LH Haider fordert Paket für "historischen Schlussstrich"
Land Kärnten lehnt BKA-Ortstafelverordnung ab - Bevölkerung muss einbezogen werden
Wien/Klagenfurt (lpd) - Der Verfassungsentwurf des Bundeskanzleramtes (BKA) zur Ortstafel-Topografieverordnung
wird vom Land Kärnten abgelehnt. Das betonte Landeshaupt- mann Jörg Haider am 02.06., der bei einer Pressekonferenz
in Wien über eine entsprechende Stellungnahme des Landes informierte. Diese sei vom Landesverfassungsdienst
erstellt worden und habe auch Stellungnahmen der Bürgermeister betroffener Gemeinden berücksichtigt.
Die Stellungnahme werde von ihm als Verfassungsreferent an das Bundeskanzleramt unbeeinflusst weitergeleitet. Er
selbst habe "keine einzige Bemerkung" einfließen lassen.
Haider fordert ein Paket, das einen historischen Schlussstrich unter die schier endlose Debatte zieht. So müsse
es eine verfassungsrechtliche Absicherung des Minderheitenprozentsatzes geben, der die Grundlage für topografische
Aufschriften bilde. Auch dürfe eine zweisprachige Ortsbezeichnung nicht zu zweisprachiger Beschriftung von
Amtshäusern, Schulen, Wegweisern, Landkarten usw. verpflichten.
Eine endgültige Klärung forderte Haider auch im Zusammenhang mit der Diskriminierung einsprachiger Lehrer
im zweisprachigen Gebiet. Auch dürfe keine Verpflichtung entstehen, Dienstposten zweisprachig auszuschreiben.
Weiters forderte er die Gleichbehandlung von Kulturträgern bei Förderungen.
"Es ist noch ein weiter Weg zu einer tauglichen, rechtlich unmissverständlichen und soliden Lösung",
sagte Haider. Der vorliegende Entwurf des Bundeskanzleramtes habe jedenfalls nur "ein kleines Grüppchen"
als Anhängerschaft. Die überwiegende Mehrheit der Kärntnerinnen und Kärntner halte nichts davon.
Das würden auch Stellungnahmen von Bürgermeistern und Gemeindemandataren in den betroffenen Gemeinden
unterstreichen.
Haider kritisierte am BKA-Entwurf, dass er Gemeinden mit einem Minderheitenanteil von weniger als zehn Prozent
enthalte und damit über das VfGH-Erkenntnis hinausgehe. Zudem seien Ortschaften mit unter 15-Prozent-Minderheitenanteil
einbezogen. Über hundert Ortschaften seien aufgelistet, obwohl es dort kein verbautes Gebiet gebe. In einigen
Ortschaften wie Draugegend gebe es überhaupt keine Bewohner. 16 Ortschaften hätten weniger als 31 Einwohner,
eine Auswertung sei dort aus Datenschutzgründen eigentlich nicht erlaubt. Der Entwurf sei also weder eine
Erfüllung des so genannten "Karner-Papieres" noch des VfGH-Erkenntnis.
Haider fordert nun, dass ein Minderheitenprozentsatz politisch festgelegt wird. Auch soll im Volksgruppengesetz
von 1976 wieder eine Prozentsatzregelung enthalten sein, diese wurde bekanntlich vom VfGH aufgehoben. Beim Prozentsatz
gebe es eine völkerrechtliche Flexibilität. Am BKA-Entwurf kritisierte Haider, dass kein Prozentsatz
als relevante Orientierung angegeben sei. In jeder Gemeinde seien andere Kriterien angewandt worden. Auch sei zu
kritisieren, dass die Gemeinden nicht in die Begutachtung einbezogen wurden, dies auch in Bezug auf die historischen
Ortsnamen. Haider betonte wiederholt, dass es ohne Bevölkerung keine Lösung geben werde. Man werde geeignete
Wege finden, um die Bevölkerung vor der Beschlussfassung zu befragen.
Zu den Prozentsätzen brachte Haider einige internationale Vergleiche. So gebe es in Finnland zweisprachige
Ortstafeln bei acht Prozent Minderheitenanteil, ab 3000 Personen in der Gemeinde. Dort gebe es auch eine Feststellung
der Muttersprache. In der Schweiz seien es sogar 33 Prozent, in der Slowakei und in Rumänien 20 Prozent. In
Südtirol und Friaul liege der Prozentsatz bei 15. Dort bedarf es zusätzlich der Zustimmung von 15 Prozent
der wahlberechtigten Bevölkerung in der betroffenen Gemeinde. |
Darabos: Haider geht es nach wie vor nur um Eskalation
Breitester Konsens gegeben - Ortstafel-Frage muss endlich gelöst werden
Wien (sk) - SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos übte am 02.06. heftige
Kritik am Kärntner Landeshauptmann Haider. Diesem gehe es nach wie vor nur um Eskalation, für die er
sogar die Demokratie außer Kraft zu setzen versuche. Als "Unverfrorenheit" wertet Darabos, dass
Haider nun vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH) ziehen will, obwohl er selbst die demokratische Ordnung mit Füßen
trete und den VfGH nach Strich und Faden verhöhne.
Die SPÖ stehe hinter dem breiten Konsens zur Ortstafelfrage auf Basis des Karner-Papiers, bekräftigte
Darabos. Der Stufenplan zur Aufstellung von 158 zweisprachigen Ortstafeln sei mit Ausnahme Haiders und des Kärntner
Abwehrkämpferbundes längst unumstritten. Es sei notwendig, die Ortstafel-Frage endlich unaufgeregt und
im Konsens zu lösen - im Interesse der österreichischen Volksgruppen, der Bevölkerung insgesamt
und des Rechtsstaates, so Darabos abschließend. |