Fasslabend: Jetzt ist die Chance, etwas zu verbessern
Wien (pk) - Die Zukunft des Verfassungsvertrags sowie die Subsidiaritätsprüfung
durch die nationalen Parlamente waren die weiteren Themenschwerpunkte der XXXV. COSAC- Konferenz, die am 22. 05.
im Parlament abgehalten wurde. Vor Eingang in die Debatte begrüßte Nationalratspräsident Andreas
Khol die Teilnehmer im historischen Sitzungssaal.
Die Veranstaltung sei ein Höhepunkt der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft, konstatierte Khol.
Auch das österreichische Parlament habe sich sehr angestrengt, seinen Beitrag zu leisten und unter anderem
zwei große parlamentarische Konferenzen in einem neuen Format organisiert. Ende Jänner gab es eine Tagung
zum Thema Lissabonstrategie und Anfang Mai wurde in Brüssel gemeinsam mit dem Europäischen Parlament
über die Zukunft Europas diskutiert. Er glaube, dass sich diese Form der Zusammenarbeit – Europaparlamentarier,
nationale Abgeordnete sowie Vertreter der Beitrittskandidaten – bewährt habe. Paavo Lipponen habe bereits
angekündigt, dass die finnische Präsidentschaft diesen Weg fortsetzen will und eine derartige Konferenz
abhalten wird.
Bevor Österreich den EU-Vorsitz übernommen hat, habe er sich drei Ziele gesetzt, führte Khol weiter
aus. Erstens sollte es mehr Debatten über europäische Themen im österreichischen Parlament geben.
Im Rahmen einer Änderung der Geschäftsordnung wurde festgelegt, dass es vier Sitzungen im Nationalrat
geben soll, in denen ausschließlich Europathemen auf der Agenda stehen. Als zweites Ziel habe man sich vorgenommen,
das Subsidiaritätsprüfungsverfahren auf Basis des Amsterdamer Vertrags und des Protokolls Nr. 30 zu "regularisieren"
und die Informationsmöglichkeiten und -rechte der staatlichen Parlamente – auch im Wege der COSAC – zu verstärken.
Die Europäische Kommission soll ihre Gesetzgebungsentwürfe an beide Kammern der Parlamente übermitteln
und ihnen die Möglichkeit geben, Stellungnahmen abzugeben. Diese Stellungnahmen sollten von der Kommission
auch berücksichtigt und in Erwägung gezogen werden, betonte Khol. Der Vizepräsident der EU-Kommission,
Günter Verheugen, habe bei der Subsidiaritätskonferenz in St. Pölten am 20. April diesen Vorschlag
begrüßt und zugesagt, dass er sich für die Umsetzung einsetzen wird. Auch Präsident Barroso
habe im Mai bei der Konferenz in Brüssel in seiner Mitteilung diesen Vorschlag wiederholt und darauf hingewiesen,
dass das Jahresprogramm der Kommission den nationalen Parlamenten direkt zugeschickt werden soll.
Khol war weiters der Auffassung, dass die COSAC, und dabei vor allem das Informationssystem IPEX, einen wichtigen
Beitrag zur Umsetzung der Subsidiarität leisten kann. Ministerpräsident Stoiber habe etwa bei der Subsidiaritätskonferenz
darauf hingewiesen, dass der Deutsche Bundestag über 30 Mitteilungen zu Fragen der Subsidiarität nach
Brüssel gesandt hat. Solche Informationen oder zum Beispiel die Stellungnahmen des französischen Parlaments,
das sich ausführlich mit diesem Thema befasst hat, könnten dann von allen Ländern im IPEX abgerufen
werden. Er glaube, dass in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates im Juni schon einiges dazu zu finden
sein werde.
Der Vorsitzende der Konferenz, Abgeordneter Werner Fasslabend, ging sodann auf den Ablauf der Konferenz ein. Was
die inhaltlichen Schwerpunkte angeht, so würde er es sehr begrüßen, dass neben den einzelnen Bestandteilen
des Verfassungsvertrages auch über das spezifische europäische Sozial- und Lebensmodell, also die Verbindung
von wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, sozialer Sicherheit und ökologischer Balance, diskutiert wird.
