IG Freie Theaterarbeit verweist mit Nachdruck auf weiterhin bestehende strukturelle Defizite
nach der Wiener Theaterreform 2006
Wien (igft) - „Bezeichnenderweise“, so Sabine Kock, Geschäftsführerin der "IG Freie
Theater- arbeit (IGFT), „fand die heutige (15. 05., Anm.) Pressekonferenz auf
der Schlachtbank unter dem Laufband für die Vorführung toter Tiere statt. Ein Bild, das die Lobreden
der EntscheidungsträgerInnen in wunderbarer Weise symbolisch in Frage stellt.“
Corinne Eckenstein, Vorstandsvorsitzende der IGFT, verweist mit Nachdruck auf weiterhin bestehende strukturelle
Defizite, die die künstlerische Arbeit unnötig erschweren, zum Teil sogar unmöglich machen. „Seit
Einführung des Kuratorenmodells ist die Planungssicherheit für Projekte im darstellenden Bereich rapide
verlorengegangen. Wartezeiten auf Subventionszu- oder absagen von drei Monaten sind untragbar!“
Die IG Freie Theaterarbeit protestiert gegen die Fortsetzung des Kuratorenmodells! In einer Befragung der Wiener
Theater- und Tanzschaffenden im Februar 2006 nach dem entscheidungs- vorbereitenden Gremium für Projektförderungen
sprachen sich nur 14% für ein Kuratorium aus! 67% sprachen sich für ein gemischtes Gremium mit Theaterschaffenden
sowie ExpertInnen anderer Bereiche aus; gefordert wurde: die Sitzungen öffentlich abzuhalten und eine Auseinandersetzung
über ästhetische und inhaltliche Zielsetzungen in Form von öffentlichen Hearings. Siehe: http://www.freietheater.at/kulturpolitik/280206.htm
Die IG Freie Theaterarbeit fordert:
- Gemäß Studie: Ausschreibung und Einsetzung einer fünf bis siebenköpfigen ExpertInnenkomission
anstelle des Kuratoriums
- Erhöhung der Projektbudgets von 2,6 auf 4 Millionen
- Eine bessere Planungslogistik der Einreichtermine, schnellere Abwicklung und grundsätzlich
- Transparenz und sachpartnerschaftliche Kommunikation mit der Szene in den Entscheidungsprozessen
- Definite (Ko-)produktionsbudgets für mindestens drei weitere bestehende Häuser
- Budget für nachhaltige Maßnahmen der Weiterbildung, Ausbildung, Fortbildung sowie im Bereich Marketing
und Vertrieb
Die Bilanz der deklarierten Jahrhundertreform nach drei Jahren Laufzeit fällt nüchtern aus:
- Schauspielhaus und dietheater werden endlich ausgeschrieben, zwei Häuser, deren Ausschreibung schon 2003
feststand.
- Weitere Koproduktionshäuser – drei waren insgesamt geplant - oder ein neues sind nicht definiert/budgetiert.
- Das Produktionsbudget im Bereich Projektförderungen stagniert bei 2,6 Millionen Euro – die als Wahlversprechen
angekündigte Erhöhung bzw. Freisetzung von 4 Millionen hat nicht stattgefunden.
- Statt Planungssicherheit kennzeichnen ständige Entscheidungsverzögerungen der Entscheidungsträger
eine Situation der Planungsnot und große Verunsicherung für die Theaterschaffenden.
- Eine Freisetzung von Strukturbudgets zugunsten erhöhter Produktionsmargen ist insgesamt nicht erkennbar,
ebenso wenig die Ausweisung definiter Produktionsbudgets für bestehende Häuser.
- Die „Auslobungen“ haben bislang nicht zu einer signifikanten Verbesserung der Bereiche geführt, die mit
ihnen gestärkt werden sollten: Interkulturalität, Nachwuchs, Theater für junges Publikum und Theorie
sind weiterhin marginale Bereiche.
- Maßnahmenpakete für Fort- und Weiterbildungen, Ausbildung, Stipendien, sowie für Marketing
und Sichtbarkeit fehlen weitestgehend.
- Eine Evaluation des Prozesses hat nicht stattgefunden: weder Besucherzahlen, Publikumsstrukturen noch das Verhältnis
der bislang umgesetzten Maßnahmen zu den angepeilten Zielen ist valide erforscht.
- Nach wie vor sind selbst im hoch dotierten Konzeptförderbereich die Margen so, dass die Rahmenbedingungen
arbeits- und sozialrechtlichen Erfordernisse nicht eingehalten werden können - das gesamte Segment dümpelt
nach wie vor im juridischen Graubereich.
- Ernüchterung, Resignation und Lähmung statt Aufbruch und Freude kennzeichnen das allgemeine Klima.
Informationen: http://www.freietheater.at
Siehe: Erfolgsbilanz der Wiener Theaterreform
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