Innsbruck (lk) - In den letzten Monaten wurde die Hochwasser-Katastrophe 2005 analysiert, nun präsentierten
der für Katastrophen-Schutz zuständige LR Anton Steixner und der für Schutzwasserbau zuständige
LR Hannes Bodner Erkenntnisse und Maßnahmen für die Zukunft. „Mit dem Hochwasser 2005 war Tirol erstmals
von einem beinahe landesweiten Katastrophen-Ereignis betroffen. Die notwendige landesweite Koordination der Einsatz-Kräfte
hat dabei sehr gut funktioniert“, sagt der für Katastrophen-Schutz zuständige Landesrat Anton Steixner
rückblickend.
Katastrophenschutz-Kommissionen in den Gemeinden
„Analog zu den Lawinen-Kommissionen im Winter werden in den Gemeinden Katastrophen- schutz-Kommissionen
gebildet. Die Kommissions-Mitglieder werden in den Bereichen vorsorgende Planung für Katastrophen-Einsätze,
Straßensperren und Evakuierung geschult“, erklärt Steixner. Auch Schulungen im Gelände – unter
Einbindung von Geologie, Wildbach- und Lawinenverbauung und Wasserbau – sind geplant. Feuerwehr-Mitglieder sollen
in den Gemeinden besonders eingebunden werden, auch Schulungen an der Landes-Feuerwehrschule sind geplant. Beginn:
Herbst 2006, ab 2007 sollen örtliche Katastrophenschutz-Tage zum Thema „richtiges Verhalten für die Bevölkerung“
stattfinden.
Klares Bekenntnis zur Hochwasser-Retention
Mit technischen Verbauungen stößt der Hochwasser-Schutz an seine Grenzen. Das hat uns die Natur
schmerzlich gezeigt. Von Seiten des Landes Tirol gibt es daher ein klares Bekenntnis zu Retentionsräumen für
unsere Fließgewässer. Der Schutz der Bevölkerung steht dabei im Vordergrund, die Interessen von
Landwirtschaft, Energiewirtschaft und Ökologie gilt es zu berücksichtigen“, erklärt LR Bodner.
Alle Projekte für mögliche Retentionsräume werden dabei zuerst mit Gemeinden und Grundeigentümern
abgestimmt. „Im Zuge der Hochwasser-Katastrophe wurden außerdem in Tirol Wasserbausteine knapp. Das Land
wird daher künftig diesbezüglich für einen Vorrat Sorge tragen“, erklärt Bodner.
Mehr Geld für Schutzwald-Sanierung
„Investitionen in einen gesunden Schutzwald sind Investitionen in aktiven Hochwasser-Schutz. Dies bestätigen
etliche Forschungs-Ergebnisse. Das Land Tirol wird daher künftig jährlich 1 Mio. Euro zusätzlich
für die Schutzwald-Verjüngung und -Stabilisierung ausgeben“, erklärt LR Steixner. Der Boden eines
intakten Schutzwaldes kann im Ereignisfall zusätzlich zwischen 300 und 1200 m3 Wasser pro Hektar, verglichen
mit einem alpinen Rasen, speichern.
Bedeutung von Speicher-Kraftwerken in Seitentälern
„Die Themen Speicher-Kraftwerke und Hochwasser sind eng miteinander verbunden. Laut Daten der Kraftwerks-Unternehmen
haben allein die Speicher im Zillertal (v.a. Zillergründl u. Schlegeis) in den zwei Tagen des Hochwassers
ca. 11 Mio. m3 Wasser zurückgehalten. Auch die Kraftwerke im Oberland (v.a. im Kaunertal u. Kühtai) haben
eine vergleichbare Wasser-Menge zurückgehalten. Die Hochwasser-Welle von Innsbruck lag 2 Mio. m3 über
dem Wert eines 100-jährigen Hochwassers. Man sieht also deutlich, wieviel man mit Speichern oder Retentionsräumen
erreichen könnte“, gibt LR Bodner zu bedenken.