Es herrsche Einigkeit darüber, dass auch unter der finnischen Präsidentschaft die Debatte über das
Subsidiaritätsprüfungsverfahren fortgesetzt werden soll, führte Fasslabend weiter aus. Dies sei
deshalb wichtig, weil es dabei nicht nur um mehr Bürgernähe, sondern auch um mehr Effizienz gehe. Ein
wichtiger Nebeneffekt sei nämlich, dass es durch die bessere und rechtzeitige Einbindung der nationalen Parlamente
eine höhere Bereitschaft gebe, die EU-Beschlüsse in den einzelnen Ländern auch umzusetzen. |
Fasslabend: Jetzt ist die Chance, etwas zu verbessern
Am Nachmittag wurde die COSAC-Konferenz mit einer äußerst lebhaften und ausführlichen Debatte
zum Thema "Zukunft des Verfassungsvertrags und Subsidiaritätsprüfungsverfahren durch nationale Parlamente"
fortgesetzt. Dabei kristallisierte sich im Hinblick auf das Subsidiaritätsprüfungsverfahren ein gewisses
Spannungsverhältnis zwischen den Vertretern der nationalen Parlamente und des Europäischen Parlaments
heraus. Das Europäische Parlament hatte zum Vorschlag von Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso einige
kritische Anmerkungen gemacht mit dem Tenor, die Hauptaufgabe der nationalen Parlamente sei die Kontrolle ihrer
Regierungsmitglieder in den europäischen Institutionen und man dürfe den Subsidiaritätsmechanismus
nicht missbräuchlich verwenden. Grundsätzlich sprach sich eine überwiegende Mehrheit der COSAC –
Mitglieder für dieses Verfahren auf der Grundlage des Amsterdamer Vertrags aus.
Diese Zustimmung unterstrich auch der Vorsitzende der Konferenz, Abgeordneter Werner Fasslabend, in seinem Resümee.
Trotz offener Diskussion sei der Wunsch nach Kooperation zwischen nationalen Parlamenten und Europäischem
Parlament zu spüren gewesen, sagte er und es habe sich gezeigt, dass die gemeinsame Ebene erweiterungs- und
vertiefungsfähig sei. Er halte es für notwendig, dass Sensibilitäten in einer lebhaften Diskussion
angesprochen werden. Der Zeitpunkt für das Subsidiaritätsprüfungssystem sei gut, um nüchtern
zu überlegen, welche Schritte zu setzen sind. Er halte es für wert, diesen Versuch zu starten, denn in
der gegenwärtigen Situation habe man die Chance, für die Zukunft etwas zu verbessern.
Auch hinsichtlich des Verfassungsvertrages habe die Diskussion einen Willen nach gemeinsamer Lösung gezeigt,
stellte Fasslabend fest. Er sei darin bestärkt worden, dass der Glaube an Europa nicht verloren gegangen ist.
Das Thema Verfassungsvertrag müsse man vorsichtig behandeln und vor allem müsse man die Einwände
und die Zustimmungen ernst nehmen, nur dann werde Europa profitieren können.
Die Diskussionsbeiträge der österreichischen COSAC-Mitglieder
Seitens der österreichischen Abgeordneten meldete sich zuerst Ulrike Lunacek (G) zu Wort. Sie meinte,
dass im Rahmen der Verfassungsdebatte von den Bürgerinnen und Bürgern Ängste artikuliert würden,
die nichts mit der Verfassung zu tun haben. Man müsse daher jene Passagen des Verfassungsvertrags besser kommunizieren,
wo es um wichtige Rechte gehe, zum Beispiel um die Vollbeschäftigung. Die Subsidiarität halte sie für
sinnvoll, wenn diese zum Ziel habe, das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente enger zu verbinden.
Für wenig hilfreich hält sie die Subsidiarität aber, wenn darin Renationalisierung zum Ausdruck
kommt. Jedenfalls dürfe es nicht zum "Cherrypicking" kommen, hielt Lunacek fest. Sollte das Subsidiaritätsprüfungsverfahren
kommen, hält sie eine Aufstockung der Ressourcen für die Fraktionen für notwendig, um die zahlreichen
Unterlagen auch entsprechend sichten zu können.
EP-Abgeordnete Maria Berger (S) bekannte sich nachdrücklich zum Subsidiaritätsprüfungs- verfahren.
Sie verwahrte sich aber dagegen, dieses missbräuchlich zu verwenden. Subsidiarität sei kein Allheilmittel
für die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger, sagte sie, und wenn Europa in bestimmten Fragen keine
Regelungen treffe, dann müssten es die Nationalstaaten tun, was jedoch nicht immer der Fall sei, verteidigte
sie so manche Regelung auf EU-Ebene. Als Hauptaufgabe der nationalen Parlamente sah sie die Kontrolle der jeweiligen
Regierungsmitglieder in den europäischen Institutionen. Auch das Europäische Parlament führe eine
Subsidiaritätskontrolle durch, betonte Berger und appellierte, diese Frage nicht zu einem Konfliktthema mit
dem Europäischen Parlament aufzubauen.
