Die Rolle der Volksanwälte im europäischen Kontext
Wien (pk) - Im Parlament findet derzeit die Europäische Ombudsman-Konferenz statt, bei der sich
rund 170 Ombudsleute, Volksanwälte und Rechtsschutzbeauftragte aus 43 Ländern mit rechtlichen und praktischen
Aspekten ihrer Tätigkeit befassen. Im Mittelpunkt der für zwei Tage anberaumten Veranstaltung stehen
vor allem Fragen der Gerichtsbarkeit und der Menschenrechte, die von den Teilnehmern in Plenarsitzungen und Arbeitsgruppen
diskutiert wurden.
Nationalratspräsident Andreas Khol wertete in seinen Eröffnungsworten die Teilnahme zahlreicher hochrangiger
Gäste, allen voran Bundespräsident Heinz Fischer, Bundesratspräsidentin Sissy Roth-Halvax und die
Zweite Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, als Zeichen des außergewöhnlichen Stellenwertes
der Einrichtung der Volksanwaltschaft. Er erinnerte an die Schaffung der Volksanwaltschaft in Österreich vor
knapp 30 Jahren und betonte, diese Einrichtung sei heute nicht mehr wegzudenken und habe sich als Hilfe für
die Bürgerinnen und Bürger gegenüber den Behörden bestens bewährt. Khol hob vor allem
die Missstandskontrolle, die Möglichkeit der Verordnungsanfechtung sowie die Anregungen an den Gesetzgeber
als wichtige Instrumente des Rechtsschutzes hervor und verwies zudem auf das in den meisten anderen Staaten mögliche
Tätigwerden der Ombudsmänner auch im Verhältnis zu den Gerichten. Hier klaffe in Österreich
noch eine Lücke, stellte Khol fest.
Peter Kostelka, Vizepräsident des IOI, blickte auf eine, wie er sagte, stürmische Entwicklung im Bereich
der Volksanwaltschaften zurück und bemerkte, nachdem Österreich 1977 weltweit als siebentes Land Volksanwaltschaften
geschaffen hatte, gebe es heute schon 131 derartige Institutionen. Gerade in den neuen Demokratien seien die Ombudsmänner
ein wesentliches Instrument des Rechtsschutzes. Sinn der Tätigkeit der Volksanwaltschaften als Anwälte
des Volkes ist es nach den Worten Kostelkas, die Verwaltung in einen Rechtfertigungszwang zu setzen, dabei aber
nicht die Entscheidungen aufzuheben, sondern vielmehr dafür zu sorgen, dass das Ungleichgewicht zwischen den
Bürgern und der Verwaltung zu einem Gleichgewicht werde. Von der Konferenz erwartete sich Kostelka eine internationale
Diskussion, die dann aber auf nationaler Ebene zu einem Ende gebracht werden müsse.
William Angrick, Präsident des IOI, bezeichnete in seinem Begrüßungsstatement die Internationale
Ombudsmanninstitution als Erfolg von eminenter Tragweite und sah die Konferenz dazu aufgerufen, in einem intensiven
Diskussionsprozess Möglichkeiten zu finden, um die Verwaltung gegenüber den Bürgern gerechter zu
machen und vor allem auch die Menschenrechte in dem Bereich der Ombudsleute stärker einzubinden.
Bundespräsident Heinz Fischer erklärte, er habe die Einladung, zu dieser Konferenz zu sprechen, sehr
gerne angenommen, denn einerseits sei es für Österreich und für Wien eine Ehre und Auszeichnung,
dass das IOI sich dazu entschlossen habe, seine Konferenz hier abzuhalten, wobei er hoffe, Wien werde sich als
guter Gastgeber erweisen. Andererseits interessiere ihn die Volksanwaltschaft und die Einrichtung des Ombudsmanns
als Verfassungsinstrument sehr, er habe Geschichte und Entwicklung dieser Institution aufmerksam mitverfolgt.
Fischer erinnerte an Josef Simon, der als Präsident der Österreichisch-Dänischen Gesellschaft in
den sechziger Jahren den dänischen Ombudsmann zu einem Vortrag nach Wien geholt habe. Dessen Auftritt habe
damals vielen imponiert, und es habe bald von allen politischen Lagern positive Signale dafür gegeben, auch
in Österreich eine solche Einrichtung zu schaffen. Bundeskanzler Bruno Kreisky habe denn auch bei seiner Regierungserklärung
1970 die Schaffung der Volksanwaltschaft als politisches Vorhaben formuliert, und nach den entsprechenden Vorarbeiten
konnte sie 1977 ihre Arbeit aufnehmen.
Österreich habe dabei freilich nicht das dänische Modell einfach kopiert, es habe ein eigenes geschaffen,
in dem drei Volksanwälte sich der Anliegen der Bürger annähmen, wobei eben auch der zweit- und drittstärksten
Partei im Nationalrat ein Vorschlagsrecht zukomme. Die Einrichtung der Volksanwaltschaft habe sich wirklich bewährt,
sie erfahre entsprechende Anerkennung. Es sei eindrucksvoll, wie sich die Idee des Ombudsmanns in Europa durchgesetzt
habe, führte Fischer weiter aus, sei doch die Ombudsmannfamilie mittlerweile sehr groß geworden, was
ihn als Demokraten, als langjährigen Parlamentarier und als Juristen sehr freue, diene dieses Institut doch
den Interessen der Bürger und sei daher in deren Sinne. Der Präsident wünschte den Konferenzteilnehmern
dementsprechend gute und erfolgreiche Beratungen.
Das weitere Programm
Im Anschluss an die Eröffnung hielt Gabriele Kucsko-Stadlmayer einen Vortrag über "Die Befugnisse
europäischer Ombudsleute – eine Bestandsaufnahme". Am Nachmittag diskutieren unter dem Vorsitz von Volksanwalt
Ewald Stadler die Teilnehmer über "Ombudsleute und Rechtsprechung", wobei einführende Statements
von Janusz Kochanowski aus Polen, Mats Melin aus Schweden und Irmgard Griss, Vizepräsidentin des OGH, kommen.
Im Anschluss wird das Thema in Arbeitsgruppen vertieft, Berichterstatter ist Nikiforos Diamandouros aus Griechenland.
Am 13. 06.werden sich die Konferenzteilnehmer unter dem Vorsitz von Rosemarie Bauer mit dem Thema "Implementierung
der Menschenrechte in Europa" befassen, der Menschenrechtskommissar des Europarates Thomas Hammarberg wird
vortragen, Jorgos Kaminis, Ann Abraham, Rafael Ribo und Allar Jöks werden sprechen.
Unter dem Vorsitz von Peter Kostelka findet schließlich am 13. 06. um 14 Uhr die Generalversammlung
des IOI – Europäische Region statt, eine Sitzung der IOI-Gremien beschließt die Konferenz. |