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Steigerung der Energieeffizienz |
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erstellt am
19. 06. 06
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Tagung der Vorsitzenden europäischer Umweltausschüsse im Parlament
Wien (pk) - Das Thema Energieeffizienz stand am 16.06. im Mittelpunkt einer Konferenz der Vorsitzenden
der Umweltausschüsse des Europäischen Parlaments, der EU-Mitgliedstaaten und der EU-Beitrittskandidaten.
Auf dem Präsidium der EU-Veranstaltung wechselten der Stellvertretende Vorsitzende des Umweltausschusses des
Nationalrates, Kai Jan Krainer, und der Vorsitzende des Umweltausschusses des Bundesrates, Karl Boden, einander
ab.
Landesrat Rudolf Anschober: Oberösterreichs Weg zur Energiewende
Eingeleitet wurde die Konferenz vom oberösterreichischen Energie- und Umweltlandesrat Rudolf Anschober, der
die Erhöhung der Energieeffizienz als Schlüsselthema in allen Strategien für die Energiewende, also
die Substitution fossiler Energieträger durch erneuerbare Energieträger bezeichnete. Energieeffizienz
sei auch das Kernthema im Kampf gegen die Klimaveränderungen, die den Inuits den Lebensraum wegschmelzen lassen
und das Leben vieler Menschen in Afrika bedrohen. In Europa erkenne man seit der Diskussion um die Gaslieferungen
aus der Ukraine zu Beginn des Jahres, wie abhängig man von Energieimporten sei. Großbritannien etwa
habe darauf mit der Zielsetzung reagiert, den Energieverbrauch im Gewerbe um 15 % zu senken und die Firma BP investiere
6 Mrd. US-Dollar in die Energiewende.
Das Bundesland Oberösterreich sei auf dem Weg aus dem Öl und hin zu erneuerbaren Energieträgern
gut unterwegs und habe 2004 bereits 41,4 % seiner Wärmeenergie mit Öko- und Fernwärme produziert.
Ökostrom habe in Oberösterreich einen Anteil von 6 % an der Stromproduktion und 13 %, wenn man Kleinwasserkraftwerke
einbezieht. 70 % der Stromproduktion in Oberösterreich stamme aus der Wasserkraft. Beim Energieverbrauch konnte
2004 erstmals eine spürbare Absenkung des Energieverbrauchs erreicht werden. Die Energiewende ist für
Oberösterreich erreichbar.
In seinen weiteren Ausführungen erläuterte Landesrat Anschober das umfassende Energieeffizienz-Programm,
das Oberösterreich beschlossen hat, um jährlich 1 % Energie einzusparen, wobei der öffentliche Sektor
mit einer Einsparungsquote von 1,5 % als Vorbild vorangehen soll. Dem dienen Informationskampagnen, Energiestandards
für Gebäude, Unterstützungen und die Förderung von neuen Energie-Dienstleistungsunternehmen.
Im Industrieland Oberösterreich sei es außerdem sehr wichtig, das enorme Potential an industrieller
Abwärme zu nutzen.
Besondere Bedeutung misst Landesrat Anschober dem Energiesparprogramm für die Gemeinden zu. Es zielt auf deren
Energieautarkie und zugleich auf viele neue Arbeitsplätze. An Hand eines Pilotprojekts erläuterte Anschober
die Möglichkeiten beim Einsatz der Passivhaustechnik im öffentlichen Bereich und rechnete vor, dass die
thermische Sanierung eines Schulgebäudes aus den sechziger Jahren die jährlichen Energiekosten um bis
zu 95 % senken lasse. Die diesbezügliche Investition amortisiere sich in vier bis fünf Jahren. Angesichts
von 200.000 solcher Gebäude in Oberösterreich sieht Anschober ein riesiges Potential für die Verbesserung
der Energieeffizienz im Bereich Raumwärme.