Eher kritisch zum Subsidiaritätsprüfungssystem äußerte sich Abgeordneter Caspar Einem (S).
Die nationalen Parlamente hätten jetzt schon die Möglichkeit, mehr zu prüfen, sie interessierten
sich jedoch zu wenig für die europäischen Materien, meinte Einem. Wer über die nationalen Parlamente
"drüberfahre", das sei nicht das Europäische Parlament, sondern das seien die nationalen Regierungen.
Durch das neue Verfahren werde man noch mehr Papier bekommen, befürchtete er. Einem zeigte für die Haltung
des Europäischen Parlaments Verständnis, denn auch die nationalen Parlamente würden sich dagegen
wehren, wenn regionale Parlamente diese kontrollieren wollten. Alle Parlamente seien direkt gewählt und hätten
eigene Aufgaben und unter diesem Aspekt sollten sie besser miteinander kooperieren. Abschließend unterstützte
Einem den vorliegenden Verfassungsvertrag.
Eine lebhafte Diskussion
In der weiteren Debatte meinte Rainder Steenblock (Deutscher Bundestag), die Subsidiaritätsdebatte könne
eine große Chance sein, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger wieder zu gewinnen. Gleichzeitig
sollte aber auch eine Demokratiedebatte geführt werden, da die Menschen wissen wollen, wer für die Entscheidungen
verantwortlich ist. Seiner Ansicht nach fehlen derzeit vor allem in den nationalen Parlamenten entsprechende Strukturen
sowie echte Mitentscheidungsmöglichkeiten, denn Information allein sei zu wenig.
Bogdan Barovic (Slowenien, Nationalversammlung) sprach sich in der Verfassungsfrage für einen gemeinsamen
Nenner und die Definition klarer Fundamente aus. Die Bürgerinnen und Bürger Europas wünschten sich
eine stabile Union mit sozialer Sicherheit; dies sei aber nur mit einer Verfassung möglich. Der derzeitige
Entwurf sei für ihn kein totes Dokument, sondern "lebe noch immer". Man müsse ihn entweder
verbessern oder eine neue Fassung erarbeiten, schloss er.
Jo Leinen (Europäisches Parlament) war der Meinung, dass den Bürgerinnen und Bürgern die bisherige
"Begründung" – die Union ist eine Friedensunion – nicht mehr ausreiche. Die Menschen erwarten sich
Antworten auf die brennenden Fragen und Probleme, etwa die Globalisierung, die Beschäftigungssituation, den
wirtschaftlichen Aufschwung Chinas und Indiens, die Migration, die Kriminalität und den Terrorismus etc. Dazu
brauche man nicht nur die nationalen Parlamente, sondern auch die politischen Parteien, war Leinen überzeugt.
Pierre Lequiller (Frankreich, Nationalversammlung) gab zu bedenken, dass man nicht nur über den Verfassungsvertrag,
sondern auch über konkrete Inhalte diskutieren sollte. Als wichtige Themen nannte er dabei die Zukunft der
Energieversorgung, Religion und Kultur. Ein großes Anliegen war ihm auch, das Interesse und die Begeisterung
der Jugendlichen für europäische Anliegen zu wecken.
Phillippe Mahoux (Belgien, Senat) sprach sich für mehr Transparenz innerhalb der EU aus und meinte, dass man
das Verhältnis zwischen Europäischem Parlament und den nationalen Parlamenten institutionalisieren sollte.
Er trat auch für eine Stärkung der Rolle des Europäischen Parlaments durch die Verfassung ein.
Socratis Kosmidis (Griechisches Parlament) unterstützte das Subsidiaritätsprinzip, da dieses hilfreich
sei, um den europäischen Besitzstand zu sichern. Er begrüßte daher den Vorschlag Barrosos, die
nationalen Parlamente möglichst früh von den Vorhaben zu unterrichten.
Godelieve van Heteren (Niederlande, Repräsentantenhaus) hielt die Reflexionsphase für wichtig, um eine
neue Vertrauensbasis mit den Bürgerinnen und Bürgern aufbauen zu können. Ihrer Ansicht nach bedarf
es neuer Formen der Mitsprachemöglichkeiten und mehr Transparenz. Sie rief alle dazu auf, die Spannungen zwischen
Europäischem Parlament und nationalen Parlamenten abzubauen.
Andrea Manzella (Italien, Senat) sprach sich dafür aus, hinsichtlich der Subsidiarität Vorsicht walten
zu lassen. Die Verfassung sei bereits jetzt schon ausgewogen und diese Balance dürfe man nicht zerstören.
