Gehrer soll bestehende Integrationsangebote evaluieren
Wien (pk) - Der Unterrichtsausschuss des Nationalrats befasste sich in seiner Sitzung vom 09. 05.
auch mit der Frage der schulischen Integration behinderter Kinder. Die Grundlage dafür bildeten Entschließungsanträge
aller Fraktionen sowie eine Bürgerinitiative betreffend die rechtliche Absicherung integrativer Ausbildungsangebote
ab der 9. Schulstufe.
Als Ergebnis der Beratungen fasste der Unterrichtsausschuss auf Initiative der Koalitionsparteien eine an Bildungsministerin
Elisabeth Gehrer gerichtete Entschließung, in der die Ministerin ersucht wird, den Ist-Stand der schulischen
Integration und die Effizienz der verschiedenen Ausbildungsangebote zu evaluieren. Zudem soll Gehrer gemeinsam
mit Wirtschaftsminister Bartenstein prüfen, welche weiteren Entwicklungsschritte in der integrativen Berufsausbildung
zielführend wären. Die Anträge der Opposition, die u.a. auf ein flächendeckendes Integrationsangebot
und ein Recht auf integrativen Unterricht auch nach der 9. Schulstufe abzielen, wurden vertagt bzw. abgelehnt.
Eingeleitet wurde die Diskussion von Abgeordneter Christine Lapp (S). Sie wies darauf hin, dass der Themenbereich
Bildung im kürzlich verabschiedeten Behindertengleichstellungsgesetz mit keinem Wort erwähnt werde. Gerade
im Bildungsbereich bräuchten Eltern aber sehr viel persönliches Engagement, um ihren Kindern eine entsprechende
Integration zu ermöglichen, sagte sie.
Lapp erachtet im Bildungssystem weitere Integrationsschritte für erforderlich. Ihre Fraktion tritt für
das Konzept der "inklusiven Pädagogik" ein, bei der es, wie Lapp erläuterte, darum gehe, jeden
Menschen mit seinen Stärken und Schwächen anzunehmen. Die Abgeordnete gab zu bedenken, dass Kinder von
Integrationsklassen anders mit Menschen mit Behinderung umgingen.
Abgeordneter Franz-Joseph Huainigg (V) hielt Abgeordneter Lapp entgegen, das Konzept der inklusiven Pädagogik
würde bedeuten, dass man keine Sonderschulen und keine Integrationsklassen mehr hätte, sondern jedes
Kind in Regelklassen gehe. Seiner Auffassung nach ist es nicht möglich, das System von heute auf morgen so
grundlegend umzustellen. Einzelne Punkte des SPÖ-Entschließungsantrags wie eine bessere Elternberatung
und eine bessere Berücksichtigung des Themas Integration in der Lehrerfortbildung wurden von Huainigg jedoch
befürwortet.
Was die Forderung nach Integrationsklassen über die 9. Schulstufe hinaus betrifft, hielt Huainigg fest, man
müsse zunächst einmal die Vielzahl von laufenden Schulversuchen evaluieren. Grundsätzlich gilt es
ihm zufolge zu bedenken, dass es im Pflichtschulbereich insbesondere auch um das Ziel der sozialen Integration
gehe, bei weiterführenden Angeboten aber der Fokus auf den Erwerb von Teilqualifikationen gelegt werden müsse.
Abgeordneter Dieter Brosz (G) kritisierte, dass behinderte Schülerinnen und Schüler kein Recht darauf
hätten, nach der 9. Schulstufe eine Integrationsklasse zu besuchen. Mit dem Entschließungsantrag der
Koalition werde diesem Problem nicht Rechnung getragen, meinte er. Auch das Anliegen der Grünen, zusätzliche
Lehrer für die Nachmittagsbetreuung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderungsbedarf zur Verfügung
zu stellen, werde nicht aufgegriffen.
Abgeordneter Erwin Niederwieser (S) signalisierte die Bereitschaft seiner Fraktion zu einem gemeinsamen Entschließungsantrag
zum diskutierten Thema und bedauerte, dass ein solcher bisher nicht zustande gekommen sei.
Ausschussvorsitzender Werner Amon (V) machte geltend, dass die Frage zusätzlicher Lehrer für die Nachmittagsbetreuung
behinderter Schüler erst dann diskutiert werden könne, wenn klar sei, wie viele Betroffene überhaupt
für die ab dem nächsten Schuljahr angebotene Nachmittagsbetreuung angemeldet würden.
Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag der Koalitionsparteien betreffend Qualitätssicherung
und Weiterentwicklung der schulischen Integration behinderter Kinder ( 814/A[E]) mit V-F-Mehrheit angenommen. Der
Entschließungsantrag der SPÖ ( 826/A[E]), in dem sich Abgeordnete Christine Lapp und ihre FraktionskollegInnen
für das Konzept der "inklusiven Pädagogik" an den Schulen und damit für ein flächendeckendes
Integrationsangebot einsetzen, blieb in der Minderheit. Die Beratungen über die beiden Entschließungsanträge
der Grünen ( 772/A[E] und 528/A[E]) wurden vom Ausschuss vertagt. Den Grünen geht es darin insbesondere
um das Recht auf Integration in einem gemeinsamen Unterricht auch nach der 9. Schulstufe und um eine erweiterte
Betreuung für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Rahmen der Nachmittagsbetreuung an
Schulen. Schließlich wurde die Bürgerinitiative betreffend die rechtliche Absicherung integrativer Ausbildungsangebote
für Jugendliche mit Behinderung ab der 9. Schulstufe einstimmig zur Kenntnis genommen.
Koalition lehnt einheitliche Richtlinien für Schulsponsoring ab
Mit V-F-Mehrheit abgelehnt wurde ein Entschließungsantrag der SPÖ, in dem Abgeordneter Johann Maier
und seine FraktionskollegInnen mit Hinweis auf die zunehmende kommerzielle Werbung für Produkte und Dienstleistungen
an Schulen einheitliche Richtlinien für Schulsponsoring fordern. Nach Meinung der SPÖ hätte eine
Bestands- und Inhaltsanalyse aller bisherigen Verträge vorgenommen und eine Studie "Werbung und Sponsoring
in Schulen und Kindergärten" in Auftrag gegeben werden sollen. Weitere Forderungen betrafen den Ausbau
der Konsumenten- und Gesundheitserziehung an Schulen, die Initiierung von Unterrichtsprojekten zum Thema "Jugend,
Werbung und Konsum" sowie verbindliche Qualitätsstandards für die Verpflegung in Schulen und Kindergärten.
Abgeordnete Carina Felzmann (V) begründete die Ablehnung des Entschließungsantrages damit, dass die
Schulen, wie Gespräche ergeben hätten, mit dem jetzigen System zufrieden seien und dieses beibehalten
wollten. Ihr zufolge wäre es zudem nicht sehr sinnvoll, den Schulen auf der einen Seite mehr Autonomie zuzugestehen,
auf der anderen Seite aber wieder Regeln vorzugeben. Die Schulpartner sollten eigenständige Entscheidungen
treffen können, bekräftigte Felzmann.
Abgeordneter Erwin Niederwieser (S) zeigte sich hingegen über die Ablehnung des Antrags enttäuscht und
wies darauf hin, dass beispielsweise in den USA Werbung für Coca Cola an Schulen aus Gesundheitsgründen
verboten sei. Es gebe bei den Schulbehörden zwar Musterverträge für Werbung, räumte er ein,
niemand wisse aber, was in den konkreten Verträge dann drinnen stehe. Niederwieser plädierte daher weiter
für eine Bestandsanalyse. Sein Fraktionskollege Kurt Gaßner machte darauf aufmerksam, dass Schulen in
wirtschaftlich schwachen Regionen bei der Sponsorensuche eklatant benachteiligt seien.
SPÖ beantragt Kinderbetreuungs-Grundsatzgesetz
Schließlich vertagte der Unterrichtsausschuss aus Zeitgründen einhellig einen Gesetzesantrag der SPÖ,
dem zufolge in einem Bundesgesetz Mindestanforderungen für öffentliche Kindergärten und andere öffentliche
Kinderbetreuungseinrichtungen festgelegt werden sollen. Geht es nach der SPÖ, sollen die Länder u.a.
dazu verpflichtet werden, für alle Kinder ab dem 3. Lebensjahr einen Kindergartenplatz zur Verfügung
zu stellen, der bei Bedarf mindestens zehn Stunden täglich geöffnet sein muss. Zudem müsste bei
Bedarf auch für die Betreuung von Kindern ab Vollendung des 1. Lebensjahrs, für die Nachmittagsbetreuung
von Volksschulkindern und für die Betreuung während der Schulferien Vorsorge getroffen werden. |