Staats- und Regierungschefs diskutierten über Verfassungsvertrag, Migration und Integration
Brüssel (bpd) - Der Vorsitzende des Europäischen Rates Bundeskanzler Wolfgang Schüssel
informierte am Abend des 15.06. über die Ergebnisse der ersten Arbeitssitzung und des Abendessens der Staats-
und Regierungschefs im Rahmen des Europäischen Rates: “Wir haben eine sehr interessante Diskussion über
die weitere Vorgangsweise beim Verfassungsvertrag und zu Integration und Migration geführt. Diese Themen werden
uns über die nächsten Jahre begleiten.“
Zur Verfassungsdebatte betonte der Bundeskanzler, dass Konsens darüber bestehe, dass man auf Dauer nicht mit
dem Vertrag von Nizza arbeiten könne. „Es besteht auch Übereinstimmung, dass die Substanz des Verfassungsvertrages
gut ist und am Leben erhalten werden soll. Es gibt jedoch keinen Einigung darüber, welches neue Element diese
Substanz sichern soll“, so Schüssel. Daher habe man sich auf einen Text geeinigt, der am Freitag formal beschlossen
werde. Dieser Text zitiere eingangs die Beschlüsse des Europäischen Rates vom Juni 2005, in denen festgehalten
worden sei, eine Bewertung über die nationalen Diskussion in der Reflexionsperiode zu führen. Erfreulich
sei, dass seit Juni 2005 fünf weitere Mitliedstaaten den Verfassungsvertrag ratifiziert und somit insgesamt
15 Staaten den Ratifikationsprozess abgeschlossen haben. Zwei Mitgliedstaaten waren bisher nicht in der Lage zu
ratifizieren, und acht Mitgliedstaaten müssen diesen Prozess noch vollenden. Der Text hält außerdem
fest, dass die Reflexionsperiode sehr nützlich gewesen sei, um auf die Sorgen und Ängste der Bevölkerung
besser eingehen zu können. „Diese Kommunikation mit den Bürgern Europas muss fortgesetzt werden“, betonte
Schüssel.
„Damit beenden wir die Reflexionsphase. Es soll eine neue Periode beginnen, in der wir uns auf konkrete Resultate
und Projekte konzentrieren. Daher haben wir einen auf zwei Handlungssträngen basierenden Vorschlag vorgelegt.
Das bedeutet: einerseits werden wir die bestehenden Verträge nützen, um konkrete Ergebnisse zu erzielen.
Auf der anderen Seite soll die Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 einen Bericht nach den entsprechenden
Konsultationen mit den Mitgliedstaaten vorlegen, der den Stand der Diskussion beschreibt und künftige mögliche
Entwicklungen untersucht“, erläuterte der Bundeskanzler.
„Auf diesem Bericht sollen künftige Entscheidungen basieren. Die entscheidenden Schritte sollen spätestens
im zweiten Halbjahr 2008 erfolgen. Jede Präsidentschaft seit Beginn des Ratifikationsprozesses hat eine besondere
Verantwortung, diesen Prozess positiv zu begleiten“, so Schüssel. Anlässlich der 50-Jahrfeier der Römischen
Verträge werde in Berlin am 25. März 2007 eine feierliche Konferenz der Staats- und Regierungschefs stattfinden.
Zu den Themen Integration und Migration betonte Schüssel, dass vorerst eine Richtungsdebatte ähnlich
jener im März 2006 zur Energiepolitik geführt worden sei. „Es war sehr interessant die Erfahrungen der
einzelnen Mitgliedstaaten erläutert zu bekommen. Es hat sich klar herausgestellt, dass es dringend notwendig
ist, hier gemeinsam vorzugehen und zu handeln“, betonte Schüssel. Man verfolge in diesen Bereichen eine Außen-
und Innenstrategie, fuhr Schüssel fort. Im Bereich der Außenstrategie sei es wesentlich, den Grenzschutz
zu verbessern sowie einen entschlossenen Kampf gegen Menschenschlepperei und Menschenhandel zu führen.
Im Bereich der Innenstrategie habe Konsens darin bestanden, dass man besonders auf das Erlernen der Sprache sowie
auf das Bekenntnis der gemeinsamen Werte, wie etwa Demokratie, Frauenrechte, Toleranz, Menschenrechte wert legen
müsse. „Da darf es keine Kompromisse geben. Das sind Werte, die Europa ausmachen. Daher ist es entscheidend,
dass wir diese Fragen ins Zentrum rücken“, so Schüssel abschließend. |