Verteidigungs- und Finanzminister bleiben bei ihren Positionen
Wien (pk) - Nach der Anhörung von Verfassungsexperten stellten sich im Verteidigungs- ausschuss
des Bundesrates die Minister Günther Platter und Karl-Heinz Grasser den Fragen der Ländervertreter zu
den Themen Stopp der Beschaffung des Eurofighters, Rücktrittsrecht vom Vertrag und die Frage der Offenlegung
des Kaufvertrags.
Zu Beginn seiner Ausführungen wies Verteidigungsminister Platter darauf hin, ein Stopp der derzeitigen Beschaffung
der Eurofighter würde bedeuten, dass es in Österreich keine aktive Luftraumüberwachung und keine
Sicherheit im Luftraum gäbe, was auch mit sich bringen würde, dass keine Großveranstaltungen mehr
durchgeführt werden können. Außerdem müssten die bereits eingegangenen Gegengeschäfte
"rückabgewickelt" werden, und es käme zudem zu einem Verlust von hochwertigen Arbeitsplätzen.
Im Hinblick darauf gäbe es keine Alternative zur aktiven Luftraumüberwachung, zu der Österreich
auf Grund des Neutralitätsgesetzes verpflichtet sei. Ein Rücktritt vom Vertrag würde ein hohes Glaubwürdigkeitsdefizit
der österreichischen Sicherheitspolitik nach sich ziehen.
Zur Frage von Bundesrat Wolfgang Sodl (S) nach Offenlegung des Vertrages führte Bundesminister Platter aus,
dass die Verfassungsexperten bereits die herrschende Ansicht bestätigt hätten, dass das gemäß
Art. 52 B-VG geregelte Interpellationsrecht durch die Pflicht der Verwaltungsorgane zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit
nach Art. 20 Abs. 3 B-VG eingeschränkt werde, der ohne Zweifel auch er unterliege. Das gelte insbesondere
für einen Vertrag zur Beschaffung von Militärgütern. Insbesondere könnten technische Informationen
über das angeschaffte Rüstungsgut, daneben aber auch kommerzielle Informationen der Amtsverschwiegenheit
unterliegen. Bundesminister Platter wies insbesondere auch auf § 1 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes hin, in
dem der Anspruch auf Geheimhaltung vertraulicher Informationen und von Wirtschaftsdaten festgehalten sei. Der befragte
Bundesminister habe daher jeweils eine Abwägung zwischen dem Geheimhaltungsanspruch des Vertragspartners einerseits
und dem öffentlichen Interesse andererseits vorzunehmen.
Der Rechnungshof habe drei Prüfungen vorgenommen, und bei diesen Überprüfungen habe er all jene
Details bekannt gegeben, für welche die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit nicht gelte.
Im Hinblick auf die erläuterten Punkte sehe er, Platter, keine Veranlassung, von seiner gegenwärtigen
Position abzurücken.
Betreffend die von Bundesrat Karl Bader (V) angesprochenen Möglichkeiten eines Rücktritts vom Vertrag
führte Bundesminister Platter aus, dass diese im Rechnungshofbericht genau aufgeschlüsselt seien: Das
Bundesministerium für Landesverteidigung könnte jederzeit gegen vollen Kostenersatz vom Vertrag zurücktreten.
Ohne Verpflichtung zum Kostenersatz könnte das Ressort im Wesentlichen bei Leistungsverweigerung und bei vertraglicher
Schlecht- oder Nichterfüllung durch die Firma Eurofighter zurücktreten.
Bundesminister Karl-Heinz Grasser bejahte zunächst die Frage von Bundesrat Sodl (S), ob im Finanzministerium
eine Kopie des Vertragstextes des Eurofighter-Beschaffungsvertrages aufliege. Die Kosten für die gesamte Einsatzzeit
würden – im Gegensatz zur Behauptung von Bundesrat Sodl – jedoch nicht 5,64 Milliarden betragen. Diese Zahl
sei ihm nicht bekannt. Der Rechnungshof habe dezidiert bestätigt, dass der EADS-Konzern sowohl in technischer
als auch in wirtschaftlicher Hinsicht Bestbieter sei, und zwar trotz der Stückzahlreduktion von 24 auf 18
und auch im Zusammenhang mit der Zahlungsvariante von zehn Halbjahresraten. Der Gesamtfixpreis betrage nunmehr
1.959 Millionen €. Der Zinssatz für die Finanzierung sei letztlich von 7,48 Prozent auf 4,48 Prozent herabgesetzt
worden. Von Seiten des Finanzressorts seien dem Rechnungshof alle Details offen gelegt worden, und der Rechnungshof
habe als Kontrollorgan des Parlaments in seinen Berichten klar dazu Stellung genommen. In der Frage der Amtsverschwiegenheit
schließe er sich der Haltung des Verteidigungsministers an, betonte Minister Grasser.
