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Debatte um Zukunft des ORF |
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erstellt am
07. 06. 06
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Lindner: Plädoyer für starken ORF und Geschlossenheit
Wien (orf) - Ein klares Bekenntnis zu einem starken und unabhängigen öffentlich-rechtlichen
ORF legte ORF-Generaldirektorin Dr. Monika Lindner beim alljährlichen Treffen mit dem erweiterten Führungskreis
des ORF am 06.06. im ORF-Zentrum ab. Zugleich appellierte die Generaldirektorin bei dieser Veranstaltung, zu der
sie bereits Mitte Mai eingeladen hatte, an die Einheit und Solidarität aller Mitarbeiter/innen. Die Generaldirektorin
lud alle Mitarbeiter/innen auch in der sehr offen geführten Diskussion im Anschluss an ihr Statement ein,
sich am internen Nachdenkprozess über Anliegen und Zukunft des ORF zu beteiligen.
Privatisierungs-Begehrlichkeiten, wie sie dieser Tage geäußert wurden, erteilte Dr. Lindner eine deutliche
Absage. Das Ziel ihrer Geschäftsführung sei es, den ORF mit breitem Programmangebot, hohem Marktanteil
und gesicherter Finanzlage zu erhalten.
Lindner dankte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre Leistungen, dank derer der ORF ein programmlich
erfolgreiches und wirtschaftlich gesundes Unternehmen ist: Der ORF hat in den vergangenen Jahren im kaufmännischen
Bereich durchwegs positive Jahresabschlüsse erreicht, trotz wachsender Konkurrenz ist der Marktanteil des
ORF-Fernsehens national und in Kabel- und Satellitenhaushalten nach wie vor auf hohem Niveau. Den derzeitigen KaSat-Marktanteil
2006 des ORF von 44,4 Prozent, so die Generaldirektorin, erreiche beispielsweise das öffentlich-rechtliche
Fernsehen in Deutschland nur dann, wenn man die Marktanteile von ZDF, ARD und dritten Programmen summiere. Sehr
erfolgreich seien auch die ebenfalls in voller Konkurrenz stehenden ORF-Radios mit einem Jahresmarktanteil von
80 Prozent und das Online-Angebot des ORF. "Diese Erfolge", so Generaldirektorin Dr. Lindner, "sind
das Verdienst der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ORF."
"Allen Versuchen entgegentreten, ORF-Mitarbeiter/innen zu instrumentalisieren"
Kritik von außen und innen sei ernst zu nehmen, erklärte die Generaldirektorin beim Treffen mit den
Führungskräften. Man dürfe aber nicht zulassen, dass darunter Einheit und Solidarität leiden
- das gemeinsame Ziel müsse über individuelle Anliegen gestellt werden. "Gemeinsam müssen wir
Versuchen entgegentreten, die Mitarbeiter/innen zu instrumentalisieren, gegeneinander auszuspielen und die jeweils
schweigende Mehrheit für sich in Anspruch zu nehmen." Die Generaldirektorin sprach sich für einen
internen Nachdenkprozess aus, an dem sich alle Mitarbeiter/innen - Programmschaffende, Kaufleute und Techniker
- beteiligen sollten.
Qualitätssicherung: Anliegen und Auftrag
Zum Thema Sicherung der Qualität sagte Lindner, dass dies Anliegen des ORF und zugleich gesetzlicher Auftrag
sei. Die Bewertung erfolge allerdings aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Die einen wünschten sich mehr Informations-
und Bildungsprogramme, die anderen mehr Unterhaltung. Dr. Lindner: "Wenn alle Welt über unseren Mut staunt,
Oper live im Hauptabend zu übertragen oder auch Unterhaltungssendungen wie 'Dancing Stars' Tagesgespräch
sind, wenn die 'ZiB'-Sendungen entgegen allen Behauptungen stabile Reichweiten auf hohem Niveau haben, kann ich
wirklich keinen Grund sehen, eine SOS-Rettungssituation des ORF auf Grund mangelnden Publikumsinteresses heraufzubeschwören."
