Deregulierungsgesetz soll im Verfassungsausschuss behandelt werden
Wien (pk) - In der Sitzung des Finanzausschusses am 10. 05. befassten sich die Abgeordneten
mit einem KMU-Förderungsgesetz, das Investitionsbegünstigungen für die so genannten Einnahmen-/Ausgabenrechner
vorsieht.
Während V-Abgeordneter Günter Stummvoll im Zusammenhang mit dem KMU-Förderungsgesetz von einer konsequenten
Fortsetzung der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung sprach, bezeichnete Christoph Matznetter (S) die vorgeschlagene
Regelung als "Mini-Mini-Paket" und als Zwitterlösung. Er frage sich, warum nicht stattdessen der
bewährte Investitionsfreibetrag wieder eingeführt wird. Heftige Diskussionen gab es beim Deregulierungsgesetz,
das neben Änderungen von Verfassungsbestimmung auch zahlreiche einfachgesetzliche Regelungen und Verordnungen
betrifft. Nach Auffassung von S-Mandatar Matznetter sollte diese Materie im Verfassungsausschuss behandelt werden.
Außerdem sei es nicht richtig, dass damit nur obsolete Bestimmungen aufgehoben werden; dies versuchte er
anhand von zahlreichen Beispielen zu belegen. Schließlich wurde ein Vierparteien-Antrag einstimmig angenommen,
in dem der Nationalratspräsident aufgefordert wird, die Vorlage dem Verfassungsausschuss zuzuweisen.
KMU-Förderungsgesetz für die 300.000 Einnahmen- und Ausgabenrechner
Die Abgeordneten Günter Stummvoll (V) und Josef Bucher (F) beantragten ein KMU-Förderungsgesetz
2006 (KMU-FG 2006) mit Investitionsbegünstigungen für die 300.000 Einnahmen-/Ausgabenrechner in Österreich,
großteils KMU ohne bestimmbares Eigenkapital. Sie sollen bei Investitionen in begünstigtes Anlagevermögen
eine Steuerbefreiung von zehn Prozent des Gewinns erhalten, lautete die mit V-F-S-Mehrheit in der Fassung eines
Abänderungsantrages der Regierungsparteien ausgesprochene Empfehlung des Ausschusses an das Plenum. Begünstigt
wird dabei die Anschaffung von körperlichem Anlagevermögen im EU/EWR-Raum sowie von Wertpapieren. Die
Förderobergrenze beträgt 100.000 €. Der Freibetrag kann erstmals bei der Veranlagung des Kalenderjahres
2007 geltend gemacht werden. Außerdem wird die Kleinunternehmergrenze bei der Befreiung von der Umsatzsteuer
auf 30.000 € angehoben.
Dieser Antrag sei ein Beweis dafür, dass die Steuerreform 2004/5 nicht optimal war und daher "nachgearbeitet"
werden müsse, urteilte Abgeordneter Christoph Matznetter (S). Seiner Meinung nach handle es sich dabei jedoch
um eine Zwitterlösung zwischen einem Investitionsfreibetrag und einer Regelung für nicht entnommene Gewinne.
Viel gescheiter wäre es gewesen, gleich eine ordentliche Investitionsbegünstigung einzuführen, meinte
er. Auch bei den Verlustvorträgen sei man nach der "Salamitaktik" vorgegangen, bemängelte er.
Außerdem werde die Mehrheit des Mittelstandes, nämlich die unselbstständigen Beschäftigen,
wieder einmal nicht entlastet. Für die Gegenfinanzierung würde es genug Möglichkeiten geben, etwa
eine effektive Einhebung der Körperschaftssteuer bei den Konzernen. Matznetter räumte allerdings ein,
dass es sich beim zur Diskussion stehenden Vorschlag um einen "kleinen Versuch" handle, der in die richtige
Richtung geht; deshalb werde er auch zustimmen.
Abgeordneter Günter Stummvoll (V) widersprach seinem Vorredner und unterstrich, dass es sich bei dem Antrag
um eine konsequente Fortsetzung der Förderpolitik für die KMU handle, die schon mit dem Konjunkturpaket
I begonnen hat. Sein Fraktionskollege Reinhold Mitterlehner meinte, dass er sich natürlich noch mehr Maßnahmen
für die KMU wünsche, man müsse sich aber immer fragen, wie dies zu finanzieren ist. Die vorgeschlagene
Lösung sei seiner Meinung nach ein gangbarer Mittelweg, da man vermeiden wollte, dass den Einnahmen- und Ausgabenrechnern
mehr Bürokratie aufgebürdet wird. Dieser Ansicht schloss sich auch die V-Mandatarin Gabriele Tamandl
an. Gerade bei Finanz- und Steuergesetzen sei eine laufende Optimierung notwendig, um die Maßnahmen dem jeweiligen
Konjunkturverlauf anzupassen, argumentierte Abgeordneter Josef Bucher (F).