Landesrat Anschober ging auf Detailfragen der Konferenzteilnehmer zum System steuerlicher Investitionsförderungen
ein und unterstrich die Bedeutung der Entwicklung energieeffizienter Technologien und des Know-how in der Wirtschaft
sowie der Förderung des Marketings von Unternehmen, die Umwelttechnologien international anbieten. Die Wachstumsrate
der 150 Unternehmen umfassenden Branche liege derzeit zwischen 20 und 30 %. Weiters informierte Rudolf Anschober
über die Umrüstungsförderung beim Umstieg von fossilen Heizungssystemen auf Heizungen mit erneuerbaren
Energieträgern und betonte, dass die Anstrengungen zur Erhöhung der Energieeffizienz nicht nur der Umwelt,
sondern auch der Versorgungssicherheit, der Preisstabilität und der Wettbewerbsfähigkeit dienen. Beim
Einsatz der Biomasse für Heizzwecke nütze Oberösterreich erst 50 % des jährlichen Nachwuchses.
Bedenken hinsichtlich der Emissionen von Holzheizungen zerstreute der oberösterreichische Landesrat mit dem
Hinweis auf die neuen technischen Standards.
Abgeordneter Erwin Hornek (Österreich) berichtete über die erfolgreiche Umsetzung eines Energiekonzepts
seiner Waldviertler Heimatgemeinde, der es durch Informationsveranstaltungen schon vor 15 Jahren gelang, die Bevölkerung
für Investitionen in Solaranlagen und Biomasseheizungen zu gewinnen - nun bleibe Geld in der Region, das früher
für Öl und Strom ausgegeben werden musste.
Umweltminister Josef Pröll informierte die Konferenzteilnehmer über das Projekt der Biogaseinleitung
in Erdgasleitungen sowie über 50.000 mit Gas betriebene Automobile bis 2010 in Österreich.
Landesrat Anschober machte darauf aufmerksam, dass Biogas auch in der Kunststofferzeugung fossile Rohstoffe ersetzen
könne, und plädierte für ein Biogas-Einspeisgesetz.
Die Frage einer Vertreterin Finnlands nach der Gefahr eines Pelletsmangels in Österreich sah Landesrat Anschober
nicht. Der Markt entwickle sich sehr rasch, die Versorgungs- und Preisstabilität sei aber gegeben. In Oberösterreich
habe der Pellets-Preis in den letzten sieben Jahren lediglich um 3 % zugenommen.
Minister Pröll: Mehr Europa in der Umweltpolitik
Umweltminister Josef Pröll ortete beim Thema Energieeffizienz Aufbruchstimmung in den österreichischen
Regionen und in Wien. Dies sei wichtig, um die Klimaschutzziele zu erreichen, sagte Pröll. Auch für ihn
stelle die Energiebewirtschaftung eine zentrale Frage von ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Dimension
dar. Es müsse gelingen, bei gleich bleibendem Komfort und gleich bleibenden Dienstleistungen mit weniger Energieeinsatz
auszukommen, denn für den Zeitraum bis 2030 werde ein Energieverbrauchszuwachs von 20 % und ein Stromverbrauchszuwachs
von 45 % prognostiziert. In den neunziger Jahren sei es gelungen, die Energieeffizienz um 1,4 % zu steigern, derzeit
liege die Effizienzquote bei 0,5 % jährlich. Dies veranlasste den Umweltminister zum Appell an alle Verantwortlichen,
ihre Anstrengungen zu erhöhen.
Als ein besonderes Problem nannte Pröll den Verkehrssektor, der nicht nur wegen des hohen Energieverbrauchs,
sondern auch wegen der Luftschadstoffe und der Lärmemissionen ein spezielles Umweltproblem darstelle. Daher
wird der Biodiesel- und Ethanolanteil an den Kraftstoffen bis 2008 auf 5,75 % gesteigert und auch für die
Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene seien die Weichen gestellt. In den Dörfern sollen
Biomassekraftwerke nicht nur die Energieeffizienz erhöhen, sondern auch das Emissionsproblem lösen. Der
Wärmedämmung werde im Neubau und bei der Sanierung von Althäusern großes Augenmerk geschenkt.
Dabei unterstrich der Umweltminister, wie wichtig es sei, Professionisten zu fördern, die ihre Kunden auf
praktikable Energiealternativen aufmerksam machen können.
In der Diskussion wies Umweltminister Pröll darauf hin, dass ökologische Vorgaben in der Umweltpolitik
die Innovation in der Wirtschaft fördern und Arbeitsplätze schaffen. Abgeordneter Brigid Weinzinger (Österreich)
gab der Minister darin recht, dass auf EU-Ebene mehr Geld in die Förderung erneuerbarer Energieträger
statt in die Atomkraft investiert werden sollte.