ORF im Spannungsfeld
Der ORF stehe in einem Spannungsfeld politischer und zunehmend auch wirtschaftlicher Interessen, diagnostizierte
Lindner. Dass der ORF ein Dauerthema sei, beweise, wie wichtig er für Österreich sei. Durch Diskussion
um den ORF "dürfen wir uns nicht verleiten lassen, unsere Geschlossenheit zu verlieren und damit politischen
Interessen die Bälle zuzuspielen".
Für einen starken Österreichischen Rundfunk
Die Generaldirektorin sprach sich für einen starken Österreichischen Rundfunk aus und erteilte
allen Privatisierungs-Begehrlichkeiten eine klare Absage: "Ich kann mich keinesfalls einer Amputationsideologie
anschließen, die da meint, den ORF durch Abtrennung von Gliedmaßen, sprich Kanälen, kurieren zu
müssen." Wenn man ORF 1 privatisiere und ORF 2 nach dem Vorbild von Ö1 gestalte, bliebe ein Informations-Kultur-Hochglanzformat
ORF 2 übrig. Aber ein noch so gut gestaltetes Hochglanzformat lasse sich nicht finanzieren, da das Programmentgelt
nicht ausreichen würde und auf Grund der erzielbaren Reichweite keine ausreichenden Werbeeinnahmen zu verdienen
wären - ganz abgesehen davon, dass damit der Programmauftrag, der ein Vollprogramm für alle fordert,
nicht mehr erfüllt werden könnte. "Eine so weitgehende Einschränkung der Finanzierungsgrundlagen",
so Generaldirektorin Dr. Monika Lindner, "würde eine Einschränkung der Gesamtleistung des ORF mit
sich bringen. Dazu gehören die Landesstudios, das Radio-Symphonieorchester Wien, die Angebotsvielfalt von
Ö1, große Eigen- und Koproduktionen und letztlich auch große Sportübertragungen." Die
Mitarbeiter/innen sollten in der aktuellen Diskussion solidarisch für einen starken und unabhängigen
ORF eintreten. |
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Cap: Nur geheime Wahl schützt Unabhängigkeit der ORF-Stiftungsräte
"ÖVP demonstriert ihre Version von Parteiunabhängigkeit im ORF"
Wien (sk) - "Die ÖVP demonstriert dieser Tage eindrücklich, was sie unter einem parteiunabhängigen
ORF versteht", kritisierte der gf. SPÖ-Klubobmann Josef Cap die Festlegung von ÖVP-Klubobmann Molterer
gegen eine geheime Wahl der ORF-Führung im Stiftungsrat. Für Cap ist eine geheime Abstimmung allein schon
"zum Schutz der Unabhängigkeit der Stiftungsräte" notwendig, wie er Dienstag gegenüber
dem SPÖ-Pressedienst bestätigte. Offensichtlich wolle die ÖVP das Abstimmungsverhalten jedes einzelnen
ihr zugerechneten Stiftungsrats kontrollieren - konkret jenes des vom Land Tirol entsandten Andreas Braun, der
die Wiederwahl von ORF-Generalin Lindner nicht "wie die anderen ÖVP-Stiftungsräte automatisch abnickt".
