Wein: Eine grundlegende Reform zur Verbesserung des Marktgleichgewichts…  

erstellt am
23. 06. 06

zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit, zur Erhaltung des ländlichen Raums und zur Vereinfachung der Vorschriften für Erzeuger und Verbraucher
Brüssel (cec.eu-int) - Die Europäische Kommission hat am 22.06. Pläne für eine radikale Reform der gemeinsamen Marktorganisation für Wein vorgelegt. Diese zielen darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit der Weinerzeuger in der EU zu verbessern, den Ruf der EU-Weine zu stärken, Marktanteile zurückzugewinnen, ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu erreichen, die Vorschriften zu vereinfachen und gleichzeitig die besten Traditionen der EU-Weinerzeugung zu bewahren sowie das Sozial- und Umweltgefüge im ländlichen Raum zu stärken. Die Kommission zieht vier Reformoptionen in Erwägung und spricht sich klar für ein auf den Weinsektor zugeschnittenes radikales Reformmodell aus. Dieses würde entweder auf einem einstufigen oder einem zweistufigen Konzept basieren. Im Rahmen des zweistufigen Konzepts wäre vorgesehen, zunächst Maßnahmen zur Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage durchzuführen und sich dann auf die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, u. a. durch die Abschaffung des Systems der Pflanzungsrechte, zu konzentrieren. Den Erzeugern würden großzügige Anreize für die Rodung unrentabler Rebflächen geboten, überholte Marktstützungsmaßnahmen wie die Destillation würden abgeschafft und die Etikettierungssysteme und Weinbereitungsverfahren würden aktualisiert und vereinfacht. Haushaltsmittel würden in Maßnahmen für ländliche Entwicklung umgeleitet werden, die auf den Weinsektor zugeschnitten sind, und die Mitgliedstaaten würden nationale Finanzrahmen erhalten, um die auf nationaler Ebene beschlossenen Maßnahmen zu finanzieren. Nach dem einstufigen Konzept würde das System der Pflanzbeschränkungen entweder zum 1. August 2010 auslaufen oder sofort abgeschafft, und gleichzeitig würde auch die derzeitige Rodungsregelung abgeschafft. Nach einer eingehenden Diskussion über ihre Konzepte plant die Kommission, im Dezember 2006 oder im Januar 2007 Rechtsvorschriften vorzuschlagen.

"Die europäischen Weine sind die besten der Welt", meinte Mariann Fischer Boel, für Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raums zuständiges Kommissionsmitglied. "Unser Weinsektor hat ein enormes Wachstumspotenzial, aber wir müssen dieses Potenzial aktiv nutzen. Trotz unserer Geschichte und der Qualität so vieler EU-Weine steht der Sektor ernsthaften Problemen gegenüber. Der Verbrauch ist niedrig und die Ausfuhren aus der Neuen Welt dringen sehr stark in den Markt ein. In Europa wird zu viel Wein erzeugt, für den es keinen Markt gibt. Wir geben viel zu viel Geld aus, um Überschüsse loszuwerden, anstatt unsere Qualität und unsere Wettbewerbsfähigkeit auszubauen. Zu komplizierte Vorschriften behindern unsere Erzeuger und verunsichern unsere Verbraucher. Ich setze mich keineswegs für eine Kürzung der Haushaltsmittel von etwa 1,2 Milliarden Euro pro Jahr ein, aber wir müssen diese Mittel klüger verwenden. Dies ist eine große Chance, den EU-Weinsektor wieder an die Spitze zu bringen, wo er hingehört, und wir dürfen sie nicht verpassen."

Der Weinsektor der EU
In der EU gibt es mehr als 1,5 Millionen Wein erzeugende Betriebe, die 3,4 Millionen Hektar oder 2 % der landwirtschaftlich genutzten Flächen der EU bewirtschaften. Im Jahr 2004 machte die Weinerzeugung 5,4 % der landwirtschaftlichen Erzeugung der EU aus - in Frankreich, Italien, Österreich, Portugal, Luxemburg und Slowenien mehr als 10 %.
Ziele einer neuen EU-Weinpolitik:

  • Die Wettbewerbsfähigkeit der Weinerzeuger in der EU zu verbessern; den Ruf von EU-Qualitätswein als besten Wein der Welt zu stärken; alte Märkte zurückzuerobern und neue zu erschließen;
  • Eine Weinregelung zu schaffen, die mit klaren, einfachen und wirksamen Regeln ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage erreicht;
  • Eine Weinregelung zu schaffen, die die besten Traditionen der Weinerzeugung in der EU bewahrt, das soziale Gefüge im ländlichen Raum stärkt und den Umweltschutz gewährleistet.

Die Probleme
Der Weinverbrauch in der EU nimmt stetig ab, obwohl die Verkäufe von Qualitätsweinen zunehmen. In den letzten zehn Jahren sind die Einfuhren um 10 % pro Jahr gestiegen, während die Ausfuhren nur langsam zunehmen. Nach dem derzeitigen Trend wird die Überschussproduktion von Wein bis 2010/11 15 % der jährlichen Erzeugung erreichen.