Pentti Tiusanen (Finnland) brachte, wie auch der Vertreter Großbritanniens, Patrick Hall, Probleme mit den
Emissionen des Flugverkehrs zur Sprache und wies darauf hin, dass die Biodieselproduktion in Schwellenländern
zu Problemen mit der Biodiversität führe. Umweltminister Josef Pröll informierte darüber, dass
die EU das Problem der Flugverkehrsemissionen durch den Emissionshandel lösen wolle. Bei der Beimischung von
Biokraftstoffen laute in der EU die Auflage, dass der beigemischte Treibstoff unter EU-Bedingungen produziert sein
soll; diese Auflage müsse aber noch die WTO passieren. Es gehe jedenfalls darum, ökologisches Dumping
bei der Förderung erneuerbarer Energieträger zu vermeiden.
Auf weitere Fragen von Martine Stein-Mergen (Luxemburg), Boris Van der Ham (Niederlande) und Christina Axelsson
(Schweden) betonte Umweltminister Pröll die Notwendigkeit der Unterstützung von Professionisten im Bereich
energiesparender Technologien und zeigte sich erfreut darüber, dass der Einsatz erneuerbarer Energieträger
zunehmend nicht mehr nur als ein ökologisches, sondern auch als ein wirtschaftliches und soziales Projekt
betrachtet werde.
Mit Tschechien pflege Österreich eine intensive Energiepartnerschaft, sagte Pröll. Österreich wolle
dem Nachbarn zeigen, dass es Alternativen zur Atomenergie gebe.
Hinsichtlich der Entwicklung des Pelletsmarktes sprach sich der Umweltminister für eine Potentialabschätzung
aus, um Engpässe in der Versorgung zu vermeiden, weil dies der Öllobby in die Hände spielen würde.
Investitionen in den Ausbau von Fotovoltaik-Anlagen in den sonnenreichen Maghrebländern bezeichnete der Umweltminister
als wichtig.
Abschließend sprach Minister Pröll sein Bedauern darüber aus, dass die Umweltpolitik in der EU,
wenn man etwa den Vergleich zur Agrarpolitik heranzieht, noch einen weiten Weg der Entwicklung vor sich habe. Daher
sei die Verantwortung der einzelnen Mitgliedsländer in der Umweltpolitik sehr hoch. Das Ziel müsse aber
lauten: Mehr Europa in der Umweltpolitik. |
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Nilsson: Nischenmärkte könnten als Trendsetter fungieren
Als Experte referierte Hans Nilsson, Vorsitzender des Demand-Side-Management-Programms (DSM) der Internationalen
Energieagentur, darüber, mit welchen Maßnahmen die Nachfrage nach energieeffizienten Produkten erhöht
werden könne. Dabei wies er auf das Problem hin, dass Energieeffizienz etwas sei, "das wir nicht sehen".
Energieeffizienz sei kein Produkt, sondern die Eigenschaft eines Produkts und damit nur ein Merkmal unter vielen,
skizzierte er. Konsumenten würden über diese spezielle Eigenschaft oft gar nicht nachdenken. Es reiche
daher nicht, so Nilsson, ausschließlich das technische Potenzial zu steigern, noch wichtiger sei es, die
Akzeptanz für energieeffiziente Produkte zu erhöhen.
Dabei sei es notwendig, alle am Kaufprozess Beteiligten einzubeziehen, erklärte Nilsson, sei es den Erzeuger,
den Großhändler, den Kleinhändler oder den Konsumenten. Nur wenn alle zusammenarbeiteten und dem
Merkmal Energieeffizienz eine entsprechende Bedeutung beimessen, würden auch tatsächlich energieeffizientere
Güter produziert.
Nach Meinung Nilssons gibt es zwar große Erfolge bei der Verbesserung der Energieeffizienz in den letzten
30 Jahren. So würde man heute rund 50 % mehr Energie benötigen, hätte man in diesem Zeitraum keine
energiesparenden Maßnahmen - etwa bei Produkten, in der Bauwirtschaft, in der Industrie und im Transport
- gesetzt und nach wie vor die gleiche Energieeffizienz wie zu Beginn der siebziger Jahre. Dennoch könnte
seiner Auffassung nach Energie noch viel effizienter genutzt werden.
