Wohnrechtsnovelle und Energieausweis beschlossen
Wien (pk) - Das Wohnrecht bleibt weiterhin Zankapfel zwischen Opposition und Regierungsfraktionen.
Das zeigte einmal mehr die Diskussion im Justizausschuss zur Wohnrechtsnovelle 2006 ( 1183 d.B.) sowie zum Energieausweis-Vorlage-Gesetz
(1182 d.B.) am 19. 05. Während SPÖ und Grüne kritisierten, die Novellierungen zum Wohnrecht
führten zu weiteren Verschlechterungen für die Mieterinnen und Mieter, argumentierte die ÖVP, die
Gesetzesänderungen brächten im Gegenteil mietrechtliche Verbesserungen, und in das tägliche Vertragsverhältnis
würde ein Stück mehr Normalität einkehren. Die Änderungen stützten sich auf Erfahrungen
aus der Praxis.
Die Anregung von Abgeordnetem Johann Maier (S), für die Hausverwaltung eine Haftpflicht und eine getrennte
Kontenführung einzuführen, wurde sowohl von der Ausschussvorsitzenden Maria Theresia Fekter als auch
von Justizministerin Karin Gastinger grundsätzlich positiv aufgenommen. Beide zeigten sich bereit, über
dieses Thema weiter zu diskutieren.
Die Wohnrechtsnovelle wurde in der Fassung eines Abänderungsantrages von ÖVP und F-BZÖ mehrheitlich
angenommen. Darüber hinaus beschlossen die Regierungsfraktionen mehrheitlich eine Ausschussfeststellung betreffend
Dachbodenausbauten und die §§ 18 ff. Mietrechtsgesetz. Darin wird klargestellt, dass unter Erhaltungsarbeiten,
die zu einer Mietzinserhöhung führen können, nicht nur Erhaltungsarbeiten an den allgemeinen Teilen
des Hauses zu verstehen seien, sondern auch Arbeiten zur Erhaltung eines Mietgegenstandes. Die inhaltlichen Änderungen
der Vorlagen betreffen das Wohnungseigentumsrecht, das Mietrecht (z.B. die Erweiterung der Erhaltungspflicht des
Vermieters um die Beseitigung von Gesundheitsgefahren) und das Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht.
Ebenfalls mit Stimmenmehrheit der Regierungsfraktionen wurde das Energieausweis- Vorlage-Gesetz beschlossen. Durch
einen Abänderungsantrag wird das Inkrafttretensdatum mit spätestens 1. Jänner 2008 festgesetzt,
sollten nicht vorher alle Bundesländer über den Inhalt und die Ausstellung des Energieausweises Regelungen
getroffen haben. Eine ebenfalls von ÖVP und F-BZÖ angenommene Ausschussfeststellung geht auf den Fall
ein, dass die energietechnische Erfassung eines Gebäudes mehrere Energieausweise erforderlich macht.
Das Energieausweis-Vorlage-Gesetz basiert auf einer entsprechenden EU-Richtlinie und normiert, dass beim Verkauf
und bei der Vermietung von Gebäuden dem potenziellen Käufer oder Mieter vom Eigentümer ein Ausweis
über die Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes vorgelegt wird.
Unterausschuss zur Prüfungskompetenz des Rechnungshofes bei gemeinnützigen Bauvereinigungen
Zur Vorbehandlung des von den Koalitionsfraktionen vorgelegten Antrags ( 741/A) wurde mit den Stimmen von ÖVP
und F-BZÖ ein Unterausschuss eingesetzt. Der Antrag sieht vor, gemeinnützige Bauvereinigungen in die
Prüfungskompetenz des Rechnungshofs einzubeziehen. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass gemeinnützige
Bauvereinigungen einerseits von Ertragssteuern befreit und anderseits verhalten sind, ihre Tätigkeit unmittelbar
auf die Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben des Wohnungs- und Siedlungswesens zu richten.
Die Koalitionsparteien begründeten die Einsetzung des Unterausschusses damit, dass genau geprüft werden
müsse, ob für diese Regelung eine Verfassungsbestimmung notwendig sei. Abgeordnete Doris Bures (S) nannte
dies eine "absurde Vorgangsweise" und vermutete, dass die Regierungsfraktionen dadurch einen Ausweg für
den Zank innerhalb der Regierung suchten. Sie teilte die verfassungsrechtlichen Bedenken, die auch von der Ausschussvorsitzenden
Maria Theresia Fekter (V) öffentlich geäußert worden waren, und schlug daher vor, den Antrag zurückzuziehen
und eine verfassungskonforme Regelung vorzulegen.
Anträge der Opposition wurden abgelehnt.
Unter einem mit diesen Vorlagen wurden Anträge der Oppositionsfraktionen diskutiert. So hat die SPÖ eine
Änderung des Mietrechtsgesetzes dahingehend beantragt ( 294/A), dass künftig falsch verrechnete Betriebskosten
nicht nur an die betroffenen Mieter zurückgezahlt werden, sondern vom Vermieter zusätzlich auch als Einnahme
verbucht werden müssen, und zwar in jener Abrechnungsperiode, die der rechtskräftigen Entscheidung des
Gerichts oder der Schlichtungsstelle folgt. Dieser wurde nur von der SPÖ unterstützt und blieb somit
in der Minderheit.
