"Adriazug": Pilotprojekt zur Entlastung der Tauernachse  

erstellt am
16. 05. 06

Haslauer: Innovatives Logistik-Projekt ermöglicht, dass hunderte Lkw von der Tauernautobahn auf die Schiene wechseln könnten
Salzburg (lk) - Die Wirtschaftsräume Bayern und Salzburg sollen so schnell wie möglich eine bessere Schienenanbindung an die Mittelmeerhäfen bekommen. Im Auftrag des Bundes- ministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie sowie der Bundesländer Salzburg und Kärnten erstellte das Logistik-Kompetenz-Zentrum (LKZ) eine Studie, die zu einer erheblichen Entlastung des Verkehrsaufkommens auf der Tauernachse führen könnte. Der "Adriazug" verbindet Bayern und Salzburg mit den Adriahäfen Triest und Koper. Dutzende Lkw werden im Roll-On/Roll-Off-Betrieb täglich an den Häfen der nördlichen Adria gelöscht. Der überwiegende Teil der Fracht ist für Deutschland und Nordeuropa bestimmt. Derzeit rollt dieser Verkehr großteils über die Tauernautobahn, eine der bedeutendsten Nord-Süd-Verbindungen Europas.

"Ohne Güterverkehr funktioniert die Wirtschaft nicht, doch immer mehr Menschen in unserem Land leiden unter dem wachsenden Verkehrsaufkommen. Das Land Salzburg hat das Projekt "Adriazug" mitfinanziert, weil damit ein Impuls für weniger Verkehr auf der Straße gegeben wird. Das ist ein zentrales Anliegen unserer Verkehrspolitik. Es ist möglich, dass mit dieser Verbindung von Bayern bzw. Salzburg nach Triest bzw. Koper monatlich mehrere hundert Lkw auf der Schiene statt über Salzburgs Straßen rollen. Das Projekt ist wissenschaftlich fundiert und bietet völlig neue Ansätze, die der Transportwirtschaft neue Möglichkeiten eröffnen", sagte Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Wilfried Haslauer bei der Vorstellung des Projekts "Adriazug" am 16. 05. im Cargo Terminal Salzburg im Beisein von Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka, dem Kärntner Landesrat Gerhard Dörfler sowie Karl Fischer vom Logistik-Kompetenzzentrum Prien.

Staatssekretär Helmut Kukacka: "Die Kapazitäten der Schiene auf der Nord-Süd-Achse sind aber bei weitem noch nicht ausgelastet. Berechnungen zeigen uns, dass teilweise nur 50 Prozent der freien Kapazitäten, bei entsprechender Effizienzsteigerung genutzt werden. Wir müssen daher Langzeit-Strategien zwischen allen Verkehrsträgern entwickeln. Jeder Verkehrsträger soll dort forciert werden, wo seine Systemvorteile überwiegen. Das erfordert einen gesamtverkehrlichen, einen intermodalen Ansatz und nicht wie bisher, das Setzen auf einen Verkehrsträger, nämlich die Straße", so der Staatssekretär.

In dem Projekt soll es künftig an jedem Werktag einen Ganzzug für den Containerverkehr zwischen Bayern, Salzburg, Villach und den Häfen in Triest und Koper geben. Der "Adriazug" ist ein Teil des EU-Projekts "Alpine Freight Railway", kurz AlpFRail, in dem das LKZ von der Europäischen Union die fachliche Leitung übertragen bekommen hat. Projektpartner im Projekt "Adriazug" sind die Länder Salzburg, Kärnten und das österreichische Bundesverkehrs- ministerium. Die besseren Schienenverbindungen vom bayerisch-österreichischen Wirtschaftsraum nach Triest und Koper sollen den Unternehmen zum einen kürzere Export- und Importzeiten ermöglichen, zum anderen werden damit Ladungsströme umweltgerecht von der Straße auf die Schiene verlagert.

