FMA personell am Limit, Obmann sieht Handlungsbedarf für Gesetzgeber
Wien (pk) - Der Finanzausschuss hielt in seiner Sitzung am 07.06. eine aktuelle Aussprache zum Thema
Finanzmarktaufsicht ab, bei der die FMA-Vorstände Kurt Pribil und Heinrich Traumüller über die Tätigkeit
ihrer Aufsichtsbehörde im Jahr 2005 berichteten und Fragen der Abgeordneten beantworteten. Dabei erfuhren
die Ausschussmitglieder, dass sich der österreichische Finanzmarkt im Vorjahr sehr lebhaft entwickelt hat.
Die Kreditinstitute haben in Zentral- und Osteuropa gute Gewinne gemacht und auch die Pensionskassen bilanzierten
überaus positiv. Auf ihrem Weg in den Osten will die FMA die Banken begleiten, sagten Pribil und Traumüller.
Bei der Erfüllung ihrer zunehmenden Aufgaben stoße die FMA aber an personelle Grenzen.
Wegen der großen Bedeutung des Themas und der zahlreichen Wortmeldungen von Abgeordneten schlug Ausschussobmann
Günther Stummvoll den Ausschussmitgliedern vor, die Aussprache über die Finanzmarktaufsicht an einem
anderen Tag im Ausschuss fortzusetzen, was die Sprecher der Fraktionen einhellig begrüßten. Der Finanzausschuss
werde künftig eng mit der Finanzmarktaufsicht zusammenarbeiten, kündigte Stummvoll an, der auch Handlungsbedarf
beim Gesetzgeber sah.
In seinem Einleitungsstatement sprach FMA-Vorstand Kurt Pribil von einer Erfolgsstory des österreichischen
Finanzmarkts im vergangenen Jahr. Die Kreditinstitute steigerten ihre Gewinne bei gleich bleibendem Kostenwachstum
um 15,7 %. Ein Großteil der Gewinne stammt aus den zentral- und osteuropäischen Märkten. Das Eigenkapital
stieg um 22 Mrd. € und liegt über dem gesetzlichen Mindestmaß.
Auch die Versicherungswirtschaft habe ein gutes Jahr 2005 erlebt, Impulse wurden im Bereich Lebensversicherungen
und bei der prämienbegünstigten Pensionsvorsorge wirksam. Sowohl betriebliche als auch überbetriebliche
Pensionskassen verzeichneten weitere Ergebnisverbesserungen. 2005 bildete das dritte positive Jahr seit der Krise
2000 bis 2002, die durchschnittliche Jahresprämie stieg gegenüber 2004 von 7,3 % auf 11,4 %.
Sehr positiv habe sich auch die Börse entwickelt. Der ATX stieg gegenüber dem Jahr 2004 um 51 %.
Die Schwerpunkte der Finanzmarktaufsicht lagen 2005 zunächst in ihrer Strategie, die Bankinstitute auf ihrem
Weg nach Osteuropa zu begleiten. In diesem Zusammenhang wurden Abkommen mit Schwesterbehörden in Bulgarien,
Kroatien und Rumänien abgeschlossen und Vorortprüfungen gemeinsam mit Schwesterbehörden und mit
der Österreichischen Nationalbank intensiviert.
Die Finanzmarktaufsicht war 2005 auch bemüht, ihre Effizienz zu erhöhen und hat Abläufe durchleuchtet,
Normen hinterfragt und Maßnahmen gesetzt, um Mitarbeiter für die Erfüllung neuer Aufgaben frei
zu spielen. Eine dieser neuen Aufgaben, nämlich die Prospektaufsicht, habe sich als sehr arbeitsaufwendig
erwiesen.
Beim Kampf gegen Insider-Geschäfte habe sich die enge Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft sehr bewährt,
berichtete Kurt Pribil.
FMA-Vorstand Heinrich Traumüller stellte klar, dass die FMA nicht das Ziel verfolge, Pleiten generell auszuschließen,
das Ausscheiden nicht wettbewerbsfähiger Unternehmen gehöre zu einer Marktwirtschaft. Dies soll aber
in geordneter Form ohne Erschütterung des Finanzmarktes geschehen können.
Traumüller erläuterte das sechsstufige System der Finanzmarktaufsicht mit Innenrevision, Aufsichtsrat,
Wirtschaftsprüfern, Bankprüfern, Staatskommissären und der Finanzmarktaufsicht. Einen Ansatz zur
Verbesserung des Systems sah Traumüller in der Stärkung der internen Revision, die frei und unabhängig
arbeiten, kritisch prüfen und dem Aufsichtsrat und nicht nur dem Aufsichtsratsvorsitzenden berichten solle.
Weiters plädierte Traumüller für eine Aufstockung der Vor-Ort-Prüfungen und der Follow-Up-Prüfungen
zur Kontrolle von Auflagen. Verbesserungen bei der Qualität der Risikoprüfungen erwartete Traumüller
von Basel II. Außerdem plädierte er dafür, die Bemühungen um eine weitere Professionalisierung
der Aufsichtsräte fortzusetzen.
