Bartenstein: Chancen der Globalisierung überwiegen  

erstellt am
07. 06. 06

Rede vor der Internationalen Arbeitskonferenz und Informelles Ministertreffen der EU-Troika mit Westbalkanstaaten
Genf (bmwa) - "Im Zuge der Globalisierung werden sich die Spiralen des technologischen Fortschritts und des Wettbewerbsdrucks noch schneller drehen und große Anforderungen an die Anpassungsfähigkeit von Sozialsystemen, Arbeitsmärkten und vor allem Arbeitnehmer stellen werden", sagte Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein am 06.06. als Einleitung zu seiner Rede vor der 95. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz in Genf. Es sei dabei besonders wichtig, bei Globalisierung nicht nur die Risiken sondern vor allem die Chancen zu sehen, denn die Chancen überwiegen. So sei zwar die Zahl der Arbeitslosen weltweit von 1995 bis 2005 von 157,3 auf 191,8 Millionen gestiegen. Im gleichen Zeitraum sei aber die Beschäftigung um 404 Millionen auf 2,850 Milliarden angestiegen.

Österreich habe daher das 'Flexicurity' Konzept als politische Strategie zu einem Schwerpunkt seiner EU-Präsidentschaft gemacht, um eine Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung, des technischen Wandels und der demographischen Entwicklung zu geben.Eine adäquate soziale Absicherung und eine aktive Arbeitsmarktpolitik sollte den Arbeitskräften mehr Flexibilität ermöglichen. Es gehe dabei um eine ausgewogene Kombination von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, lebenslangem Lernen, geeigneten arbeitsvertraglichen Regelungen und modernen Systemen der sozialen Sicherheit. Dieser Mix solle den Unternehmen Flexibilität in einem geregelten Umfeld erlauben und die Bereitschaft der Arbeitskräfte zur geographischen und beruflichen Mobilität erhöhen.

Auch die IAO, die Internationale Arbeitsorganisation sollte ihren Normenbestand etwa i Bereich Arbeitzeit oder auch Kündigungsschutz im Sinne von Flexicurity überprüfen, aber auch neue Regelungen etwa für die Portabilität von Ansprüchen entwickeln, so Bartenstein. Erst letzte Woche habe der österreichische EU-Vorsitz in diesem Zusammenhang dem Rat der EU einen Fortschrittsbericht über die Verhandlung einer EU-Richtlinie zur Portabilität von Zusatzrentenansprüchen vorgelegt.

Sozialer Dialog braucht starke Sozialpartner
Die im IAO-Bericht festgestellte Schwächung der Sozialpartnerschaft und der Mitgliederschwund der Gewerkschaften sei besorgniserregend. Wir brauchen eine Stärkung der Sozialpartnerschaft, so Bartenstein. Das sei nur durch einen ausführlich geführten sozialen Dialog zu erreichen. Dazu seien auf allen Ebenen Vertreter repräsentativer Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen erforderlich. Daher müssten sich einerseits die Regierungen öffentlich zum sozialen Dialog bekennen und einen Beitrag zur Stützung der Pfeiler der Sozialpartnerschaft leisten, andererseits die Gewerkschaften mit Strukturreformen auf die neuen Herausforderungen der Globalisierung eingehen und so ihren Mitgliederschwund bekämpfen. Hier sei auch die unterstützende Kraft der IAO gefordert. Die bahnbrechende Entscheidung für eine Dienstleistungsrichtlinie wäre ohne Europäische Sozialpartner nicht möglich gewesen, so Bartenstein. Die österreichische Präsidentschaft habe die Einbindung der Sozialpartner erfolgreich propagiert.

Plädoyer für menschenwürdige Arbeit in einer intakten Umwelt
Besonderes Augenmerk sei auf die Entwicklung der Arbeitsmärkte im Kontext der Entwicklung der Wirtschaftsektoren, des Energiebedarfs und der Umweltgefährdung zu richten, betonte Bartenstein weiters. Österreich sei stets ein Verfechter des umweltverträglichen Wachstums gewesen und trete dafür ein, soziale, wirtschaftliche und ökologische Ziele gemeinsam zu verfolgen.

Es freue ihn, so Bartenstein weiter, über die Erfolgsmeldung des Globalberichts über den bemerkenswerten Rückgang der Kinderarbeit. und gratuliere dazu allen betroffenen Ländern, dem Internationalen Arbeitsamt und seinem IPEC-Programm

Schließlich verlieh Bartenstein seiner Hoffnung Ausdruck, dass die diesjährigen Verhandlungen zum Förderungsrahmen Arbeitsschutz zur Annahme eines weltweit ratifizierbaren Übereinkommens führen, denn das wäre ein großer Erfolg für die Lebensqualität aller Arbeitnehmer in der Welt.

Die jährlich stattfindende Internationale Arbeitskonferenz (IAK) ist die größte und längste (2,5 Wochen) Konferenz der UN-Sonderorganisationen in Genf. Es wird erwartet, dass 3.800-4.400 Delegierte (Regierungen, Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter) und 1.000-1500 Beobachter und 100-128 Minister teilnehmen werden.

Am Rande der Konferenz kommen heute am Nachmittag die Arbeitsminister der Westbalkanstaaten (Kroatien, ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Albanien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro) mit den Arbeitsministern der EU-"Troika" (Österreich - Finnland - Deutschland) sowie mit Kommissar Vladimir Spidla und Vertretern internationaler Sozialpartnerverbände zu einem informellen Treffen zusammen. Minister Bartenstein hat in seiner Funktion als Vertreter der EU-Präsidentschaft im Arbeits- und Beschäftigungsbereich zu diesem Treffen geladen, da sowohl Flexicurity als auch die Stärkung der Beziehungen zwischen der EU und den Staaten der westlichen Balkanregion prioritäre Anliegen der österreichischen EU-Präsidentschaft sind. Diskussionsgrundlage ist ein 15-seitiges Hintergrundpapier des Internationalen Arbeitsamts mit einer Analyse der Arbeitsmärkte der Westbalkanstaaten.
     
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