Erfolg lässt sich Nilsson zufolge nicht nur an steigenden Produktionszahlen messen, ein entscheidendes Kriterium
ist auch die Marktdurchdringung. So habe sich bei der Einführung von Energiesparlampen gezeigt, dass es eine
ausgesprochen lange Zeitspanne benötige, um den Sättigungsgrad des Marktes zu erreichen.
Besonders bedeutsam für die Entwicklung politischer Strategien ist für Nilsson die Tatsache, dass sich
Kosten und Preise bei steigender Produktionszahl eines Produkts verringern. Beispielsweise liegt die "Lernrate"
bei Photovoltaik ihm zufolge bei 20 %, was bedeutet, dass sich der Preis des Produkts bei jeder Verdoppelung des
Marktes um 20 % verringert. Hier könne die Politik mit Förderungen entsprechend eingreifen, bis der Markt
entsprechend groß sei, um sich selber zu tragen, betonte er.
Wichtig ist es Nilsson zufolge, jemanden zu finden, der in das "Lernen" investiert, also am Beginn einer
Produktentwicklung höhere Marktpreise in Kauf nimmt oder diese auch durch Förderungen senkt. Das könnten
Regierungen sein, aber auch Nischenmärkte, die als Trendsetter fungieren. Habe sich dann ein Produkt einmal
etabliert, könnte es auch für die breite Masse attraktiv sein. Nilsson rechnete vor, dass, würde
ganz Indien mit Solarenergie versorgt, wozu es 38 mal 38 km Fläche für Solaranlagen bräuchte, die
Kosten für die Errichtung von Photovoltaikanlagen von derzeit drei Dollar pro Watt auf unter ein Dollar pro
Watt gesenkt würden.
Die Politik sieht Nilsson insofern gefordert, als es seiner Ansicht nach stets ein ganzes Maßnahmenpaket
braucht, um energieeffiziente Produkte zu forcieren. Steuerliche Maßnahmen würden zwar helfen, allein
aber nicht ausreichen, bekräftigte er. Für wichtig erachtet Nilsson in diesem Zusammenhang auch die Teilnahme
an globalen Rahmenprogrammen für Forschung und Entwicklung. Lernen finde global statt, unterstrich er, auch
wenn die Anwendung dann auf lokaler Ebene erfolge.
Am DSM-Programm der Internationalen Energieagentur, das bereits 1993 gestartet wurde, nehmen laut Nilsson derzeit
17 Länder teil. Aber auch in Ländern wie China oder Russland spielt ihm zufolge Energieeffizienz eine
immer stärkere Rolle. China habe, so Nilsson, Ende 2004 einen Energieeffizienzplan eingeführt, in dessem
Rahmen es von einer Vervierfachung der Wirtschaftsleistung bis zum Jahr 2020 ausgeht, in dieser Zeitspanne aber
nur eine Verdoppelung des Energieverbrauchs erlaubt.
Auf Fragen seitens der Abgeordneten hielt Nilsson u.a. fest, der Internationalen Energieagentur gehe es vor allem
darum, den Markt zu ändern. Konkrete Empfehlungen hält er erst nach einer genauen Analyse des jeweiligen
Problems für möglich. Er wies aber nochmals auf die Bedeutung von Nischenmärkten hin, mit deren
Hilfe es gelingen könne, ein Produkt so weit zu etablieren, dass die breite Masse von selber folge. |
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Investitionen in die Energieeffizienz rechnen sich
Die Konferenz der Vorsitzenden der europäischen Umweltausschüsse wurde am Nachmittag unter der
Verhandlungsführung des Obmannes des Umweltausschusses des Bundesrates Karl Boden mit Fachreferaten und eingehenden
Diskussionen fortgesetzt und abgeschlossen.