Staatskommissäre üben eine Systemaufsicht aus, keine Geschäftsaufsicht, stellte Traumüller
klar.
Die Finanzmarktaufsicht sei mit ihren personellen Kapazitäten am Limit, hielt der FMA-Vorstand fest und machte
die Abgeordneten auf die große Verantwortung der Finanzmarktaufsicht und auf das Risiko der Amtshaftung für
den Steuerzahler aufmerksam.
Abgeordneter Christoph Matznetter (S) sah die 2002 geschaffene Finanzmarktaufsicht als eine sehr junge Institution,
die noch am Anfang ihrer Entwicklung stehe. Der Abgeordnete nannte die Fälle BHI, Riegerbank, Trigonbank,
Bank Burgenland, BAWAG, Tiroler Sparkasse und ging dann im einzelnen auf die Vorkommnisse in der Hypo-Alpen-Adria-Bank
ein, wo er eine Verlustverteilung über mehrere Jahre ortete, die Bestellung des Bankprüfers problematisierte
und die FMA-Vorstände zu einer Stellungnahme gegenüber den Angriffen des Kärntner Landeshauptmanns
aufforderte.
Er freue sich über die positiven Ergebnisse der Pensionskassen, sagte Matznetter, kritisierte aber, dass unmittelbar
nach der wegen der Notlage der Kassen erfolgten Aufhebung der Mindestgarantie im Jahr 2003 Gewinne an die Eigentümer
ausgeschüttet wurden.
Große Bedeutung maß Matznetter einer verstärkten Aufsicht in Osteuropa zu, weil es dort zu verhindern
gelte, "was in der anderen Himmelsrichtung zu Problemen geführt hat".
In der Struktur der Finanzmarktaufsicht hielt es Matznetter für problematisch, dass junge, bescheiden bezahlte
Mitarbeiter ihre Karrierechancen nicht in der Finanzmarktaufsicht, sondern oft in den von ihnen geprüften
Instituten finden.
Bei den Wirtschaftsprüfern hielt Matznetter die externe Rotation für wichtig, um Monopole aufzubrechen.
Außerdem sprach sich Matznetter für verbesserte Informationen an die Wirtschaftsprüfer und für
Rückmeldungen von Seiten der Finanzmarktaufsicht aus.
Abgeordneter Jakob Auer (V) hielt es für wünschenswert, Betrugsfälle auszuschließen, stellte
realistischerweise aber fest, dass dies auch dann nicht gelingen könne, wenn man die Zahl der FMA-Mitarbeiter
verdreifachte. Wenn interne Revision, Eigentümervertreter und Vorstandsvorsitzender zusammenarbeiten, sei
die Finanzmarktaufsicht chancenlos. Freie Berichte der internen Revision an den gesamten Aufsichtsrat sollten obligatorisch
werden, sagte Auer und erkundigte sich in Detailfragen nach der Kooperation mit osteuropäischen Schwesterbehörden.
Werner Kogler (G) interessierte sich für den zusätzlichen Personalbedarf bei der Finanzmarktaufsicht
und hielt es für notwendig, über die Bestellung von Staatskommissären zu diskutieren. Denn wenn
diese nicht stärker auftreten, stelle sich die Frage, ob man sie überhaupt brauche. "Ich habe nicht
den Eindruck, dass hier ein Kompetenzteam unterwegs ist", sagte Werner Kogler.
Auf die aufgeworfenen Fragen eingehend, charakterisierte Heinrich Traumüller sowohl die Zusammenarbeit mit
der Österreichischen Nationalbank als auch mit Schwesterbehörden in Osteuropa als sehr gut. Die Qualität
der Finanzmarktaufsicht in Osteuropa habe gute Fortschritte gemacht, stellen österreichische Finanzmarktprüfer
bei gemeinsam durchgeführten Prüfungen fest.
Hinsichtlich des Personalbedarfs führte Heinrich Traumüller vergleichsweise aus, dass belgische Banken
im Durchschnitt alle zwei Jahre, niederländische Banken alle drei Jahre, österreichische Banken aber
nur alle zehn Jahre mit einer Prüfung durch die Finanzmarktaufsicht rechnen müssen.
Kurt Pribil erläuterte den Abgeordneten die Abstimmung der Prüfungstätigkeit mit der Nationalbank,
um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden.
Das Ermittlungsverfahren bei der Hypo-Alpen-Adria werde in sachlicher Form fortgesetzt, sagte Kurt Pribil.
Kurt Pribil verteidigte das System der Staatskommissäre als effizient; ihre Aufgabe bestehe darin, die Einhaltung
des Bankwesengesetzes zu kontrollieren.
Ausschussvorsitzender Günther Stummvoll (V) schlug den Ausschussmitgliedern schließlich vor, die Aussprache
über die Finanzmarktaufsicht wegen der großen Bedeutung des Themas zu einem anderen Zeitpunkt fortzusetzen.
Der Finanzausschuss werde künftig eng mit der Finanzmarktaufsicht zusammenarbeiten, kündigte Stummvoll
an und fügte hinzu, dass er beim Thema Finanzmarktaufsicht auch Handlungsbedarf für den Gesetzgeber sehe. |