Abgeordneter Werner Kogler (G) zeigte sich skeptisch hinsichtlich der Lösung für die Einnahmen- und Ausgabenrechner.
Auch er stufte die Maßnahme als "Mischkulanz" zwischen Gewinn- und Investitionsbegünstigung
ein. Da die kleinen Unternehmer oft sehr schwankende Gewinne und Verluste aufweisen, wäre es einer Auffassung
nach besser gewesen, eine Art Rücklagenbildung vorzusehen, die dann – nicht zwingend im gleichen Jahr - gegen
Investitionen aufgelöst werden kann.
Staatssekretär Alfred Finz erinnerte daran, dass im Vorjahr die größte Steuerreform in der Geschichte
Österreichs durchgeführt wurde, was auch international anerkannt wird. Es handelte sich dabei um ein
Volumen von 3 Mrd. €, wobei allein die KMU mit 1,3 Mrd. € profitieren konnten. Nun werde dieser Weg fortgesetzt
und eine Förderung für die 300.000 Einnahmen-/Ausgabenrechner, deren Eigenkapitalausstattung in Regel
nicht feststellbar ist, beschlossen, was etwa 200 Mill. € koste. Dem Abgeordneten Kogler teilte Finz mit, dass
noch keine Evaluierung der Steuerreform vorliege, man hoffe jedoch, dass Mitte des Jahres schon konkrete Daten
bekannt sein werden.
Der Antrag wurde sodann in der Fassung eines Abänderungsantrages mit V-S-F-Mehrheit angenommen.
Aufgaben des Bundespensionsamts werden an die BVA übertragen
Eine Regierungsvorlage zur Übertragung der Aufgaben des Bundespensionsamts an die Versicherungsanstalt öffentlich
Bediensteter zielt unter anderem auf die Realisierung eines einheitlichen Pensionskontos für Bundesbeamte.
Dadurch entstehe ein "One-Stop-Shop" für die Versicherten, die sich infolge Verfahrenskonzentration
und Reduktion der Behördenwege auf eine rasche Erledigung und Abwicklung ihrer Anliegen freuen können.
Synergien zwischen BPA und BVA werden genutzt und Doppelgleisigkeiten beseitigt. Die zu erwartenden Kosteneinsparungen
werden für den Zeitraum bis 2011 in Summe mit 2,5 Mill. € beziffert.
Diese Übertragung sei sinnvoll und zweckmäßig, da es dringend notwendig war, dass sich die Bundesbeamten
an eine zentrale Anlaufstelle wenden können, meinte Abgeordnete Marianne Hagenhofer (S). Ebenso wie ihr Fraktionskollege
Hannes Bauer erkundigte sie sich danach, warum den Bediensteten bei einem Umstieg auf das andere Besoldungssystem
nur fünf Jahre ihrer bisher geleisteten Dienstzeiten angerechnet werden.
Bei der Aufgabenübertragung an die BVA handle es sich nicht um eine Ausgliederung im klassischen Sinne, sondern
um ein "Andocken", erklärte Abgeordneter Fritz Neugebauer (V). Für die Bediensteten gebe es
keine Verschlechterungen, da sie weiterhin Beamte bzw. Vertragsbedienstete bleiben können. Staatssekretär
Alfred Finz bestätigte die Aussagen von Neugebauer. Nur für jene Bediensteten, die in das neue System
optieren, gelten die Regelungen des dortigen Kollektivvertrags, erläuterte er. Zudem teilte Finz mit, dass
das einheitliche Pensionskonto im Laufe des Jahres 2007 eingerichtet sein soll.
Matznetter fordert Zuweisung des Deregulierungsgesetzes in den Verfassungsausschuss
Mit einem von der Bundesregierung vorgelegten Deregulierungsgesetz 2006 sollen Rechtsbereinigungsbestrebungen
fortgesetzt und nicht mehr erforderliche Normen, darunter auch einige verfassungsrechtliche Bestimmungen, aufgehoben
werden. Dazu kommen textliche Vereinfachungen und inhaltliche Harmonisierungen im Rechtsbestand.