Stefan Thomas vom Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt und Energie schloss in seinem Referat über nachfrageseitige
Energieeffizienz im privaten und öffentlichen Sektor an die Beispiele an, mit denen Landesrat Anschober am
Vormittag die enormen Einsparungspotenziale bei der Heizenergie in oberösterreichischen Schulgebäuden
gebracht hat. Tatsächlich liegen die Einsparungsmöglichkeiten in manchen Bereichen nahe bei 100 %. Im
Durchschnitt betrage die Rendite von Investitionen in Energieeffizienz über 20 %. Als weitere Beispiele nannte
Thomas den energieoptimierten Kühlschrank, der mehr als 60 % weniger Strom braucht als traditionelle Modelle,
neue Umwälzpumpen, die bei gleicher Leistung um 75 % weniger Energie verbrauchen oder das Passivhaus, das
fast ohne Heizungsenergie auskommt.
Allein der Einsatz der genannten energieoptimierten Umwälzpumpen in allen Haushalten der EU-25 würde
den Energieverbrauch in der EU um 1 % reduzieren, gab der Energieexperte zu bedenken. Steigende Energieeffizienz
habe einen hohen Wohlstandseffekt, verbessere die sozialen Rahmenbedingungen, erhöhe die Wettbewerbsfähigkeit
der Wirtschaft, schaffe neue Arbeitsplätze, erhöhe die Versorgungssicherheit und schütze die Umwelt.
Die Klimaschutzziele der EU seien bis 2020 erreichbar. Stefan Thomas hält es für möglich, den CO2-Ausstoß
um 38 % zu reduzieren, wobei in seiner Berechnung auf die Erhöhung der Energieeffizienz unter anderem 22 %
und auf die erneuerbaren Energieträger 14 % entfallen.
Das Hauptproblem bei der Steigerung der Energieeffizienz bestehe darin, dass eine Vielzahl kleiner und mittlerer
Verbesserungen notwendig seien, sodass der Einzelne vor die Frage stehe, wo er beginnen solle. Erste Aufgabe der
Politik sei daher die Information der Energieverbraucher. Zudem erscheinen die finanziellen Vorteile auf den ersten
Blick oft nur gering und überdies mangle es an Finanzierungsmöglichkeiten für Investitionen. Im
Gebäudebereich scheiterten Maßnahmen auch daran, dass sich Besitzer und Mieter nicht auf eine gemeinsame
Vorgangsweise einigen können.
Es bedürfe daher gesetzlicher Regelungen und finanzieller Anreize. Die bestehenden EU-Richtlinien seien schnell
und streng umzusetzen, wobei die Maßnahmen mit dem EU-Emissionshandelssystem verbunden werden sollten. Generell
plädiert der Experte dafür, Steuern und Abgaben auf Energie zu erhöhen, auf Arbeit aber zu senken.
Darüber hinaus hielt Stefan Thomas öffentliche Ausgaben zur Steigerung der Energieeffizienz für
gerechtfertigt. Es gehe nicht nur um Rechtsvorschriften, steuerliche Maßnahmen, den Emissionshandel und Informationen,
sondern auch um Ausbildung und Unterstützung für Investoren. Diese Ausgaben rechnen sich volkswirtschaftlich,
zeigte sich der Experte überzeugt und belegte dies am Beispiel Großbritanniens und Dänemarks, die
die Zielsetzungen ihrer Energieeffizienzprogramme übertreffen konnten und nun neue, noch ehrgeizigere Programme
starten.
In der Diskussion erkundigten sich Ciaran Cuffe (Irland) nach Teilaspekten der Kostenberechnungen, die Stefan Thomas
für seine Prognosen herangezogen hatte.
Indulis Emsis (Lettland) wies darauf hin, dass Energieproduzenten, die über große Marktmacht verfügen,
kein Interesse an Energieeinsparung haben und dazu tendierten, die Energiepreise in dem Ausmaß zu erhöhen,
in dem Energie gespart werde.
Patrick Hall (Großbritannien) gab zu bedenken, dass der CO2-Ausstoß in den letzten Jahren gestiegen
sei, obwohl die Energieeffizienz stark zugenommen habe. Zugenommen habe eben auch der Energieverbrauch.
Lord Lyndon Henry Arthur Harrison (Großbritannien) machte auf das Problem aufmerksam, dass in der ersten
Zeit der Umsetzung von Energieeffizienzprogrammen große Einsparungen möglich seien, dies im Lauf der
Zeit aber immer schwieriger werde, weil anfangs "niedrig hängende Früchte" geerntet werden
können.