"Die Nervosität der ÖVP muss schon sehr groß sein", betonte Cap weiters. Als Indizien
nannte er den Druck, den der ORF-Zentralbetriebsratschef auf einen kritischen Stiftungsrat ausübe - "unvorstellbar
in einem normalen Unternehmen". Weiteres Indiz: Sogar der Leiter des ÖVP-"Freundeskreises"
im Stiftungsrat, Kurt Bergmann, spreche sich für eine geheime Wahl aus. Wie der gf. SPÖ-Klubobmann abschließend
betonte, gehe es "um einen unabhängigen, pluralistischen österreichischen Rundfunk, der seinem Programmauftrag
gerecht wird. So einen ORF kann es nicht geben, wenn die ÖVP bis in die ORF-Kantine alles unter 100-prozentiger
Kontrolle haben will." |
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Scheuch fordert Ende des parteipolitischen Hick-Hacks
Wien (bzö) - "Es wäre jetzt wirklich hoch an der Zeit, dass dieses lächerliche
parteipolitische Hick-Hack um den ORF ein Ende findet", forderte der BZÖ-Mediensprecher Abg. DI Uwe Scheuch.
"Die Parteien sollen den ORF endlich in Ruhe lassen. Hier wird täglich darum gerungen, wer in das "ersehnte
Machtzentrum" einziehen soll, anstatt die größte und wichtigste Informationsanstalt Österreichs
ihre Arbeit machen zu lassen", so Scheuch weiter.
An Stelle einer Entpolitisierung komme es immer mehr zu einer Verpolitisierung des öffentlich-rechtlichen
Senders. "Durch diese Diskussion entsteht nicht nur ein großer wirtschaftlicher Schaden, sondern auch
das Image des ORF wird nachhaltig beschädigt", warnte der BZÖ-Mediensprecher abschließend. |
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Van der Bellen: ÖVP hat Kontrollwahn und will Stiftungsrat disziplinieren
Hat ÖVP Sorge, dass Lindner und Mück öffentlichem Hearing nicht gewachsen
sind?
Wien (grüne) - "Die Ablehnung einer geheimen Wahl der ORF-Generaldirektion durch
den ORF-Stiftungsrat ist ein Beleg für den Kontrollwahn der ÖVP", kritisiert der Bundessprecher
der Grünen, Alexander Van der Bellen, die ablehnenden Aussagen von ÖVP-Klubobmann Wilhelm Molterer zu
Vorschlägen der Grünen für eine ORF-Gesetzesänderung. "Die ÖVP will offensichtlich
die theoretisch frei entscheidenden ORF-Stiftungsräte disziplinieren und die Kontrolle darüber haben,
ob sich die der ÖVP nahe stehenden Stiftungsräte auch an die Parteilinie gehalten und auch so abgestimmt
haben oder nicht. Offenbar sucht die ÖVP keine unabhängigen ManagerInnen und JournalistInnen für
ORF-Führungsfunktionen, sondern Personen, die dem Job-Profil eines ÖVP-Wahlkampfleiters für den
anstehenden Nationalratswahlkampf gerecht werden. ORF-Generaldirektorin Monika Lindner und vor allem ORF-Chefredakteur
Werner Mück scheinen diesem Anforderungsprofil aus ÖVP-Sicht zu entsprechen. Entlarvend ist die Ablehnung
Molterers umso mehr, als selbst ORF-Stiftungsrat Kurt Bergmann, nach eigenen Angaben Leiter des ÖVP-´Freundeskreises´,
den politischen Druck auf den ORF-Stiftungsrat bestätigt und sich wie die Grünen im Sinne eines parteiunabhängigen
ORF für eine geheime Wahl ausspricht", so Van der Bellen.
Bezeichnend sei laut Van der Bellen zudem, dass Molterer kein Wort über das von den Grünen geforderte
öffentliche Hearing im Zuge der ORF-Generaldirektions-Wahl verloren habe. "Die Position der ÖVP
ist nur dann nachvollziehbar, wenn ihr Kriterium für eine Führungsfunktion im ORF ausschließlich
die Nähe zur ÖVP ist. Hat die ÖVP Sorge, dass Lindner und Mück einem öffentlichen Hearing
nicht gewachsen sind? Denn wenn ein innovatives Zukunftskonzept für den ORF entscheidend ist, dann spräche
wohl nichts gegen ein öffentliches Hearing", schließt Van der Bellen. |
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Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion
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