Wien (bmwa) - "Kleine und mittlere Unternehmen sind das Rückgrat der europäischen Wirtschaft.
Sie haben eine Schlüsselrolle bei der Erreichung der Lissabon-Ziele und müssen daher in den Mittelpunkt
der Unternehmenspolitik rücken, auf europäischer wie auf nationaler Ebene", sagte Wirtschafts- und
Arbeitsminister und Vorsitzender des EU-Wettbewerbsrates Martin Bartenstein am 13.06. bei der Eröffnung der
Konferenz über die Europäische Charta für Kleinunternehmen in der Wiener Hofburg. Zentrales Anliegen
der österreichischen EU-Präsidentschaft sei es daher, das "Think Small First"-Prinzip von einem
Lippenbekenntnis zum Leitprinzip der zukünftigen Unternehmenspolitik zu machen.
Bartenstein meinte damit, dass die bisher oft geübte Praxis, zuerst Rechtsnormen festzulegen und dann Sonderregelungen
zur Unterstützung von KMU zu etablieren, in Zukunft die Ausnahme darstellen und nur dort weiterverfolgt werden
sollte, wo KMU tatsächlich eine Randgruppe bilden oder andere als unternehmenspolitische Ziele verfolgt werden.
Dieser Paradigmenwechsel werde in letzter Konsequenz zu einer systematischen Neuausrichtung unternehmenspolitischen
Handelns führen und daher in ihren Implikationen weit über die österreichische Präsidentschaft
hinaus Folgen haben, so Bartenstein.
Konkrete Ergebnisse der österreichischen Präsidentschaft für KMU
Bartenstein verwies auf konkrete Ergebnisse, die unter der aktuellen österreichischen Ratspräsidentschaft
für KMU erreicht wurden, und hob dabei als bedeutendste die politische Einigung über die Dienstleistungsrichtlinie
hervor. Damit sei nach einer europäischen Kraftanstrengung ein Meilenstein für mehr Wachstum und Beschäftigung
in Europa gesetzt worden. Dieser werde vor allem den KMU zugute kommen, da die Großunternehmen jetzt schon
mit Niederlassungen und Tochtergesellschaften in den meisten EU-Staaten agieren, während KMU von nationalen
Beschränkungen betroffen und dadurch in ihrer freien Tätigkeit eingeschränkt waren. Die Dienstleistungsrichtlinie
verbinde Wettbewerbsfähigkeit mit sozialer Gerechtigkeit, Marktöffnung mit dem Schutz der Umwelt und
mit Verbraucherinteressen und bringe neue Arbeitsplätze. Denn, so Bartenstein, 70% der Wertschöpfung
und zwei Drittel der Arbeitsplätze in der EU hängen vom Dienstleistungssektor ab.
Als zweiten wichtigen Punkt nannte Bartenstein die Annahme des österreichischen Kompromissvorschlages für
das Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation CIP für den Zeitraum 2007-2013 durch
das Europäische Parlament in erster Lesung. Damit sei sicher gestellt, dass dieses Programm pünktlich
mit 1. Jänner 2007 starten könne, um in den nächsten sieben Jahren rund 3,6 Milliarden Euro insbesondere
für KMU zur Förderung von Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und aller Formen von Innovationen
bereit zu stellen.
Weiter voran zu treiben seien, so Bartenstein, Maßnahmen zur Senkung von Verwaltungskosten, vor allem für
KMU. Die Kommission sollte in einzelnen Sektoren überprüfbare Ziele für die Verringerung der Verwaltungskosten
definieren. Weiters stellte der Minister die Niederlande als Beispiel gebend vor und regte eine Europäisierung
dieses niederländischen Modells an. Neben einer Kostenreduktion seien aber auch Verfahrensvereinfachungen
in der Verwaltung nötig, setzte Bartenstein fort. Vor allem Unternehmensgründungen müssten rascher
möglich werden. Dies sei durch einen Beschluss des Europäischen Rates, bis Ende 2007 in allen Mitgliedstaaten
die Genehmigungsverfahren in einer Anlaufstelle ("One-Stop-Shop") zu bündeln, bereits eingeleitet.
Ziel sei eine maximale Gründungsdauer von sieben Tagen, allerdings mit Ausnahme der Betriebsanlagengenehmigungen.
Angesichts der globalen und komplexen Herausforderungen seien KMU auf staatliche Beihilfen angewiesen. Mit einer
Reform des EU-Beihilfenrechtes sollten bessere und effizientere Möglichkeiten für Forschung, Entwicklung
und Innovation geschaffen werden. Bartenstein hofft in diesem Zusammenhang auf eine Verdoppelung des "De-minimis"-Schwellenwertes,
und zwar gerechnet von dem im Erstentwurf der Europäischen Kommission gerechneten Schwellwert.
Von der für zwei Tage anberaumten Konferenz erhofft sich Bartenstein einen regen Austausch über die Erfahrungen
mit bisher bewährten Praktiken in den einzelnen Arbeitsgruppen. Besonders wichtig sei ihm die Teilnahme von
KMU-Vertretern aus Südosteuropa und dem Mittelmeerraum, zwei für Europa politisch und wirtschaftlich
besonders bedeutenden Regionen. "Die Resultate derartiger Konferenzen lassen sich in Zahlen schwer messen,
spiegeln sich aber in erfolgreichen Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene wider. Ich bin überzeugt,
dass dieser Prozess auch in Zukunft erfolgreich fortgesetzt werden kann", schloss Bartenstein.
Die Europäische Charta für Kleinunternehmen ist im Jahr 2000 verabschiedet worden und sieht einen regelmäßigen
Erfahrungsaustausch vor. Diese Konferenz in Wien ist nach Maribor, Tallin, Dublin und Luxemburg die fünfte
ihrer Art. |