Christina Axelsson (Schweden) und Säde Tahvanainen (Finnland) drängten darauf, in den Haushalten Strom
zu sparen, indem Geräte abgeschaltet statt im Standby-Betrieb belassen werden. Finnland könnte damit
etwa ein ganzes Kohlekraftwerk einsparen.
Satu Hassi (EU-Parlament) sah in den steigenden Ölpreisen, die durch den wachsenden weltweiten Ölverbrauch
bedingt seien, einen starken Impuls für Programme zur Steigerung der Energieeffizienz. |
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Bart Martens (Belgien) sprach sich für die Drittfinanzierung von Energieeffizienzinvestitionen sowie dafür
aus, Elektrizitätslieferanten und -netzbetreiber zur Energieeinsparung zu verpflichten.
Stefan Thomas erläuterte in Beantwortung der an ihn gerichteten Fragen unter anderem den Rebound-Effekt, der
bei erfolgreicher Steigerung der Energieeffizienz beobachtet werde. Einsparungsgewinne werden zur Erhöhung
des Komforts genutzt, etwa dazu, mehr Wohnraum pro Person zu heizen oder mehr Büros einzurichten. Thomas hielt
das Energieeffizienzpotenzial aber für groß genug, um den Wohlstand zu erhalten und gleichzeitig den
Energieverbrauch zu senken.
Energieeinsparungen durch höhere Energieeffizienz führen zu einer Senkung der Energieimporte und reduzieren
den Druck zur Erhöhung von Energiepreisen, führte Thomas weiter aus.
Einerseits hängen die Früchte bei der Steigerung der Energieeffizienz zwar immer höher, räumte
der Referent ein, aber andererseits würden Lerneffekte immer stärker wirksam. Wer damit beginne, Energie
zu sparen, lerne technisch dazu, verändere sein Verhalten und vergrößere damit die Dynamik für
weitere Energieeinsparungen.
Hinsichtlich der Rolle der Netzbetreiber und Stromlieferanten sah Stefan Thomas die Möglichkeit, ihnen Energieeffizienz-Dienstleistungen
zu übertragen. Man könne das Ausschöpfen von Effizienzpotenzialen als ein neues Gewerbe betreiben,
zeigte sich Stefan Thomas überzeugt.
Lechner: Verbraucherpsychologie mehr Augenmerk schenken
Für Herbert Lechner, dem wissenschaftlichen Leiter der Österreichischen Energieagentur, ist bislang die
Verbraucherpsychologie, nämlich Bewusstseinsbildung und Information, etwas zu kurz gekommen. Seiner Ansicht
nach müsse man diesem Aspekt mehr als bisher Beachtung schenken. Hohe Energiepreise würden zwar Energieeffizienz-Maßnahmen
unterstützen, sagte Lechner, dennoch bleiben wirtschaftliche Maßnahmen in großem Ausmaß
noch immer ungenützt. Für den notwendigen Effizienzschub hielt Lechner umfassende Strategien für
angebracht, wobei er große Hoffnungen in die nun geforderten Energieeffizienz-Aktionspläne setzte. Auf
nationaler Ebene müssten alle Ressourcen gebündelt werden, appellierte Lechner, Bund und Länder
müssten an einem Strang ziehen. Die öffentliche Hand habe auch im Bereich Energiesparen eine Vorbildfunktion
zu übernehmen. Lechner begrüßte auch das EU-Programm "Intelligent Energy for Europe",
da man in dessen Rahmen gemeinsam Aktivitäten und Kampagnen entwickeln könne.
Am Beginn seiner Ausführungen stellte Lechner Berechnungen gegenüber, welche Einsparungspotentiale in
Haushalten und im Dienstleistungssektor bis 2020 möglich seien. Auf Grund des Strukturwandels in der Produktion
würden aber im Dienstleistungssektor die Einsparungen wesentlich geringer ausfallen als in den Haushalten.
Während man in den Haushalten durch gezielte Maßnahmen den Energieverbrauch auf einen Zuwachs von 3
% jährlich stabilisieren könnte, bezifferte er den Anstieg des Energieverbrauchs im Dienstleistungssektor
trotz Energiesparmaßnahmen mit 20 %.