Weitere Anträge betreffen eine Einschränkung befristeter Mietverträge (S - 526/A[E]), klare und
nachvollziehbare Mietzinsbegrenzungen (S - 542/A[E]), die Beschränkung der Kaution auf maximal zwei Brutto-Monatsmieten
(S - 675/A[E]), mehr Transparenz bei den Mietzinsobergrenzen (G - 659/A[E]), die Beschränkung der Kautionen
im Mietrecht (G - 660/A[E]), die Angleichung der Verjährungsfrist von Verwaltungsstrafen nach illegal kassierten
Ablösen (G - 661/A[E]) und schließlich die verstärkte Berücksichtigung von Energiespar- und
Klimaschutzmaßnahmen im Wohnrecht (G - 787/A[E]). Sie alle wurden mit den Stimmen von ÖVP und F-BZÖ
mehrheitlich abgelehnt.
Die Debatte
In der Diskussion stellte Abgeordnete Ruth Becher (S) aus ihrer Sicht fest, die Wohnrechtsnovelle gehe völlig
zu Lasten der Mieter. Zur Untermauerung wies sie auf die Änderungen für Dachbodenausbauten, die Verlängerung
der Rügepflicht auf drei Monate und die Verlängerung befristeter Mietverträge hin und meinte, für
die VermieterInnen würde die Erhaltungspflicht eingeschränkt. Im Gegensatz dazu trete die SPÖ dafür
ein, unbefristete Mietverträge wieder zur Regel werden zu lassen und die Wohnkosten einzudämmen.
Ähnlich argumentierte Abgeordnete Doris Bures (S), indem sie bemängelte, es werde ein weiteres Mal im
sensiblen Bereich des Wohnrechts "herumgepfuscht". Die Wohnrechtsnovelle sei insofern eine logische Fortsetzung
der Novelle von 2002, da die Rechte für MieterInnen weiterhin eingeschränkt würden, der Rechtszugang
nicht verbessert werde und auch die Mietkosten nicht gesenkt würden. Die SPÖ-Vorschläge, wie sie
in den Anträgen formuliert seien, würden zu einer Senkung der Wohnkosten und zu mehr Sicherheit für
die Mieterinnen und Mieter führen.
Anhand zweier Skandale in Salzburg versuchte Abgeordneter Johann Maier (S) grobe Mängel bestehender miet-
und wohnrechtlicher Bestimmungen deutlich zu machen und bedauerte, dass diese durch die Novelle nicht behoben worden
seien.
Abgeordnete Gabriela Moser (G) befürchtete eine weitere Aushöhlung des Mietrechts und nannte in diesem
Zusammenhang die Sonderregelung für Zubauten. Ablehnend äußerte sie sich auch dazu, dass bei Hausverwaltungen
Eigenkonten nicht mehr zwingend vorgesehen sind. Ihrer Ansicht nach sollte das gesamte Miet- und Wohnrecht vereinfacht
und transparenter gestaltet werden. Diese Materien würden große Potentiale im Hinblick auf die Kyoto-Ziele,
auf mögliche Impulse für die Beschäftigung, für Innovationen und für die Klein- und Mittelbetriebe
in sich bergen. Ein ambitionierteres Vorgehen im Miet- und Wohnrecht sei daher dringend erforderlich.
Ganz anders wurden die Vorlagen von Abgeordnetem Walter Tancsits (V) bewertet. Als logische Fortsetzung der Wohnrechtsnovelle
2002 bringe auch diese Reform mehr Markt bei gleichzeitiger Verbesserung des Schutzes für Mieterinnen und
Mieter, wo dies notwendig ist, hielt er fest. Er widersprach den Vorrednerinnen von SPÖ und Grünen, die
einen massiven Anstieg der Wohnkosten beklagt hatten, und meinte, die Statistik beweise, die Wohnkosten seien seit
2002 nicht gestiegen. Auch die befristeten Mietverträge seien auf Grund der Abschläge nicht, wie von
der Opposition befürchtet, explosionsartig angewachsen. Bei den Dachbodenausbauten sei man vorsichtig vorgegangen
und man habe einen positiven Bauboom ausgelöst. Die Neuregelung hinsichtlich der "erheblichen Gesundheitsgefährdung"
bringe einen wesentlichen Fortschritt, da sich bisher die Erhaltungspflicht der VermieterInnen nur auf ernste Schäden
des Hauses beschränkt hätten. Tancsits verteidigte auch die Drei-Monats-Frist betreffend die Rügepflicht,
denn man wolle, dass die Wohnungen in Ordnung gebracht werden. Das Ziel der Bestimmung sei die Instandsetzung.
Die Anträge der Grünen zur thermischen Sanierung bewertete Tancsits grundsätzlich positiv und zeigte
sich bereit, darüber weiter zu reden.
Auch Justizministerin Karin Gastinger bezeichnete die Novelle als "wohl überlegt, durchdacht und ausführlich
diskutiert". Das Mietrecht stelle immer eine Abwägung zwischen außerordentlich unterschiedlichen
Interessen von MieterInnen und VermieterInnen dar und werde daher immer kontroversiell sein. Hinsichtlich der Rügepflicht
bestätigte sie die Auffassung von Abgeordnetem Tancsits, denn nach den geltenden Regelungen würde bei
Unbrauchbarkeit einer Wohnung der Mietzins herabgesetzt und das unbefristet. Ziel sei aber die Wiederherstellung
der Wohnung innerhalb von drei Monaten.
Kritik wurde von SPÖ und Grünen auch daran geübt, dass die Länder noch keine Regelungen zum
Energieausweis getroffen haben. Hier räche sich die föderalistische Struktur, sagte Abgeordnete Gabriela
Moser (G). Abgeordnete Helene Partik-Pable (F) äußerte sich grundsätzlich skeptisch zum Energieausweis,
denn dieser koste viel Geld und bringe nichts für die Umwelt, sagte sie. Da es sich hier aber um die Umsetzung
einer EU-Richtlinie handle, habe man sich auf eine Minimalvariante geeinigt. |