„Absprung-Basen“ für Hubschrauber
„Im Katastrophenfall brauchen wir in Tirol verschiedene Stützpunkte, die als regionale Hubschrauber-Absprungbasen
genutzt werden können“, fordert LR Streixner. Die Stützpunkte müssen ausreichend Platz für
Start und Landung mehrer Hubschrauber sowie logistische und infrastrukturelle Voraussetzungen erfüllen.
Feuerwehr bildet Bezirks-Einsatzgruppen – Zusätzliches Material für Hochwasser-Schutz
Um für länger andauernde Einsätze besser gerüstet zu sein, bilden die Feuerwehren Bezirks-Einheiten
für Katastrophen-Einsätze. Die Einheiten dafür werden von den einzelnen Orts-Feuerwehren abgestellt.
„Die Zusammenstellung wird so gewählt, dass der Grundschutz in den einzelnen Gemeinden aufrecht bleibt“, erklärt
Steixner.
Auch zusätzliches Kat-Schutz-Material wird angeschafft: 350.000 neue Sandsäcke werden auf die Ortsfeuerwehren
aufgeteilt, 1/3 wird im Kat-Lager der Landes-Feuerwehrschule eingelagert. 134 elektrische Schmutzwasser- und Tauchpumpen,
18 Motor-Tauchpumpen und 81 Flüssigkeits-Sauger werden neu angeschafft. Auch 8 Stück Großpumpen
(5.000 Liter pro Minute) werden angekauft.
Wetter-Radar „Valluga“ soll gefährliche Niederschlags-Mengen frühzeitig erkennen
Tirols Wetter-Frühwarnsystem bekommt ein zusätzliches Auge: Auf der Valluga am Arlberg wird Österreichs
fünfte Wetter-Radarstation gebaut. „Tirol verbessert mit dieser Anlage den vorbeugenden Katastrophenschutz.
Dieses Radar erkennt Details anrückender Unwetter auf über 100 km Entfernung und misst zudem Dichte und
Menge der Niederschläge. So können wir uns vorbereiten, wenn die Niederschlagsmenge kritische Werte erreicht“,
erklärt Steixner.
Die Kosten für das Projekt betragen 4,8 Mio. Euro, der Bund übernimmt 55%, das Land Tirol trägt
28% der Kosten. Da auch Vorarlberg von der Station profitieren wird, beteiligt sich das Nachbar-Bundesland mit
17%. Noch im Juni soll mit den Bauarbeiten begonnen werden, im Herbst 2007 wird die Anlage voraussichtlich in Betrieb
gehen.
Verstärktes Augenmerk gilt auch der Erosions-Bekämpfung laut Alpenkonvention, die der Wasser-Rückhaltung
dient. Künftig gibt es auch ein Wildbach-Betreuungskonzept – Wildbachkontrollen sollen das Naturgefahren-Risiko
vermindern, die Betreuung der 2.500 Tiroler Wildbäche ist ein gemeinsames Projekt der Tiroler Gemeinden, der
Wildbach- und Lawinenverbauung und des Landes Tirol. Wichtig ist auch die Eigenvorsorge der Bevölkerung durch
Versicherungen.
Gesamt-Schadenssumme und bisher ausbezahlte Mittel an Geschädigte
Die in Tirol erhobene Gesamt-Schadenssumme (Schäden an öffentlichem Gut, Infrastruktur plus private
Schäden) beträgt ca. 350 Mio. Euro
Diese Summe berücksichtigt auch Folgeschäden, Betriebs-Unterbrechungen, Geschäftsausfälle etc.,
welche jedoch nicht im Detail erfasst wurden. Auch Schäden, die durch private Versicherungen zur Gänze
abgedeckt sind, wurden in dieser Summe berücksichtigt.
Im Privatbereich gab es 2.088 Anträge auf Unterstützung, 104,12 Mio. Euro wurden in diesem Bereich von
Seiten des Landes als Schäden aufgenommen, nach Abklärung einiger großer, offener Fälle wird
sich die Privat-Schadenssumme auf ca. 150 Mio. Euro erhöhen (diese Annahme ist ebenfalls in der Gesamtschadens-Summe
berücksichtigt).
Die Auszahlungs-Quote der Privatschäden beträgt derzeit ca. 30%, ca. 1/3 der Anträge ist abgeschlossen. |