Um auf dem Stromsektor Einsparungen erzielen zu können, habe man ein Maßnahmenpaket entwickelt, das
jährlich mit ca. 50 Mill. € gefördert wird. Dazu gehören für die Haushalte der Austausch von
Haushaltsgeräten, die Verringerung von Standby-Einschaltungen, effizientere Warmwasserbereitung und Heizungen
sowie Energiesparlampen. Als ein wesentliches Element betrachtete er aber das Verhalten der Nutzer. Im Bereich
der Dienstleistungen setze man zusätzlich auf verbesserte Gebäudeplanung und effizientere Bürobeleuchtung.
Um die Ziele auch zu erreichen, arbeite man enger mit den Produzenten zusammen, entwickle Werbekampagnen, biete
Schulungen an und habe begonnen, die Geräte zu kennzeichnen. Dennoch sei es schwierig, den Stromverbrauch
einzuschränken, weil es dabei vor allem um Fragen des persönlichen Komforts gehe. Während Lechner
allgemein die Möglichkeit sah, die Steigerung des Stromverbrauchs mit 12,2 % bis 2020 durch Einsparungsmaßnahmen
zu begrenzen – anstelle einer Steigerung von 24,4 % ohne entsprechende Maßnahmen -, zeigte er sich in diesem
Zusammenhang im Hinblick auf den Dienstleistungssektor skeptischer. Durch neue Investitionen und Geräte rechnete
er dort mit einem Zuwachs von 71,5 % trotz Sparmaßnahmen.
Lechner stellte im Anschluss daran einige Programme vor. Als zentrale Klimaschutzinitiative des Lebensministeriums
nannte er das Programm "Klima:aktiv". Diese stärke und ergänze bestehende Initiativen und versuche,
freiwillige Maßnahmen in ein Programm zu bündeln. Dazu zählten Energieeffizienz-Programme genauso
wie Programme im Bereich der Mobilität, Programme auf lokaler Ebene und Programme zur Förderung erneuerbarer
Energien. Als Beispiel im Rahmen der Energieeffizienz nannte Lechner das Programm "ecofacility", das
den Neubau und die Sanierung privater Dienstleistungsgebäude betrifft. Dafür seien klare Qualitätsstandards
fixiert worden, man erarbeite Sanierungsmodelle, trainiere unabhängige Berater und Beraternetzwerke und lege
großen Wert auf Marketing.
Das Programm "Klima:aktiv leben" biete wiederum gezielte Information und Beratung für Haushalte.
So würden Rauchfangkehrer zu "Klimabotschaftern", die die Kunden beraten, und dieses "Dialogmarketing"
wolle man auf Installateure und MitarbeiterInnen der Fernwärmeversorgung ausdehnen. Wenn seitens der KonsumentInnen
Interesse besteht, konzentriere man sich in der Folge auf die Sanierungsmöglichkeiten, wobei man mit den Energieberatungen
der Länder eng zusammenarbeite.
Gemeinsam mit dem Energieregulator habe man den so genannten "quick check" entwickelt, das bedeutet,
Interessierte erhalten nach einer Überprüfung eine genaue Zusammenstellung und Analyse der vorhandenen
Geräte sowie eine Gegenüberstellung, wie groß die finanziellen Einsparungen durch geeignete Maßnahmen
sein könnten. Eine Informationsquelle, wo alle Geräte neutral dargestellt werden, bietet die Information
"top-produkte". Derzeit gebe es diese Information nur für Haushaltsgeräte, man beabsichtige
dies aber auch auf Geräte für Gewerbe und Industrie auszudehnen.
Moser: Schulen sind ein wesentlicher Teil der Bewusstseinsbildung
Helmut Moser vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur erläuterte in seinem Referat
die Bemühungen um die Ökologisierung von Schulen und die Bildungsmaßnahmen zum Schutz der Umwelt.
Nachhaltigkeit und Umweltschutz seien ein fächerübergreifendes Bildungsziel, legte Moser dar und präsentierte
das Programm "Ecolog". In dessen Rahmen seien für LehrerInnen und SchülerInnen anspruchsvolle
Unterlagen sowie methodische Zugänge erarbeitet und zur Verfügung gestellt worden. Darüber hinaus
gebe es Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung, um das Schulgebäude selbst, aber auch die nähere Umgebung
ökologisch zu gestalten bzw. zu bewahren. Für gelungene Projekte gebe es dann eine Zertifizierung, erklärte
Moser und bekräftigte, dass damit die Schulen zum Träger eines ökologischen Netzwerks würden.