Er wolle daher von einer europäisch-parlamentarischen Kooperation sprechen.
Johannes Koskinen (Finnisches Parlament) verlangte eine baldige Umsetzung des Subsidiaritätsprüfungsverfahrens,
damit die Parlamente rechtzeitig gesetzgeberisch tätig werden können. Dadurch sei man besser vorbereitet,
um europäische Standards zu schaffen. Die Probleme innerhalb der Union sah Koskinen zum Teil auch in der Tatsache
begründet, dass die Parlamente bisher viel zu spät reagiert haben.
Honorio Novo (Portugiesisches Parlament) nannte die bisherigen Strategien brüchig. Die Prioritäten für
Europa liegen seiner Ansicht nach beim Thema Arbeit und Kohäsion. Man brauch einen soliden Verfassungsvertrag,
mehr Transparenz und Subsidiarität, so Novo.
Inigo Mendez de Vigo (Europäisches Parlament) meinte, die Hauptaufgabe in nächster Zukunft liege darin
zu erklären, warum die Verfassung so wichtig ist. Sie bringe beispielsweise mehr Effizienz und Transparenz.
Man dürfe sich nicht die Rosinen herauspicken, sagte er, begrüßte jedoch den Vorschlag von Kommissionspräsident
Barroso zum Subsidiaritätsprüfungsverfahren.
Ben Fayot (Luxemburgisches Parlament) sprach sich dafür aus, sich auf die zentralen Punkte zu konzentrieren.
Einer dieser Punkte sei die Frage, ob man den Souveränitätstransfer wolle, oder ob man auf der intergouvernementalen
Ebene bleiben wolle.
Thomas Silberhorn (Deutscher Bundestag) bewertete das Subsidiaritätsprüfungsverfahren auf Grund der hohen
formalen Hürden ambivalent. Die nationalen Parlamente müssten seiner Meinung nach bemüht sein, mehr
öffentliche Aufmerksamkeit anzustreben.
Billy Gustafsson (Schwedisches Parlament) wies auf die politischen Perspektiven der Subsidiarität hin. Sie
sei Hilfe, bei den Menschen Verständnis für europäische Lösungen zu wecken. Die Menschen würden,
so Gustafsson, eine Politik ersehnen, die ihren Interessen entgegenkomme.
Antonio Girfatti (Italien, Senat) appellierte, die Befugnisse des Europäischen Parlaments nicht zu beschneiden.
Vor allem müsse es das Zustimmungsrecht zum Haushalt behalten.
Jimmy Hood (Großbritannien, House of Commons) kritisierte heftig das Europäische Parlament wegen dessen
Aussagen zur Subsidiarität. Die nationalen Parlamente haben das Recht zu prüfen, bekräftigte Hood.
"Verteidigen wir die nationalen Interessen und teilen wir das, was wir gemeinsam haben!", so sein Aufruf.
Sophia Kalantzakou (Griechisches Parlament) vertrat die Auffassung, dass der Verfassungstext zu technisch formuliert
ist. Die Bürgerinnen und Bürger müssten verstehen, was in den Gesetzen stehe und man brauche eine
Verfassung, in der das Recht auf Arbeit, auf soziale Sicherheit und auf Umweltschutz verankert sei und wo die Macht
der Konzernmultis eingeschränkt werde. Kalantzakou forderte auch mehr Rechte für das Europäische
Parlament und einen Abbau von Bürokratie.
Barry Andrews (Irisches Parlament) wendete ein, dass nationale Parlamente nicht unbedingt volksnäher agierten
und knüpfte daran seine Forderung nach mehr demokratischer Verantwortlichkeit der Volksvertretungen.
Ankie Broekers-Knol (Niederlande, Senat) unterstützte den Vorschlag der österreichischen Präsidentschaft
nach mehr Transparenz im Europäischen Rat. Sie trat für das Subsidiaritätsprüfungsverfahren
ein, meinte aber, dass in Hinkunft die Proportionalität noch wichtiger sein werde als die Subsidiarität.
Roger Jansson (Finnisches Parlament) thematisierte die Mitspracherechte regionaler Parlamente in föderalen
Staaten im Rahmen des Subsidiaritätsprüfungsverfahrens. Das Europa der Regionen werde man schwer umsetzen
können, wenn die Menschen nicht das Gefühl haben, dass sich die Entscheidungen ihren Interessen annähern,
bemerkte er.
