die Rolle als „Regulierungsbehörde“ sowie „Städtepartnerschaften
und internationale Kooperationen“.
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