Abgeordneter Christoph Matznetter (S) brachte zunächst den Antrag ein, die Vorlage dem Verfassungsausschuss
zuzuweisen. Die umfassenden Änderungen betreffen völlig unterschiedliche Bereiche, die von der Spanischen
Hofreitschule bis zur Schulorganisation reichen. Außerdem habe der Präsident des Verfassungsgerichtshofs
den Auftrag bekommen, einen systematischen Vorschlag über die Rechtsbereinigung auszuarbeiten und dies dann
dem Besonderen Ausschuss vorzulegen. Offensichtlich wolle man den Abgeordneten das, was sich angehäuft hat,
"unterjubeln", mutmaßte er und nannte dies eine "herabwürdigende Behandlung des Gesetzgebers".
Insgesamt seien neben einiger Verfassungsbestimmungen 56 einfachgesetzliche Regelungen sowie 140 Verordnungen betroffen.
Was den konkreten Inhalt der Änderungen angeht, so handle es sich nach Auffassung von Matznetter nicht nur
um die Aufhebung obsoleter Bestimmungen; dies belegte er anhand von zahlreichen Beispielen.
Ausschussvorsitzender Günter Stummvoll (V) konterte, die Zuweisung an den Finanzausschuss sei durch den Präsidenten
des Nationalrates erfolgt und in der Präsidiale selbst habe niemand Einwendungen gegen die Tagesordnung erhoben.
Außerdem habe es sich in der letzten Zeit als außerordentlich schwierig erwiesen, Termine für
den Verfassungsausschuss zu vereinbaren. Deshalb bestehe die Befürchtung, dass eine rechtzeitige Beschlussfassung
des gegenständlichen Gesetzes durch den Verfassungsausschuss nicht möglich sei.
Die Abgeordneten Dietmar Hoscher, Marianne Hagenhofer, Heinz Gradwohl und Johann Maier (alle S) griffen einige
Artikel des Deregulierungsgesetzes 2006 heraus, um dieses kritisch zu hinterfragen. So fragte beispielsweise Abgeordneter
Hoscher, ob die Änderung des Richtwertgesetzes mit der Wohnrechtsnovelle, die derzeit im Justizausschuss liegt,
überhaupt kompatibel ist. Auch die Begründung für die Aufhebung des Privat-Kraftwagenführergesetzes
war für ihn nicht ausreichend, weil es hier um die Abschaffung wichtiger arbeitsrechtlicher Vorschriften geht.
Abgeordneter Maier kündigte eine Sondersitzung des Datenschutzrates an, da dieser mit den zahlreichen Aufhebungen
datenschutzrechtlicher Bestimmungen nicht befasst worden war.
Nach intensiven Diskussionen zwischen den Fraktionen wurde ein Vierparteien-Antrag ausgearbeitet, in dem der Nationalratspräsident
aufgefordert wird, die Vorlage dem Verfassungsausschuss zuzuweisen. Als konkreter Termin wurde der 7. Juni 2006,
16 Uhr, vorgeschlagen. Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen. |
Erweiterung des Geschäftsfelds von Immobilienfonds
Mit der Änderung des mit V-F-Mehrheit verabschiedeten Immobilien-Investmentfondsgesetzes soll das Geschäftsfeld
von Immobilienfonds erweitert werden, etwa um den Erwerb von Minderheitsbeteiligungen an Grundstücks-Gesellschaften
sowie um weitere Auslands- und Liquiditätsanlage-Möglichkeiten ( 1436 d.B.).
Seitens der SPÖ (Abgeordneter Christoph Matznetter) wurde das Immobilien-Investmentfonds- gesetz zwar grundsätzlich
begrüßt, er befürchtete jedoch in Bezug auf mündelsichere Anlagen lediglich eine "Pseudosicherheit".
Aus diesem Grund kündigte er die Ablehnung der Vorlage an.
Kampf dem Steuer- und Zollbetrug
Ein Betrugsbekämpfungsgesetz dient dem verstärkten Kampf gegen den Steuer- und Zollbetrug. Es sieht die
Ansiedelung der KIAB (Kontrolle illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung) organisatorisch bei den Finanzämtern
vor. Die Zollämter werden in Zukunft in ihrem Wirkungsbereich auch als Finanzstrafbehörde fungieren können.
