Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger: Projekt Chipkarte (e–card)
Wien (rh) - Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hat
gemeinsam mit der Sozialversicherungs–Chipkarten Betriebs– und Errichtungsgesellschaft m.b.H. die e–card mit Ende
2005 flächendeckend eingeführt. Diese Voraussetzung wurde durch teure Eigenentwicklungen von IT–Endgeräten,
durch zusätzliche Zahlungen an die niedergelassenen Vertragsärzte und ohne Durchführung von Ausschreibungen
nach dem Bundesvergabegesetz 2002 geschaffen.
Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (Hauptverband) bezifferte im Jahr 2004
die voraussichtlichen Kosten für das Projekt e–card mit rd. 117 Mill. Euro. Nach Ansicht des RH werden die
gesamten, dem Projekt zuzuordnenden Kosten rd. 130 Mill. Euro betragen (Stand: Mai 2005).
Die Fortführung von Projekten durch die Sozialversicherungs–Chipkarten Betriebs– und Errichtungsgesellschaft
m.b.H. (SV–ChipBE) erfolgte ohne entsprechende Beschlüsse des Hauptverbandes.
Der Hauptverband ging zur Erzielung eines Vertragsabschlusses mit der Österreichischen Ärztekammer höhere
Zahlungsverpflichtungen als notwendig ein. Erst die zusätzlichen Zahlungen von Betriebskostenzuschüssen
des Hauptverbandes an die niedergelassenen Ärzte ermöglichten den seit fünf Jahren in Verhandlung
stehenden Vertragsabschluss mit der Österreichischen Ärztekammer.
Der RH äußerte bereits in seinem Vorbericht, Reihe Bund 2005/8, S. 53 f., Zweifel an der Sinnhaftigkeit
einer eigenen Entwicklung der bei den Sozialversicherungspartnern aufgestellten Endgeräte durch die Forschungsgruppe
Research Industrial Software Engineering (RISE). Nunmehr ermittelte er um rd. 2,3 Mill. Euro höhere Kosten
für diese Eigenentwicklungen.
Die Lieferung der Endgeräte sowie die im Rahmen der Peering Point Gesellschaft erbrachten Dienstleistungen
des Providers A erfolgten ohne Durchführung einer Ausschreibung nach dem Bundesvergabegesetz 2002.
Durch die Bestellung des für IT–Angelegenheiten im Hauptverband zuständigen Generaldirektor–Stellvertreters
zum technischen Geschäftsführer der SV–ChipBE waren Kompetenzkonflikte nicht auszuschließen.
Die nicht notwendige Parallelstruktur (Gesamtprojektkoordinator und Gesamtprojektleiter) in der Führungsebene
der SV–ChipBE verursachte zwischen August 2004 und April 2005 Mehrkosten von zumindest 350.000 Euro.
Im Jänner 2006 traten neue Verdachtsmomente hinsichtlich unzulässiger Preisverhandlungen des Verbandsmanagements
des Hauptverbandes und des BMGF mit einem Bieter in der Endphase des im Jahr 2003 abgeschlossenen Verhandlungsverfahrens
des Teilprojekts 1 zum Projekt e–card zu Tage.
Des Weiteren schienen dem RH unterschiedliche Darstellungen von Honorarabrechnungen zwischen dem Hauptverband bzw.
der SV– ChipBE und einem Programmdirektor aufklärungsbedürftig.
Der RH nahm dies zum Anlass und richtete im Februar 2006 ergänzende Fragen an das Verbandsmanagement des Hauptverbandes.
Diese wurden wie folgt beantwortet:
Der Hauptverband bestätigte Gespräche am 11. Dezember 2003 mit dem letztlich im Ausschreibungsverfahren
verbliebenen Bieter. Seiner Ansicht nach war die Anfertigung eines Protokolls nicht notwendig, weil in diesen Gesprächen
kein verbindliches Verhandlungsergebnis erzielt wurde.
Dazu vertrat der RH die Ansicht, dass gerade diese Phase des Verhandlungsverfahrens nachvollziehbar dokumentiert
hätte werden sollen, zumal die vorangegangenen Verhandlungsschritte nach Aussagen des Hauptverbandes selbst
umfangreich protokolliert wurden.
Hinsichtlich der Honorarabrechnungen ergaben die klärenden Gespräche, dass der Programmdirektor die vom
RH im Vorbericht, Reihe Bund 2005/8 S. 43, angeführten 47.600 Euro (netto) zuzüglich einer bislang noch
immer strittigen Akonto–Zahlung von 63.360 Euro und somit 120.480 Euro (brutto) erhalten hatte. Der RH nahm deshalb
nur die außer Streit gestellten Honorarabrechnungen von 47.600 Euro in seinem Vorbericht auf.
Zusammenfassend hob der RH folgende Empfehlungen hervor:
Künftig wären im Rahmen des elektronischen Verwaltungssystems durchzuführende Projekte jeweils durch
die zuständigen Gremien des Hauptverbandes genehmigen zu lassen.
