Bericht von parlamentarischen Gedenkreisen
Wien (pk) - Sechs Reisen unternahmen Abgeordnete des Nationalrates im Gedenkjahr 2005 in verschiedene
Nachfolgestaaten der ehemaligen Donaumonarchie, um sich einerseits auf die Spuren der seinerzeitigen deutschsprachigen
Minderheiten zu begeben und andererseits mit deren Nachfahren Kontakte zu pflegen. Konkret fuhr man im Oktober
2005 nach Ungarn, nach Kroatien und nach Serbien, im November 2005 in die Slowakei, im Januar 2006 nach Rumänien,
im Februar 2006 nach Slowenien und im März 2006 zweimal nach Tschechien. Von diesen Reisen berichteten anhand
ausführlicher Diavorträge die Abgeordneten Norbert Kapeller (V), Werner Kummerer (S), Anton Wattaul (F)
und Terezija Stoisits (G).
Nachdem die Anwesenden von Nationalratspräsident Andreas Khol begrüßt worden waren (siehe PK, Nr.
532), ergriff der Obmann der "Volksdeutschen Landsmannschaften" Rudolf Reimann das Wort. Er zeigte sich
erfreut darüber, dass die Betroffenen in diese Abgeordneten-Initiative eingebunden worden seien und gab sodann
einen historischen Rückblick auf die Entwicklung der deutschsprachigen Gruppen in den Gebieten der ehemaligen
Doppelmonarchie. Er erinnerte an die große Zahl führender Persönlichkeiten, die aus diesen Volksgruppen
hervorgegangen seien und nannte unter anderen Sigmund Freud, Karl Renner, Paul Celan, Rose Ausländer, Nikolaus
Lenau, Ferdinand Porsche, Hermann Oberth und Johann Puch. Der Zweite Weltkrieg habe über diese Volksgruppen
die große Katastrophe gebracht, meinte der Redner und schilderte die Unbilden des Schicksals, denen die deutschsprachige
Bevölkerung nach 1945 ausgesetzt gewesen seien. Österreich habe diesen Menschen gegenüber eine Verantwortung,
die Minderheiten in den Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns bräuchten Unterstützung, betonte Reimann,
der seiner Hoffnung Ausdruck verlieh, diese Initiativen würden sich als Meilenstein für die Zukunft erweisen.
Kapeller kündigte an, man könne jedes Jahr eine Reise in diese Regionen machen, er habe diesbezüglich
bereits die Zusage des Herrn Präsidenten. Kapeller meinte, er wolle die Minderheitenpolitik aktiv gestalten,
um das Vermächtnis der Vergangenheit in eine positive Zukunft umzugestalten. Man müsse gemeinsam eine
Zukunft bauen, denn die Geschichte schließe sich gerade wieder, weshalb man die Gelegenheit nützen müsse,
die alten Verbindungen wieder herzustellen. Fast 1000 Jahre seien die Menschen verbunden und nur knapp mehr als
50 Jahre getrennt gewesen, nun gehe es darum, ein gedeihliches Zusammenleben zu befördern.
Nach den von den Abgeordneten Kummerer, Stoisits und Wattaul kommentierten Diavorträgen, die auch durch TV-Berichte
ergänzt wurden, ergriff nochmals Kapeller das Wort, um eine positive Minderheitenpolitik für die Zukunft
zu formulieren. Konkret sprach er sich dafür aus, internationale Arbeitsgruppen aus Abgeordneten der Parlamente
Tschechiens, der Slowakei, Ungarns, Sloweniens, Kroatiens, Serbiens und Rumäniens einzurichten, in denen man
über die mit der Thematik verbundenen Probleme offen und ergebnisorientiert reden solle. Zudem sprach er sich
für ein eigenes Fachreferat aus, dessen Zweck es sein solle, die deutschsprachigen Minderheiten in den genannten
Ländern zu fördern. Es gehe um Information und Hilfestellung, etwa durch die Übersendung von Büchern,
Zeitungen, Zeitschriften und anderen Materialien, aber auch durch die Finanzierung von geeignetem Personal. Zudem
sollten die Kontakte mit der Lokalpolitik, den gesellschaftlichen Organisationen und NGO vertieft werden, um die
Schaffung eines Österreich-Bewusstseins zu befördern. Schließlich votierte Kapeller auch für
das Eingehen neuer Partnerschaften.
Musikalische Darbietungen durch den Chor Nachtigall aus Kosice rundeten die Veranstaltung ab. |