Richard Hörcsik (Ungarn, Nationalversammlung)) bedauerte seinerseits, dass sich der Verfassungsausschuss des
Europäischen Parlaments zum Subsidiaritätsprüfungsverfahren kritisch geäußert hat, und
betonte, dass man das Europäische Parlament keineswegs schwächen wolle.
Ähnlich die Wortmeldung von Charlotte Antonsen (Dänisches Parlament). Auch sie zeigte kein Verständnis
dafür, dass das Europäische Parlament das Angebot Barrosos an die nationalen Parlamente reduzieren möchte.
Den österreichischen Vorschlag hält sie für ausgezeichnet, da er die Balance wahre.
Baroness Thomas (Großbritannien, House of Lords) stellte ebenfalls die Frage, warum das Europäische
Parlament gegen eine genauere Prüfung durch nationale Parlamente sei. Allgemein sprach sie sich für eine
Verbesserung der Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern aus.
Liina Tonisson (Estnisches Parlament) begrüßte die Initiativen der österreichischen Präsidentschaft
zum Bürokratieabbau. Der Vorschlag Barrosos zur Subsidiarität sollte die nationalen Parlamente mutiger
machen, sagte sie, wobei es notwendig sei, Regeln zu vereinbaren, in welcher Art und Weise die Kommission die Dokumente
übermittelt.
Aydin Dumanoglu (Türkische Nationalversammlung) bezeichnete die EU als eine Zone des Friedens und der Stabilität
und als einen Magnet, der weit über die Grenzen hinaus wirke. Die Union müsse daher die Herausforderung
annehmen und alles tun, um ein Global Player zu sein.
Neven Mimica (Kroatisches Parlament) sprach die derzeitige Patt-Stellung an und meinte, man müsse nun eine
Debatte über die gemeinsamen Werte und die Identität führen. Vor allem sei es notwendig, die Balance
im europäischen sozial-ökonomischen Modell zu halten.
Edmund Wittbrodt (Polen, Senat) trat für eine Ausdehnung der Reflexionszeit ein, da die Menschen von den Bestimmungen
des Verfassungstextes erst überzeugt werden müssten. Auch er zeigte sich überrascht über die
Haltung des Europäischen Parlaments zum Subsidiaritätsprüfungsverfahren.
Daran knüpfte auch Herman de Croo (Belgien, Repräsentantenhaus) an und meinte, dass die nationalen Abgeordneten
näher beim Bürger seien. Auch er schnitt das Thema der regionalen Ebene in föderalen Staaten in
Zusammenhang mit dem Subsidiaritätsprüfungsverfahren an.
Juozas Jarusevicius (Litauisches Parlament) begrüßte die Initiative Barrosos zur Subsidiarität
und schlug vor, das Arbeitsprogramm der Kommission im Europäischen Parlament und in den nationalen Parlamenten
gleichzeitig zu diskutieren.
Jozef Heriban (Slowakei, Nationalrat) thematisierte die wachsende Kluft zwischen PolitikerInnen und BürgerInnen
und sah als einen Grund dafür die negative Darstellung der Politik in den Medien. Man müsse daher die
Kommunikation verbessern, meinte er.
Karin Thorborg (Schwedisches Parlament) lehnte den Verfassungsvertrag ab, weil er ihrer Ansicht nach nicht gut
ist. Sie wandte sich daher auch gegen die Formulierung im Abschlussdokument, dass die Unwissenheit der Bürgerinnen
und Bürger zur Ablehnung des Vertrags geführt habe.
Lone Dybkjaer (Dänisches Parlament) bedauerte den Konflikt mit dem Europäischen Parlament und appellierte
an alle, zusammenzuarbeiten, um die europäische Vision zu verwirklichen. Sie könne nicht verstehen, dass
die Europa-Abgeordneten die nationalen Abgeordneten nicht als gleichberechtigt anerkennen.
Kurt Bodewig (Deutschland, Bundestag) bemerkte kritisch, er habe den Eindruck, das Europäische Parlament sei
der Hauptgegner. Vielmehr würde den nationalen Parlamentarierinnen und Parlamentariern die Information durch
die eigenen Regierungen verweigert. Das deutsche Parlament führe daher derzeit mit der Regierung Verhandlungen
bezüglich einer Informationsverpflichtung. Bodewig sprach sich gegen ein "Cherrypicking" aus, da
er darin die Gefahr sah, den Verfassungsvertrag nie zu realisieren. Dieser sei aber die Grundlage für die
Zukunft und die Erweiterung. Die EU sei ein Integrationsprojekt, in einer reinen Freihandelszone hätten die
nationalen Parlamente nichts zu sagen, warnte er. |