Marktstützungsmaßnahmen wie die Destillation bieten eine ständige Absatzmöglichkeit für unverkäufliche Überschüsse. Die "Dringlichkeitsdestillation" wird zunehmend für Qualitätsweine in Anspruch genommen.

Die derzeitigen Vorschriften zur Anpassung der Weinbereitungsverfahren sind schwerfällig und beeinträchtigen die Wettbewerbsfähigkeit.

Die komplexen und starren Etikettierungsvorschriften verunsichern die Verbraucher und behindern die Vermarktung von EU-Weinen.

Die bevorzugte Option: Eine grundlegende Reform der Weinregelung
Unter anderem würden folgende Reformmaßnahmen durchgeführt:

  • Der Rodungsregelung würde reaktiviert, mit einer auf attraktiver Höhe festgesetzten Rodungsprämie, die nicht wettbewerbsfähige Erzeuger zum Verlassen des Sektors anregen soll. Die Prämie würde jährlich verringert, um die Inanspruchnahme vom ersten Jahr an zu fördern.
  • Ziel ist die Rodung von 400 000 Hektar innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren mit einem maximalen Beihilfebetrag von rund 2,4 Milliarden Euro. Die Rodung würde auf freiwilliger Basis erfolgen.
  • Das System der Pflanzungsrechte würde bis 2013 verlängert und dann auslaufen. Die am wenigsten wettbewerbsfähigen Erzeuger würden einen starken Anreiz erhalten, ihre Rechte zu verkaufen, während sich die in dem Sektor verbleibenden mehr auf ihre Wettbewerbsfähigkeit konzentrieren könnten, weil die Kosten der Pflanzungsrechte ihre Expansion nicht mehr hemmen würden.
  • Frühere Rebflächen würden für die einheitliche Betriebsprämie in Frage kommen und die Zahlungen würden an die Einhaltung von Mindestumweltauflagen gebunden.
  • Marktsteuerungsinstrumente wie Beihilfen für die Destillation von Nebenerzeugnissen, die Destillation von Trinkalkohol, Beihilfen für die private Lagerhaltung und Mostbeihilfen würden abgeschafft. Die Dringlichkeitsdestillation würde abgeschafft oder durch ein alternatives Sicherheitsnetz unter Verwendung des nationalen Finanzrahmens ersetzt.
  • Dieser Finanzrahmen würde jedem Wein erzeugenden Mitgliedstaat zur Finanzierung der für seine Situation am besten geeigneten Maßnahmen zur Verfügung gestellt.
  • Bestimmte Beträge würden in die Entwicklung des ländlichen Raums überführt und für spezifische Maßnahmen im Weinsektor wie eine Vorruhestandsregelung im Umfang von 18 000 Euro pro Jahr sowie für Agrarumweltschutzprogramme verwendet werden.
  • Eine klarere, einfachere, transparentere Qualitätspolitik, die zwei Klassen von Weinen vorsieht: Weine mit geografischer Angabe und Weine ohne g. A.
  • Einfachere Etikettierungsvorschriften, um den Verbrauchern entgegenzukommen und die Erzeuger wettbewerbsfähiger zu machen. Dazu würde gehören, die Angabe der Rebsorte und des Jahrgangs auf Weinen ohne g. A. zu gestatten, was nach den derzeitigen Vorschriften nicht erlaubt ist.
  • Übertragung von Zuständigkeiten für die Genehmigung neuer Weinbereitungsverfahren an die Kommission. Anerkennung der Weinbereitungsverfahren der OIV.
  • Ein Verbot der Verwendung von Zucker zur Anreicherung des Alkoholgehalts von Wein.

Die Mitteilung sieht auch eine "einstufige" Variante dieses grundlegenden Reformkonzepts vor, die dem Weinsektor jedoch eine sehr schnelle und flexible Anpassung abverlangen würde.

Nach diesem Szenario würde das System der Pflanzbeschränkungen entweder zum 1. August 2010 auslaufen oder sofort abgeschafft. Die derzeitige Rodungsregelung würde zur gleichen Zeit abgeschafft. Jeder auf Kosten des Winzers gerodete Hektar Weinanbaufläche würde zur Fläche hinzukommen, für die Anspruch auf Betriebsprämie besteht.
Optionen, die keine angemessene Lösung darstellen:

  • Beibehaltung des Status quo: Rein kosmetische Änderungen wären weder wirtschaftlich noch politisch vertretbar.
  • Vollständige Deregulierung des Marktes: Die harten Anpassungsmaßnahmen würden ernste wirtschaftliche und soziale Nachteile für die betreffenden Regionen nach sich ziehen.
  • Reform in Anlehnung an die GAP-Reform: Der potenzielle Betrag der entkoppelten Zahlung wäre sehr gering und würde bei vielen Erzeugern den Verlust der Marktstützung wahrscheinlich nicht ausgleichen.
     
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