Ab dem Jahr 1996 habe man auch mit wissenschaftlicher Unterstützung begonnen, die Schulgebäude nach Energiedefiziten
zu untersuchen und sie in ein "energy contracting" einzubinden. Derzeit umfasse das Programm 175 Standorte,
die eine Energieeinsparung von 18 bis 23 % verbuchen könnten, wobei für den Vergleich eine gleiche Basis
herangezogen worden sei. Real sei jedoch eine steigende Tendenz beim Energieverbrauch wegen der umfassenden EDV-Ausstattung
an den Schulen festzustellen. Auch die Universitäten seien durchforstet worden. Dabei konnten große
Erfolge erzielt werden, zumal die Universitäten auf Grund der Globalbudgets großes Interesse an Energieeinsparung
hätten. Abschließend berichtete Moser vom ersten Studentenheim in Wien, das in Passivbauweise errichtet
worden sei, womit man die Energiekosten um rund 80 % habe senken können. Er wies auch auf ein Projekt in einer
Bundesschule in Niederösterreich hin, das auf bessere Lüftung und Luftqualität abziele und gleichzeitig
untersuchen soll, inwieweit dadurch auch die Leistungen positiv beeinflusst werden können.
Die Diskussion
In der anschließenden Diskussion sprach Abgeordnete Brigid Weinzinger (G) die Berechnungen des zukünftigen
Stromverbrauchs durch Herbert Lechner an und nannte das von ihm gezeichnete Szenario "defensiv". Lechner
räumte daraufhin ein, dass die Maßnahmen durch den Einsatz höherer Finanzmittel zu einer noch größeren
Einsparung führen könnten, fügte aber gleichzeitig hinzu, dass mehr Geld allein nicht ausreichend
sei. Er betonte abermals den Faktor der EnergieverbraucherInnen, worüber man noch viel zu wenig wisse.
Die Wichtigkeit der Verbraucherpsychologie und der frühen Bewusstseinsbildung in den Schulen wurde auch von
Lord Lyndon Henry Arthur Harrison (Großbritannien) unterstrichen. Helmut Moser bekräftigte darauf hin
nochmals die Notwendigkeit, im frühen Kindesalter mit der Bewusstseinsbildung zu beginnen, denn die Nachhaltigkeit
sei keine technische Frage, sondern eine des Bewusstseins. Schulen seien der örtliche Kristallisationspunkt,
sagte Moser und betonte die hohe Sensibilität für Belange der Umwelt in der Gruppe der Lehrerschaft.
Er antwortete damit auf eine Frage des Abgeordneten Ciaran Cuffe aus Irland.
Lord Harrison sah aber auch Einsparungspotentiale im Hotel- und Gastgewerbe, worauf Herbert Lechner meinte, dass
dort für die Steigerung der Energieeffizienz derzeit zu wenig Anreize bestünden, da man die höheren
Energiekosten offensichtlich in den Preisen unterbringe und die Hotelgäste hier noch zu wenig Problembewusstsein
zeigten. Lechner hielt auch ordnungspolitische Maßnahmen für ein wichtiges Instrument, womit er auf
die Bemerkung eines Parlamentariers aus dem Abgeordnetenhaus des Niederländischen Parlaments reagierte. Dennoch
müsse mehr Gewicht auf Information und Bewusstseinsbildung gelegt werden, bekräftigte er abermals.
Pentti Tiusanen (Finnland) wies auf das finnische Programm für die Nachhaltigkeitsstrategie hin und schlug
vor, die nationalen Umweltausschüsse sollten ihre jeweiligen Programme via Internet besser untereinander kommunizieren.
Martine Stein-Mergen aus Luxemburg fand besonders interessant, die Professionisten für eine effizientere Energienutzung
einzubinden, weshalb sie diese Idee in ihrer Heimat propagieren wolle.
Am Abschluss der Konferenz bedankte sich Vorsitzender Abgeordneter Kai Jan Krainer für die rege Teilnahme
an der Konferenz. Energieeffizienz bedürfe vielfältiger Maßnahmen, die von Land zu Land unterschiedlich
sein können, sagte er. Man sollte aber von den Best-practice-Modellen lernen. |
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