- Diese Projekte wären im Rahmen der Kostenrechnung als Kostenträger auszuweisen, um den mitzahlenden
Sozialversicherungsträgern mehr Transparenz über die einzelnen Projektkosten zu bieten.
- Der RH schloss sich der Meinung des Hauptverbandes an, dass es für die Aufrechterhaltung eines auf Dauer
funktionierenden Gesundheitswesens für die Gesamtbevölkerung notwendig sein wird, statt betriebswirtschaftlicher
Überlegungen von Ärzten eher volkswirtschaftliche Überlegungen hinsichtlich der Allgemeinverträglichkeit
einschlägiger Rechtsnormen anzustellen.
- Das derzeit im ASVG unter §§ 341 f. geregelte Vertragspartnerrecht hinsichtlich der Vergabe der entsprechenden
Leistungsverträge für Vertragsärzte wäre dort einzugrenzen, wo es gesundheitspolitische Entwicklungen
behindert.
- Der RH wiederholte seine Empfehlung, die Projektorganisation der SV–ChipBE zu straffen und die Führungsebene
zu reduzieren.
Quelle: Rechnungshof
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Bures:
Millionen an Steuergeld in den Sand gesetzt
Wien (sk) - SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures übt im Zusammenhang mit dem
aktuellen Rechnungshof-Bericht zur E-Card heftige Kritik am "Missmanagement der ÖVP- Gesundheitsministerin".
"Chaotische Vorbereitung, jahrelange Verzögerungen, nicht nachvollziehbare Projekt- und Personalkosten,
exorbitante Projekt-Nebenkosten in der Höhe von 25 Prozent, um 200 Prozent überhöhte Honorarzahlungen,
Doppelstrukturen - hier wurden Millionen an Steuergeldern in den Sand gesetzt", sagte Bures. SPÖ-Rechnungshofsprecher
Günther Kräuter fordert neuerlich den Rücktritt von Hauptverbandschef Josef Kandlhofer: "Der
schwere Vorwurf des Bruchs von Vergabevorschriften konnte nach wie vor nicht entkräftet werden."
Kräuter erinnerte daran, dass Kandlhofer erklärt habe, dass die Vergabe des E-Card-Projekts "Chefsache"
gewesen sei. Kräuter dazu: "Wie kann man ein objektives Vergabeverfahren zur Chefsache erklären?"
Nach allgemeinem Verständnis müsse nach einem objektiven Verfahren nach normierten Kriterien vorgegangen
werden, nicht nach der Einflussnahme eines Chefs, so Kräuter.
Mit dem aktuellen RH-Bericht ist bereits die dritte Prüfung des E-Card-Projekts abgeschlossen. Im ersten Bericht
hatte der Rechnungshof die Vorbereitung der E-Card und die Projektausschreibung zerpflückt. Im zweiten Wahrnehmungsbericht
hatten die Prüfer die hohen Projekt- und Personalkosten bei der Chipkarten-Gesellschaft bemängelt. Der
aktuelle dritte Bericht mache das E-Card-Projekt endgültig zum "Paradefall für das Versagen der
ÖVP-Gesundheitspolitik", so Bures, die auch auf das Chaos rund um die Ambulanzgebühren und die Chefarztpflicht
verwies. |
E-Card ist ein weltweites Vorzeigeprojekt
Wien (övp-pk) - "Die E-Card ist ein Meilenstein im modernen E-government", sagte ÖVP-
Gesundheitssprecher Dr. Erwin Rasinger am 29. 05. zu den Aussagen von SPÖ-Bundesgeschäftsführerin
Bures. Nach sieben Jahren der erfolglosen Einführungsversuche ihrer Vorgänger/innen habe Bundesministerin
Rauch-Kallat die E-Card in Rekordzeit realisiert und damit ein "europaweites Referenzprojekt geschaffen",
so Rasinger. Mit der Einführung der E-Card ist Österreich führend in Europa und auch weltweit. "Wir
gelten als weltweites Vorbild, dabei erreichen uns Anfragen bis aus Australien", so der ÖVP-Gesundheitssprecher
weiter.
Rasinger weiter: "Der RH-Bericht ist außerdem bereits ein alter Hut, den die Opposition scheinbar immer
wieder gerne hervorzaubert, um ihn als großen 'Aufdecker-Skandal' zu verkaufen." Der Rohbericht des
so genannten dritten Wahrnehmungsberichtes des Rechnungshofes war nämlich bereits im Herbst 2005 ein mediales
Thema. Die Zufriedenheit mit der E-Card zeige sich bei den Patienten: 86 Prozent der befragten Patienten begrüßen
laut Studien des Hauptverbandes die E-Card sehr, 79 Prozent halten sie für besser als den Krankenschein. Auch
die Ärzte finden die E-Card mehrheitlich besser als den Krankenschein, so Rasinger abschließend. |