Gegenüber Bundesrat Schennach (G), der sich über das Argument verwundert zeigte, die größte
Anschaffung der Zweiten Republik solle vor allem dazu dienen, die Veranstaltung von Fußballeuropameisterschaften
zu ermöglichen, entgegnete Bundesminister Platter, der Hauptgrund für die Beschaffung von Luftraumüberwachungsflugzeugen
stelle die Sicherheit in der Luft dar, auf die heute kein Staat verzichten könne. Die aktive Luftraumüberwachung
bestehe aus einem Bündel von Maßnahmen und diene der Wahrung der Souveränität eines Staates
insgesamt, dazu gehöre die Sicherheit aller Menschen innerhalb der Staatsgrenzen.
Finanzminister Karl-Heinz Grasser informierte Bundesrätin Gabriele Mörk (S) über die Festlegung
der Kaufpreisobergrenze. Diese sei im Ministerrat schließlich mit rund 1,7 Mrd. € netto mit der Absicht festgelegt
worden, den Bietern zu signalisieren, dass die Republik Interesse an einem möglichst guten Kaufpreis habe.
Die relativ niedrige Haftungsbeschränkung reiche für eine zukünftige Absicherung aus, auch damit
habe man eine Reduktion des Kaufpreises erreicht. Letztlich sei auch der im Vertrag verankerte Einredeverzicht
– also eine Reduktion von Rechten – im Hinblick auf eine signifikante Kaufpreisreduktion vorgenommen worden.
Bundesrat Harald Himmer (V) fasste die bisherige Debatte mit der Bemerkung zusammen, es wäre seitens der Opposition
ehrlicher, gleich zu sagen, dass sie sich nicht zur militärischen Landesverteidigung bekennt, als lange über
Billigbieter und Vertragsdetails zu diskutieren.
Verteidigungsminister Günther Platter versicherte den Abgeordneten Albrecht Konecny (S) und Stefan Schennach
(G) gegenüber, Österreich werde auf jeden Fall Tranche-II-Flugzeuge haben. Im Vertrag sei eine Klausel
eingebaut, wonach im Falle der Nichtlieferung von Tranche-II-Flugzeuge Tranche-I-Flugzeuge geliefert werden, die
dann auf Kosten der Eurofighter GmbH auf Tranche-II-Flugzeuge umzurüsten seien. 2007 werden die ersten sechs
Flugzeuge Tranche-I-Flugzeuge sein, ab 2008 werde es dann Tranche-II-Flugzeuge geben. |
Finanzminister Karl-Heinz Grasser betonte, die Zusatzinvestitionen würden im Zusammenhang mit der Einführung
eines neuen Luftraumüberwachungssystems stehen und seien unabhängig von der Anschaffung eines bestimmten
Typs zu sehen.
Rechnungshofpräsident Josef Moser präzisierte zu der von den Bundesräten Albrecht Konecny (S) und
Stefan Schennach (G) aufgeworfenen Frage nach den Kosten, wenn man das Fluggerät tatsächlich einsatzbereit
machen will, dann seien noch zusätzliche 80 Mill. € erforderlich. Überdies bekräftigte Moser, die
Reduktion der Stückzahl habe zu keinem Bietersturz geführt.
Ministerialrat Franz Hofer, der als Projektleiter im Verteidigungsministerium mit der Einführung des Eurofighters
betraut ist, sagte gegenüber dem Ausschuss aus, das Gesamtprojekt Eurofighter bestehe aus mehr als 500 Einzelaktivitäten,
80 % davon seien bereits abgewickelt. In keinem einzigen Fall habe sich die Notwendigkeit einer Mängelrüge
ergeben. Er, Hofer, hege keinen Zweifel daran, dass auch die restlichen 20 % abgewickelt und die Eurofighter termingerecht
geliefert werden können.
Aloysius Rauen, Geschäftsführer der Eurofighter GmbH, bemerkte seinerseits, Österreich habe sich
mit gutem Grund für das Produkt des Marktführers entschieden, kein Flugzeug sei besser als der Eurofighter.
Weltweit seien bis heute 81 Flugzeuge geliefert worden, in Italien sei der Eurofighter schon mit großem Erfolg
im Einsatz, die Piloten haben sich enthusiastisch über das Gerät geäußert.
Rauen ersuchte den Ausschuss um Verständnis, dass er weiterführende Fragen nicht beantworten könne.
Als Geschäftsführer unterliege er umfangreichen Verschwiegenheitsverpflichtungen, ein Verstoß dagegen
würde Haftungsansprüche gegen ihn nach sich ziehen.
Bundesrat Ludwig Bieringer (V) brachte nach der Anhörung der Auskunftspersonen einen Entschließungsantrag
seiner Fraktion ein, in dem der Verteidigungsminister aufgefordert wird, den Beschaffungsvorgang gemäß
dem beabsichtigten Zeitplan zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.
Auf Antrag von SPÖ und Grünen wurde die Sitzung daraufhin vertagt. Zuvor hatte der Ausschuss ebenfalls
mit den Stimmen von SPÖ und Grünen beschlossen, für die nächste Sitzung die Nationalratsabgeordneten
Herbert Scheibner (F), Walter Murauer (V) und Peter Pilz (G) sowie Wirtschaftsminister Bartenstein und Ministerialrat
a.D. Heribert Wagner als Auskunftspersonen zu laden. |