Hintergrund des Projekts ist der steigende weltweite Wettbewerbsdruck, in dem Kosten-Nutzen-Rechnungen für Spediteure, Reeder und Verlader eine immer größere Rolle spielen. Zahlreiche Importe und Exporte von Bayern und Österreich nach Fernost liefen bisher über Hamburg nach Rotterdam und wurden dann per Schiff um Europa herum über Gibraltar ins Mittelmeer transportiert. "Dabei wäre es viel effektiver und kürzer, die Waren mit dem unbeglei-teten kombinierten Verkehr über Salzburg und Villach zu den Mittelmeerhäfen zu transportieren, und dort aufs Schiff zu verladen", erklärte Karl Fischer, Geschäftsführer des LKZ. "Zeitlich bringt das für die Ladung von und nach Fernost eine Ersparnis von vier bis fünf Tagen." So gehen zunehmend immer mehr Verlader, Spediteure und Reeder dazu über, auch die Adriahäfen in ihre Überlegungen mit einzubeziehen. Es fehle ein effizientes Angebot auf der Schiene für den Containerverkehr, das für die Kunden unkompliziert und kostengünstig ist, sind sich die Projektpartner einig. Um dadurch die Zunahme des Verkehrs auf den alpenquerenden Straßen zu vermeiden, soll sich das mit dem Adriazug ändern.

Ausgangspunkt war der erste AlpFRail-Projektbaustein, der "Aktionsplan Tauernbahn". Durch Analysen der Schienenauslastung und technische Verbesserungen auf der Strecke Salzburg-Villach wurden Kapazitäten für neun zusätzliche Zugpaare pro Tag geschaffen. Inzwischen werden auf dieser Strecke 45.000 Lkw pro Jahr von der Straße auf die Schiene verlagert. Die Analyse zeigte aber auch, dass es weitere Angebote geben muss, da der Transportbedarf zwischen den wichtigsten Wirtschaftsräumen in Süddeutschland, Österreich, Italien mit Süd-Osteuropa und Fernost stetig ansteigt.

Die Fachleute im LKZ führten daraufhin Situations- und Marktanalysen durch, entwickelten eine Marketingstrategie, stellten Kosten- und Nutzenrechnungen sowie Finanzierungsmodelle für eine neue Verbindung auf und analysierten die Machbarkeit in den Inlandterminals, auf den Strecken und den Adria-Häfen. Dabei waren auch die Dienste-Anbieter eingebunden.

Das Ergebnis ist der "Adriazug" als Ganzzug für den Containerverkehr. Er könnte werktäglich zwischen München – Salzburg – Villach – Triest und Koper verkehren. Als geeignete Verlade-terminals stellten sich München-Riem und Salzburg heraus. Marktpotenzial ist vorhanden: in einer Befragung zeigten zwei Drittel der mehr als 100 Verlader und Spediteure in Bayern und Österreich Interesse an diesem Angebot. Rechnerisch könnten 845 Lkw pro Monat auf dieser Route von der Straße auf die Schiene verlagert werden. "Das ist nicht nur ökologisch sinnvoll. Die Kostenrechnung hat gezeigt, dass der Adriazug auch rein wirtschaftlich interessant sein wird", betonte Fischer. Nach einem Rechenbeispiel für einen Export von München nach Shanghai über Triest wäre der Schienenweg des Adriazuges günstiger als der Transport der Ware mit dem Lkw nach Triest, Koper oder Hamburg.

Die Projektpartner werden jetzt auf der Homepage http://www.adriazug.com für das neue Angebot werben. "Wir haben das Konzept entwickelt – jetzt ist die Wirtschaft am Zug", betonen die Projektpartner. "Für den Kunden ist eines wichtig: ein Ansprechpartner, ein Preis, ein gutes Informationssystem, ein Angebot. Nur so kann der Schienengüterverkehr auch funktionieren."
     
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