Daran knüpfte die Kritik von Abgeordnetem Christoph Matznetter (S) an, der die Aufteilung der KIAB-Beamten
auf die Finanzämter für wenig sinnvoll hielt. Eine gemeinsame Aktion werde damit schwierig, sagte er,
und dies sei nicht im Sinne des Erfinders. Seine Klubkollegen Johann Maier und Hannes Bauer thematisierten vor
allem die hohen Rückstände der Firmen bei den Sozialversicherungen, die sie mit rund 925 Mill. bezifferten.
Abgeordneter Maier sprach insbesondere die hohe Zahl an Gründung von Scheinfirmen an und fragte, warum man
nicht konsequenter gegen Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder und Unternehmer vorgehe, die derartige
Praktiken unterstützen. Er forderte in diesem Zusammenhang auch eine Verschärfung des Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes.
Staatssekretär Alfred Finz hob zunächst die erfolgreiche Arbeit der rund 300 KIAB-Bediensteten hervor
und begründete die Umorganisation mit dem Hinweis, dass die Mitarbeiter auch mit abgabenrechtlichen Delikten
befasst wären und sich daher die Trennung zwischen Zoll und Finanz als problematisch erwiesen hätte.
Nach geltender Gesetzlage habe man in solchen Fällen zwei Verfahren anstrengen müssen. Auf Grund einer
Bemerkung des Abgeordneten Werner Kogler (G) erläuterte Finz, dass man derzeit an der Qualifizierung der jungen
Mitarbeiter arbeite, dies aber Zeit erfordere. - Die Regierungsvorlage wurde in getrennter Abstimmung teils einstimmig,
teils mit wechselnden Mehrheiten verabschiedet.
Bessere Chancen für KMU bei öffentlichen Ausschreibungen
Die Chancen von KMU bei öffentlichen Ausschreibungen soll eine teils einstimmig, teil mit V-V-Mehrheit verabschiedete
Änderung des Bundesgesetzes über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft vergrößern
( 1418 d.B.). Die Bundesbeschaffungsgesellschaft soll nicht nur bei der Bestimmung der Güter und Dienstleistungen
auf regionale Versorgungsstrukturen durch KMU, Arbeitsplätze und Wertschöpfung Rücksicht nehmen,
sondern auch bei der Bestimmung der Losgrößen in ihren Ausschreibungen.
Abgeordneter Erwin Kaipel (S) plädierte für das Anliegen des in der Debatte vorgelegten und bei der Abstimmung
berücksichtigten Vier-Parteien-Abänderungsantrages zur Wahrung der Chancen von Kleinstunternehmen mit
bis zu neun Beschäftigten bei Ausschreibungen der Bundesbeschaffungsgesellschaft. Für das Plenum kündigte
er einen Antrag an, in dem die SPÖ einen Bericht an das Parlament verlangen wird, damit die Abgeordneten prüfen
können, ob Kleinunternehmen bei öffentlichen Aufträgen berücksichtigt werden.
Abgeordneter Reinhold Mitterlehner (V) begrüßte den Vierparteienantrag, zur Sicherstellung der Wettbewerbschancen
von Kleinstbetrieben. Er hoffe auf Verbesserungen für Kleinbetriebe, die den Wettbewerb in Form von Ausschreibungen
akzeptieren, und zeigte Verständnis für das Verlangen nach einer Evaluierung des Gesetzes.
Der Kritik der Abgeordneten Christoph Matznetter und Kurt Gassner (beide S) an der Erweiterung des Arbeitsfeldes
der Bundesbeschaffungsgesellschaft auf Städte und Gemeinden hielt Finanzstaatssekretär Alfred Finz entgegen,
dass dies den Wünschen des Städtebundes und des Gemeindebundes entspräche.
Bei der getrennt durchgeführten Abstimmung wurde die Regierungsvorlage in der Fassung des Vier-Parteien-Abänderungsantrages
weitgehend einstimmig angenommen. Der Bestimmung zur Erweiterung des Tätigkeitsbereichs der BBG auf Städte
und Gemeinden stimmten die Oppositionsparteien wie angekündigt nicht zu.
Daraufhin unterbrach Ausschussobmann Stummvoll die Sitzung. Sie wird am Dienstag, dem 16. Mai 2006, um 10.00
Uhr fortgesetzt werden. |